San Francisco Street Fairs

Keine Ahnung, ob es das in anderen Städten auch gibt? Ich bin auf jeden Fall ein ganz großer Fan der San Franciskanischen Street Fairs. Erst mal geht es dort immer wunderbar bunt zu, je nach Viertel sehr schwul oder sehr hippie oder ganz seltsam in viel Schwarz und Leder oder extrem öko (Veganer zählen bei denen zu den gemäßigten Gruppen) oder hyperdesignerschick (mit auffällig vielen Menschen, deren Brillenfassungen in den Ateliers von Picasso oder Miro (oder deren Nachfahren) modelliert wurden). Jeder Gusto (und jede Geschmacksverirrung) wird bedient. Ich bin bekanntermaßen offen für neues und aus Prinzip neugierig, deshalb freue ich mich immer schon auf die nächste Fair. (Vor allem auf die überüberübernächste: http://folsomstreetfair.org/fair-info.php.)

Über den Gay Pride habe ich schon geschrieben, aber vor lauter Blog kaputt und überhaupt bin ich noch gar nicht dazu gekommen, von Wiltruds und meinem Ausflug zur Street Fair in Haight Ashbury zu erzählen.

Hunter S. Thompson zugeschrieben ist die liebevolle Abkürzung “Hashbury“ – Haight-Ashbury war 1967 des Herz- und Kernstück des „Summer of Love“, Janis Joplin und die Grateful Dead wohnten mitten drin. Als der Herbst kam, ging es mit dem Viertel ziemlich nach unten, weil das Gros der Studenten dem Hippie-Leben entsagte und am Ende der Ferien doch wieder zurück an die Universitäten ging. Die Zurückgebliebenen waren arm oder drogenabhängig oder obdachlos oder alles zusammen. Wie überall übernahm irgendwann die Gentrifizierung das Ruder. Die wirtschaftlich begabten Nachfahren der Hippie-Generation (wahrscheinlich die, die zur Uni zurückgegangen waren und zu gelernten BWLern wurden) gründeten Geschäfte, Werkstätten, Kneipen mit hinreichend New-Age-Ambiente um die Alten aus den Sixties nicht zu erschrecken, genug Punk-Grunge-Rock, um die nächste Generation mitzunehmen und cooler Computerkultur für die Kids der Nullerjahre.

Haight-Ashbury hat jetzt einen ganz eigenen Charme, mit Smoke-Shops in hübsch renovierten viktorianischen Häusern, auf Fifties getrimmten Plattenläden, viel buntem Straßenleben und Klimperkruschtkommerz, Esoterikshops und Beratern für alle Lebenslagen, durchsetzt von jeder Menge Irren und Wirren. (Darunter auch viele Obdachlose, Haight-Ashbury ist eines der wenigen Stadtviertel, das kostenlose ärztliche Versorgung für jeden anbietet, der ihrer bedarf.)

Die Haight Street mündet in den Golden Gate Park, und wenn man sich auf einer Wiese ein Eispause von der Street Fair nimmt, dann schwebt man recht angedröhnt auf dem Rückweg – die Smoke Shops haben offensichtlich viele gute Kunden.

Und weil ihr so brav zugehört und aufgepaßt habt, zeigt euch die Tante jetzt ein paar schöne Bilder: http://picasaweb.google.de/mucbiene/HaightAshbury_Auswahl?feat=directlink

Sozialleben

Kaum nehme ich hier an einem Volkshochschulkurs mit nunmehr einer weiteren Teilnehmerin außer mir teil, wen treffe ich am Samstagmorgen bei der Heilsarmee (wie Wiltrud es nennt “deine San Bruno Mall” – ich ziehe es vor, von einem überdachten Flohmarkt zu sprechen)?

Genau, Erin, nicht länger nervös zwinkernd, sondern im entspannten Wochenendmodus. Sie sei auch so einmal die Woche in dem Laden, auch meistens samstags. Haben wir also noch weitere gemeinsame Interessen außer “Relaxation”. Nett.

“Fourty and Fabulous”

das ist der San Francisco Pride. Gay and Lesbian and Transgender and Transsexual and Whatever – you name it.

Alle waren da: Christen jeder Spielart (Quaker, Wiedererweckte, Samariter, St. Joseph vom Felde, St. Patrick vom Walde, Schwule für Jesus….), Schweizer, die  Highway Patrol, der Bürgermeister, die Grünen, das Gesundheitsamt, Falafelbrater, Buddhisten, Toyota, Touristen, Taubstumme, Nackerte, der Öffentliche Nahverkehr, Chiropraktiker, Nuns for Gays, Juden, Wahrsager, Harleyledermänner, Pudelzüchter, Hut- und Maskenmacher, Männer, Frauen und andere in Kostümen mit prallen Dekolletees und so dermaßen prall gefüllte Hosen, die Sockengeschäfte müssen total ausverkauft gewesen sein. Viele Aktivisten und Aktivistinnen mit Klemmbrettern, um Unterschriften für die (Wieder-)Legalisierung gleichgeschlechter Ehen zu sammeln, noch mehr mit riesigen Behältnissen für Spenden. (Ehrlicherweise meistens gleich Eimer – keine verklemmten verplompten Spendendöschen. “Show me the Dollar” – beim Gutes Tun und Zeigen kommt hierzulande mehr Geld zusammen.)

Allein die Botschaften auf den T-Shirts zu lesen, hätte den ganzen Tag dauern können… Eine nette Geschichte am Rande: Die Lesben-T-Shirts “I Herz Herz Booties” und “I Herz Girls” waren (wahrscheinlich für die Lesbian Community etwas überraschend) der Verkaufsschlager bei den Heteromännern.

Ein riesiges Areal rund um City Hall stand unter der Regenbogenfahne, mehrere Musikbühnen (am Sonntag sollen die Backstreet Boys auftreten – die sind hoffentlich inzwischen zu Männern gereift), Lounges zum Abhängen oder zum über Jesus sprechen oder zum sich selbst finden oder hausgemachte Limonaden der AIDS-Hilfe trinken, Freß- und Trinkstände sonder Zahl, Kruschtstände im Format Tollwood hoch drei, alles an Esoterik, was man sich vorstellen kann und mehr. Laut, bunt, lustig und friedlich.

Auf allen Wiesen war wieder der “Summer of Love” ausgebrochen, Indianer und Cowboys ließen Friedenpfeifen kreisen (immer, wenn sich in dieser Stadt mehr als drei Menschen gemeinsam draußen aufhalten wird gekifft, dass man als Passant mehr als genug “Second Hand Smoke” abbekommt; alkoholische Getränke hingegen erkennt man daran, dass die Flaschen dezent in braunen Papiertüten verhüllt zu Munde geführt werden) dazwischen Kinder, Hunde und ein Leguan (angeleint, mit rosa Puschelkopfschmuck).

Es war ein Riesenspaß, ich bin stundenlang rumgelaufen, habe Limonade getrunken und “German Bratwurst” (nicht wieder tun) gegessen, auf den Wiesen inhaliert, einen “Utility Kilt” (Rock für Männer mit jeder Menge Taschen für die Dinge, die ein Mann so braucht) anprobiert, die Reste meiner Bratwurst (Brötchen, (viel) Wurst, ein Bündel Servietten und Alufolie) mit Hilfe meines Persönlichen Garbage Counselor entsorgt, mit einem Recruiting Officer der San Francisco Police über Nachwuchsprobleme disktuiert, war durchaus willens jede mir unter die Nase gehaltenen Petition solidarisch zu unterschreiben, aber als Touristin leider nicht geeignet (zum Trost hat man mir immer noch einen Sticker aufgeklebt oder ein Kondom geschenkt), festgestellt, dass ich das Beuteschema dicker junger schwarzer Frauen erfülle (klare direkte Anmache – ich muss unbedingt meinen Absagewortschatz erweitern), habe gehipped und gehopped, the Biggest Cocks ever anfassen dürfen (langweilig: sind 2 Männer in Hähnchenkostümen), einem “Free T-Shirt” widerstanden (es waren $20.00 “Donation required”), einen gemeinsamen Toilettenbesuch (“I’ll make you happy in there”) verweigert, Super-Gay-Man getroffen (sein Cape ist eine Regenbogenfahne und er hatte viel zu tun, sich immer passend zu den wechselnden Windrichtungen zu positionieren) und und und… schaut euch die Bilder an:

http://picasaweb.google.de/mucbiene/20100626_USSFPride_Auswahl?feat=directlink

Die Baseball-Fans im Zug nach Süden wären wohl auch lieber beim Gay Pride gewesen, sie haben mir Sticker und Kondome abgeschwatzt. Ich habe nur eines in Knatschlila behalten und meinen Spendenaufkleber. Schließlich ist am Sonntag erst Parade und dann wieder Fest – die Option will ich mir offen halten.

Suburbia

In einem der Nachbarshäuser findet ein Kinderfest statt (das erkennt man am Lärm und an der mobilen Miethüpfburg, die in den Vorgarten gequetscht wurde). Weil es ein mexikanischer Haushalt ist, werden Knallfrösche geworfen. Wenn es recht kracht, kreischen die Mädchen (die werden in dieser Ethnie noch in angemessenem geschlechtspezifischen Verhalten unterwiesen). Wenn es kracht und kreischt, fangen die Nachbarshunde an zu bellen. Wenn die Hunde kläffen, reißen die Herrchen, beim Fernsehen gestört, die Terassentüren auf und brüllen die Hunde nieder. Dann hupt der Zug.

Wahrscheinlich ist die himmlische Ruhe hier der Grund, warum kein Vorstädter je dieses Idyll gegen die Hektik der City tauschen würde.

Salvation Army

Jetzt weiß ich, warum die so heißen: das Ding stand dort letzten Samstag zum Verkauf – und für 50 Ocken, wenn man’s recht bedenkt, sehr günstig. Vielleicht sucht Obama noch ein Abschiedsgeschenk für General a. D. MacChrystal?

Enten, überall Enten

Quatsch: Ants, überall Ants. (Das passiert nach einer Weile im Ausland, diese Versprecher…) Würde mich gar nicht wundern, wenn demnächst der Location Scout von DreamWorks vorbeikommt, und fragt, ob sie hier ihr Sequel drehen dürfen. Aber schnell muss er sein, ich habe im Januar nicht ohne Hintergedanken das Giftregal bei Obi leergekauft. Seit heute Abend sind deutsche Ameisenköder in Position.

Hah!

Ganz neue Zeitrechnung

Tag 3 ohne flockblog.

Es ist wirklich schön, wie viele e-mails ich bekommen habe, als der blog down war. Die Kommunikation ist auf einmal nicht mehr so einseitig, sonst schreibe ich ja eher in die Welt, ohne zu wissen, wer gerade aktuell noch zum Leserkreis gehört. Ihr müßt auch nicht aufhören, mir zu schreiben, bloß weil Toni jetzt wieder alles heil gemacht hat.

Auch die Kommentarfunktion.

Deutsche Lehnwörter im Amerikanischen (more to come)

Kindergarten und Blitzkrieg kennt jeder. Mein neuester Find- und Liebling ist:
“Abseil” (German spelling: sich abseilen, a reflexive verb, to rope (seil) oneself (sich) down (ab)); the term abseiling is used in the UK and commonwealth countries, “roping (down)” in various English settings, “rappelling” in the US and “snapling” by Israelis.

Autofreier Sonntag (Nachtrag 21. Juni)

Toni hatte das Auto am Samstagabend mitgenommen, so dass ich heute eher lokalen Aktivitäten nachging. Gartenarbeit (es gibt viel zu heckenscheren, Iren, wohin man sieht), einen neuen Alan Moore („D.R. & Quinch“) und zwei Ausgaben des Time Magazine nachlesen, Hausarbeit und mit den Nachbarn plaudern, im speziellen mit Lyn, die auch nach einer guten Frau für Sam sucht (sie ist mir ein paar Generationen voraus und empfiehlt statt Online-Dating den Gemeindeabend in der Kirche) und dann noch Franciscos neues Lieblingslied „Silencio“ ( con mucho muchissimo Streichern und Bläsern), das in einer Endlosschleife über die Gärten dröhnt. Viel Sonne und ein kühles Lüftchen, ein richtiger Ferientag.

Bis auf die üble Überraschung, dass der flockblog auf einmal nicht mehr zu erreichen war. Quel catastrophe. Toni, zu Hülf!

Armistead Maupin (Nachtrag 21. Juni)

hat mir geschrieben. Genau, das ist der Autor der sechsbändigen San Francisco „Tales of the City“. Die will das „American Conservatory Theatre“(A.C.T.) 2011 als Musical auf die Bühne bringen. Man sei aber während der Produktion ein wenig klamm geworden. Ob ich denn nicht heute schon eine Eintrittskarte für irgendwann im Juni/Juli 2011 kaufen wolle. Das fragt der ausgerechnet mich. Als ob ich je schon so lang im Voraus geplant hätte.

Eigentlich bin ich nicht abgeneigt, mal schauen, was er mir in den nächsten Bettelbriefen anbietet. Vielleicht Mitsingen?