Ich.
Ich hatte ja schon in meinen Müchener Tagen immer einen Mordsdusel bei der Verlosung von Eintrittskarten für Konzerte, Zirkus, Kino und habe hier an diese gute Tradition angeknüpft. Eine rasche e-mail geschickt und wupp, 2 Karten für das Konzert von STUNG in der „Red Devil Lounge“ gewonnen. Eine hübsche Lage, mitten in Nob Hill, Ecke Polk & Clay, rundrum jede Menge nette Geschäfte und Kneipen, eine davon sogar mit „Casual Latin Drinking“. (War wieder einer meiner Verleser, in Wirklichkeit offeriert man „Latin Dining“ – meins finde ich lustiger.)
Es war aber auch alles geboten: STUNG ist eine recht gute Cover-Band (ich konnte bis auf 2 Lieder alle auswendig mitsingen, Toni kamen gerade mal zwei Nummern „mäßig bekannt“ vor), Dave (wer immer das ist) hatte Geburtstag (gemeinsames Absingen von „Happy Birthday“), als Extra für Dave hatten sich seine Freunde mit 70er Jahre Klamotten ausstaffiert, gerne in Glitter-Blinker und mit riesigen Afros und ihm den Auftritt einer großartigen Soul-Sängerin geschenkt, es wurde voll und voller und ich war recht dankbar um den Platz auf der Galerie. Auftritt aus. Band geht. Es ist hier nicht üblich, um Zugaben zu bitten, was mich immer wieder irritiert. Also raus, rauchen. Aber nicht im Bereich von 20 ft. vor dem Eingang des Etablissements. Damit man nicht selbst messen muss, haben freundliche Menschen eine Markierung auf den Gehweg gemalt und (dahinter) einen Aschenbecher aufgestellt. Dass der dann quasi vor der Tür des indischen Restaurants steht, schert keinen. Man muss es nicht einmal verstehen wollen. Tabak ist auf jeden Fall böse.
Wie? Schon wieder Musik? Jaha, eine After-Band, keine Ahnung, wie sie hießen, sie coverten ausschließlich „The Police“ (und Sting – das hatte ich eigentlich schon von Stung erwartet…) und da die Altersstruktur der Gäste erfreulich gemischt war, ging es dann wirklich so richtig ab, alle recht textsicher. Wir waren inzwischen unten, auf der Galerie war die Luft doch seeeehr dick geworden: es wurde ordentlich gekifft und in manchen Klamotten saß der Geruch solchermaßen fest, dass man nach ein paar Minuten neben dieser Person schon anfing zu schweben. Zwei junge Frauen in knappesten Schlauchkleidchen promoteten ein Wodkamischgetränk (die Amerikanerinnen haben es alle begeistert gekippt: pappesüß und extrem künstlicher Geschmack), ich fand den Werbegeschenkskühlschrankmagneten besser. Zwischenzeitlich wurden mehr und mehr schwankende junge Frauen nach draußen gebracht, bei der nächsten Zigarettenpause fand ich den Gehsteig übersät von „ich-wills-nicht-wieder-tun-mir-ist-so-schlecht“-Geschöpfen. Das offizielle Alkoholtrinkalter von 21 Jahren ist dem maßvollen Umgang mit geistigen Getränken nicht zuträglich. Gar nicht. Irgendwann war auch die zweite Band mit „Roxanne“ bei ihrer letzten Nummer angekommen. Ich war rechtschaffen müde. Ich bin Ausgehen gar nicht mehr gewöhnt, muss wohl jetzt öfter Tickets gewinnen.
Außerdem hatte ich den Tag mit harter körperlicher Arbeit verbracht: mal wieder die Heckenschere gezückt und Iris (oder „Iren“? – die Pluraldiskussion ist hiermit eröffnet) zurückgeschnitten. Sam hatte dazu detaillierte Anweisungen erteilt, es ist ihm immer nicht recht, wenn ich selbst im Garten herumwerkele. Ich glaube, er befürchtet, dass ich in seiner „nice-and-clean“-Ordnung ein Chaos anrichte.
Noch eine Anmerkung: bei dem Konzert habe ich außer mir nur noch zwei weitere Brillenträgerinnen bemerkt und die waren erkennbar indischer Herkunft und trugen diese Glasflaschenbodenmodelle. Der Amerikaner an sich muss besonders scharfsichtig sein (oder er trägt Kontaktlinsen). Brillen sind eindeutig für „Aliens“.