Uncle Sam hat mich auserwählt. Mich! Weil ohne Bürger wie mich das Rechtssystem nicht funktioniert. Sagt John C. Fitton, der Court Executive Officer vom Superior Court of California in San Mateo. Ich dachte, ich sehe nicht richtig, als ich den Brief öffne: “Official Jury Summons Enclosed”. Ich soll Geschworene werden – ich bin Ausländerin mit einem zeitlich begrenzten Visum, das können die doch nicht ernst meinen. Oder?
Es gibt Wege, aus der Nummer ‘rauszukommen.
a) Verschiebung
Das geht für einen Zeitraum von maximal 6 Monaten, allerdings nicht freitags. Sollte man noch Schüler oder Student sein, ist ein Aufschub bis zu den nächsten Ferien möglich.
b) Aufschub oder Entlassung aus der Pflicht aus Alters- oder Gesundheitsgründen (“Request to be excused – I cannot serve”)
Krankheit (oder die Versorgung eines kranken Menschen) gilt als Entschuldigung, wenn man ein entsprechendes ärztliches Attest vorlegt. Wer über 70 ist, gilt als zu alt, um bei der Rechtsprechung mitzuwirken. (Ist das nicht eigentlich Diskriminierung?)
c) Nichtberufung aufgrund mangelnder Eignung (“Request an exemption – I am not qualified”)
* I am not a citizen of the United States. I am a citizen of …………..
* I am under 18 years old
* I am a peace officer as defined in Penal Code §830.1 or §830.2(a) [Das ist zum Beispiel ein Offizier der Highway Patrol]
* I have been convicted of felony or malfeasance in office [Kapitalverbrechen oder Amtspflichtsverletzung] and my civil rights have not been restored
* I have served as a trial juror or grand juror or have been summoned within the past twelve-month period
Wer keinen der oben genannten Gründe anführen kann, MUSS zum festgelegten Termin vor Gericht erscheinen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Person freizustellen, nicht aber, sie zu bezahlen. Das Gericht zahlt eine Aufwandsentschädigung von $15.00 pro Tag (ab dem 2. Tag, der erste wird nicht entgolten); kein Wunder, dass es eine eigene employer-Sektion auf der Website des Gerichts (http://www.courts.ca.gov/965.htm) gibt, die an den Arbeitgeber appelliert, den ausgefallenen Arbeitstag doch zu kompensieren: “Jury service is an investment in America, in your employees, and in your business.”
Kein Wunder auch, dass kein Amerikaner seiner “Jury Duty” nachkommen will, obwohl das Gericht es ihm doch schon so leicht wie möglich macht (“juror accommodations”): Man darf den ganzen Tag umsonst parken (sie haben mir gleich eine “Parking Permit” für die “Hall of Justice” mitgeschickt). Mitgebrachte Kinder können im “Children’s waiting room” abgestellt werden, wenn sie denn über zweieinhalb und stubenrein sind. Und es gibt Computer mit Internetzugang und W-Lan für umsonst. (“Many prospective jurors have used these services to work away from the office while awaiting courtroom assignment.”) Man könnte also auch arbeiten – gesetzt den Fall, man geht einer Tätigkeit nach, die sich “away from the office” online erledigen läßt. (Ob W-Lan für eine Wurstfachverkäuferin oder einen Schlaglochzuschütter wirklich eine Erleichterung darstellt? Eher zweifelhaft.)
Reizen würde mich das schon. Aber wer weiß, wie die mit einem non-citizen umgehen, der unberechtigt staatsbürgerlichen Pflichten nachkommt. Wobei – keine Ahnung, wie sie das merken sollten: meine Daten haben sie von der DMV (also da, wo ich den Führerschein gemacht habe). Die DMV hält es offenbar nicht für nötig, die Staatsangehörigkeit der Menschen, denen sie ein Papier ausstellt, zu dokumentieren. Als I.D. gilt eben dieser Führerschein (die wenigsten Amerikaner haben einen Pass). Und ich könnte schon mal einen Tag Court Office machen…
Das kommt davon, wenn ein Staat kein Meldewesen hat.