Santa Demenzia, bitte für uns

Lyn und ich haben jede einen Birnbaum im Garten. Und deswegen haben wir letztes Jahr schon ausgemacht, das wir einander keine bringen. Und vorletztes Jahr auch. Das werden wir dieses Jahr wieder tun.

Warum? Ich hatte eben ein Beutelchen Birnen an der Tür hängen. Mit Anleitung. Ich möge sie in einer braunen Papiertüte an einem warmen Ort aufbewahren, bis “they glow in the dark”. Und dann “enjoy with yellow cheddar cheese”. Lyn, das geht doch gar nicht. Der Käse hat ungefähr so viel Geschmack wie tiefgefrorene Scheibletten. Verpackt.

Eine Cabin* am Lake Tahoe?

Deutschen Zahnärzten unterstellt man gerne, sie wollten sich aus den Mündern ihrer wehrlosen Patienten ein Sommerhaus in der Toskana finanzieren. Meine hiesige Zahnärztin treibt anscheinend auch das Verlangen nach einer Ferienimmobilie. Wenn ich gestern nicht europäisch biestig geworden wäre, dann hätte sie sich des Schmerzzahnes immer noch nicht angenommen, sondern nur den Behandlungsplan mit mir diskutiert, der sie um einige tausend Dollar reicher machen soll und das Befassen mit dem Backenzahn gegen Weihnachten vorgesehen hätte.

Mit dem Hinweis darauf, dass in Deutschland immer ein paar Pinselstriche Lack um den Zahnhals gereicht hätten und das ohne größeren Aufwand auch im Anschluss an die Zahnsteinentfernung möglich gewesen sei, hatte ich sie bei der amerikanischen Dentalehre gepackt. Was die in Deutschland können, kann sie nämlich auch. Und besser. Und teurer. Pinseln ist im Dentalsonderangebotsstarterpaket nicht vorgesehen, das kostet extra. $27.60. Und wieder konnte die Verwaltungskraft, die “das Finanzielle macht”, nicht an sich halten und wollte meine Kreditkarte unbedingt in dem Moment haben, wo die Nurse über mich gebeugt den Lack rührte und Frau Doktor  von der anderen Seite, die Unterlippe mit einer Klammer niederpressend, auftrug. Das mag so üblich sein, ist aber irritierend.

* Man sollte wissen, dass es sich bei einer “Cabin” durchaus um eine mehretagige Villa mit 10 und mehr Zimmern (+ je 1 Bad), ein paar Terassen (mit Jaccuzis) und einem reichlich bemessenen Grundstück in schöner einsamer Seelage handeln kann.

Nimmer ganz neu im Kino: Crazy, Stupid, Love

Ein Kriegsfilm*, wie er im Buche steht, denn am Ende kriegen sie sich alle. Gut besetzt, schnell und stimmig inszeniert und allemal geeignet, um mit mindestens einer Tafel Schokolade (wahlweise einem Gallonenkübeleis) und Schmusedecke daheim auf’m Soffa von einem Frusttag abzulenken. Und viel mehr Kommas im Titel als der andere Dreiwortfilm mit dem Breitmaulfrosch.

 

* Danke an Rainer für die deutsche Lokalisierung des “Chick Flick”.

Schon wieder vorbei?

Zur Zeit findet hier abends immer großes romantisches Sonnenuntergangstheater statt und ein riesiger orange-roter Feuerball verglüht mit einem leisen Zischen im Ozean. Aus, vorbei, dunkel. Acht und Nacht.

Die langen hellen Sommerabende müssen wir echt noch ein bißchen üben.

Yard Sale

Die Superman-Backform habe sie sofort für $5 verkaufen können, wundert sich die Verkäuferin beim Yard Sale. Ich sei die erste, die sich für Wonderwoman interessiere. Ob das nun daran liege, dass der Bedarf an Traummännern einfach höher sei? – Es könne natürlich auch sein, dass sich die Traumfrauen-Zielgruppe das Selberbacken nicht zutraue. Falls es wer doch probieren mag: Es war mir lässig einen Dollar wert, die Wonderwoman Baking Pan zu kaufen.

 

Achtung: Rezepte gab’s aber leider nicht dazu.

Rise of the Dragons

An frischen Brisen mangelt es hier, dank der Nähe zum Pazifik, wahrlich nicht. An ausgewiesenen Kite Flying Areas auch nicht. Und an eigenen Drachen seit letzter Woche erst recht nicht mehr. Christoph, Wes (bei dem wars der Fünft- oder Sechstdrachen, aber wer zählt schon mit?) und ich haben uns hypercoole superprofessionelle Vierschnur-Lenkdrachen gekauft und sie heute am Shoreline Boulevard in Mountain View aufsteigen lassen.

Erster Schritt: die Lenkschnüre angeknotet (in meinem Falle: anknoten lassen – so ein strohblonder Augenaufschlag ist manchmal sehr nützlich). Erster Lernschritt: IMMER dort “assembeln”, wo man die Drachen auch fliegen lassen will. Die nehmen einem den 50-Meter-Transport nämlich sehr übel und verwurschteln aus Rache alle 4 Schnüre so dermaßen, dass man die nächste gute Stunde mit entwirren und wieder neu knoten verbringt. Das aber bei sehr viel mehr Wind, was dazu führt, dass die Person, deren Körpergröße ungefähr der Spannweite der Drachen entspricht, stets zu Hilfe gerufen wird. (“Sabine, you lay down on my kite. Down! Flat! Now!”) Auf einer frischgemähten Wiese, bei gutem Wind und zu freundlichen Kommentaren wie “friß Gras, Fremde” oder “dafür darfst du beim Abendessen den Salat weglassen”. Aber frau hilft ja, wo sie kann.

Toni hatte sich inzwischen mit meinem Drachen selbständig gemacht (ich hatte noch zwei Gigs als Drachenbeschwerer). Nach ein paar Anfangsschwierigkeiten hatte er das Teufelsding gemeistert und ihn schön mit senkrechten Schnüren im Wind gehalten. Wes ist ohnehin firm (er habe einfach gerne Dinge mit Schnüren in der Hand, wurscht ob Kite oder Angelrute), Christophs Drache stellte sich als – letztendlich nicht zähmbarer – Widerspenstling heraus. Jeder meiner drei Kite-Runner (die Dinger haben einen Zug von ca. 5mph und das ist mächtig viel) war auch schon mal zum Kite-Faller geworden und ich war inzwischen gar nicht mehr sicher, ob ich das überhaupt noch ausprobieren will.

Wes hat sich geduldig meiner angenommen und mich unterwiesen, wie die Handles zu halten und wie der Drachen zu lenken sei. Theoretisch total einsichtig, praktisch zieht einen die nächste Bö mal schnell ein paar Meter weit in eine eher ungeplante Richtung und im Zweifelsfall auf den Boden (es sei denn, man ist schneller und läßt einfach den Drachen abstürzen; auf die Frage “Er oder ich” gibt es für mich nur eine angemessene Antwort) und man braucht richtig viel Kraft. Hab’ ich nicht und deswegen irgendwann aufgegeben. Toni und Wes hingegen werden morgen Muskelkater vom Drachenlenken haben, Christoph und ich mehr vom Schnüre entknoten.

Vielleicht sollten wir doch erst mal mit zweischnürigen Drachen anfangen. Das überlegen wir uns dann nach dem Urlaub (in 2 Wochen und 3 Tagen geht es lohos!).

Da waren wir (vor lauter alle Hände voll zu tun hat keiner Bilder gemacht): http://bit.ly/rp8kZi

PS: Toni, danke für den schönen Blogposttitel.

 

Up and away!

Sonntagmorgen, ich mache Hausputz. Die Haustür steht offen und Lyn nutzt die Gelegenheit, auf ein Schwätzchen vorbeizuschauen. Was ich denn so täte, an einem so wolkenverhangenen Tag? Mit dem Besen in der Hand wage ich ein Scherzle: “Oh, you know, just saddling up my broomstick and go for a ride.” Sie guckt ganz irritiert, darüber mache man doch keine Witze, “you know, they used to burn people in this country.” Aber doch heutzutage nicht mehr, oder? – “Hmmm, I don’t think so…”. Ganz sicher ist sie nicht.

Wohin habe ich bloß mein Salem-T-Shirt (“witches do it on a broomstick” ) verräumt?

“Goodwill not Landfill”

Dieser einprägsame Slogan steht auf vielen Lastwagen, die ich bei meinem mindestens 2 Stunden-commute fast täglich sehe. Außerdem steht da auch noch: “Donate and Shop” (Also spenden und dann gleich wieder zurückkaufen? Ein tolles Geschäftsmodell, wenn’s denn so gemeint ist.)

“Landfill” ist der hiesige Euphemismus für Müllkippe. Goodwill ist eine inzwischen immens große Wohltätigkeitsorganisation, nimmt von den Reichen (Spenden von “unwanted items”) und gibt den Armen. Entweder direkt in Form von Kleider- oder Lebensmittelzuwendungen oder indirekt, über den Verkauf der Gaben in ihren Läden (mit dem Gewinn werden zum Beispiel Ausbildungsmöglichkeiten finanziert). Weil Amerikaner sowas mögen, läuft auf der Website ein Life-Zähler, wieviele Pfund an wiederverwertbaren Gütern von Goodwill vor der Müllkippe gerettet wurden und man kann sich vermittels eines “Donation Calculators” vorrechnen lassen, welchen “Impact” die eigene Spende hat http://donate.goodwill.org/.

Ich kenne inzwischen drei Menschen, die sich als selbständige Recycler ihren Lebensunterhalt verdienen. Die erste ist ein Frau von noch nicht ganz dreißig, die am späten Vormittag, wenn die Lieferanten der Cheesecake Factory im Nachbargebäude ausgeladen haben, in ihrem Pick-up vorfäht und die Ladefläche mit den nunmehr überflüssigen Umverpackungskartons vollpackt. Ihr zur Hand geht ihre ungefähr vierjährige Tochter, die, weil sie so klein und wendig ist, tief in die Mülltonnen klettern kann und jeden Tag einen guten Anteil an der Pappdeckelbeute beisteuert. Wenn’s dann im Büro nachmittags klingelt, ist das Roberto, unser Pfandmann mit dem Handwagen, der einen Sack leerer Plastikflaschen und Dosen abholt.

Kalifornien ist ein vergleichsweise grüner und ökologisch orientierter Bundesstaat und erhebt Flaschenpfand (gemäß der Californa Bottle Bill zahlt man CRV = California Redemption Value in Höhe von 5¢ for each container (glas, plastic, aluminum) < 24 ounces and 10¢ for each container >24 ounces ). Es beruhigt mein Gewissen sehr, dass wir Roberto haben. Ich habe nämlich einmal versucht, Leergut gegen Pfand zu tauschen. Dafür bin ich an einem Samstagvormittag knapp zweieinhalb Stunden mit anderen Gutmenschen und deren laufenden Motoren vor der Recology-Gesellschaft im Stau gestanden und habe dann erfahren, dass nicht mehr als 50 Flaschen/Dosen gleichzeitig abgegeben werden dürfen. Mit An- und Abfahrt hatte ich für diese $2.50 gut über drei Stunden Freizeit verbraten (vom Sprit gar nicht zu reden), mindestens noch drei Mal so viele Flaschen wieder mit nach Hause genommen, dort in die blaue Ökotonne geworfen und es fortan weiter so gehalten.

Der “Roberto” in meiner Straße in San Bruno ist eine Frau um die fünfzig mit einem riesigen roten Target-Einkaufswagen, die kurz vor der Müllabfuhr vorbeikommt und die Pfandflaschen aus den blauen Tonnen fischt. Sie macht sich dabei allerdings strafbar, “garbage theft” ist ein Delikt und wird mit bis zu 90 Tagen Gefängnis und/oder zwischen $1.000 und $2.000 Geldstrafe geahndet. Deswegen packe ich ihr immer schon alles in handliche Tüten – ein beherzter Griff und sie kann den Tonnendeckel wieder schließen. Und wird hoffentlich nicht so leicht erwischt.

Widerstehlich

Ein Herr vom indischen Subkontinent diente sich mir heute mit viel zu vielen Ausrufezeichen an.

Hi!
Greetings!!!
It’s Friday!! Let me introduce myself as Murugesh – Director Sales of iSoft IT Solutions and we are a Start-Up!! We specialise in Mobile Application Development maily we do concentrate on iPhones and iPads! lso we have hands on experience in developing BlackBerry as well as Android application as well. We are 20 Member strong and we want to be more to you than being a normal Outsourcing Vendor!!!

Weißt du was, Murugesh? Das ist ganz reizend. Aber wir wollen nicht, dass du mehr für uns wirst. Wir sind schon vergeben. Schreib’ doch mal jemand anderem, vielleicht dieses Mal mit dem Namen, den du montags verwendest.

Oaksterdam

Mit einer flächendeckenden Plakataktion lädt “America’s first cannabis college” die Connoisseurs* der Welt zum “Quality Training for the Cannabis Industry”. Wer mag, sehe sich die Website an: www.oaksterdam.com. Ein MUSS ist die Literaturliste der Uni (http://bit.ly/eQ1VE7) – daran hätte Thomas de Quincey, der alte englische Opiumesser, sicher Freude gehabt. Als Local ist es meine leichteste Übung, demnächst mal im Giftshop vorbeizuschauen. Braucht wer was?

 

*Nein, das ist kein Tippfehler. Was schert’s den Ami, dass der französische Wortstamm connaître lautet und das mittlere “O” durch keine Lautverschiebung begründbar ist? Im Franzosen-Ignorieren sind sie ohnehin ganz groß, und darum findet man auf amerikanischen Speisekarten unter “Entrees” konsequent die Hauptgerichte und eine amerikanische Matinee fängt nachmittags um 16:00 Uhr an. Wann auch sonst?