Immer die gleiche alte Leier oder wie man hier sagt: “He harps on and on and on.”
Ach, jetzt, Harfe und Leier, kommt raus aus dem Schmollwinkel. Die Menschen haben euch gern. Doch, ganz bestimmt. Denen war Xylophon nur zu kompliziert.
Immer die gleiche alte Leier oder wie man hier sagt: “He harps on and on and on.”
Ach, jetzt, Harfe und Leier, kommt raus aus dem Schmollwinkel. Die Menschen haben euch gern. Doch, ganz bestimmt. Denen war Xylophon nur zu kompliziert.
Als ich gestern angestaubt und müde, mit beiden Händen voll zum x-ten Mal vor der schweren Entscheidung Müll-, Spenden- oder Umzugscontainer stand, klingelten zwei Ensemblemitglieder des “Book of Mormon” in weißen Hemden, schwarzen Anzügen, mit frischgewaschenem Antlitz und wohlmodulierten Sprechstimmen und wollten mir nach einem schwungvoll antrainierten gutgelaunten viel-L-igen “Helllllllooo” nicht nur ihr übliches “Good Book” dalassen, sondern gleich noch einen weiteren Stapel Broschüren über Stipendienspendenoptionen für die Aus- und Weiterbildung von noch mehr hoffnungsfrohen Jungmormonen. “Jungs,” hab ich gesagt, “geht mir weiter mit dem Zeug! Ich glaube nicht an euren und keine anderen Götter und wenn für diese Stapel buntbedrucktes Papier schon Bäume und Pigmente ihr Leben lassen mußten, dann bringt sie wem, der sie brauchen kann. Go away!”
Die Beiden waren hard-core geschult und hatten auch für die Frau, die gerade im Umzugsstreß ist, noch was passendes dabei. Ein dünnes Heftchen, in dem die wichtigsten Gedanken zusammengefaßt seien, des Abends zur Entspannung zu lesen. Neiiin! Will nicht! Geht weg! Schönentachnoch und Türzu!
Und was finde ich 20 Minuten nach ihrem Abgang auf meiner Türschwelle? Dieses Faltblatt, in dem auf kleinstem und sehr effizient genutztem Raum gebündelter Mormonenschwachsinn verbreitet wird: Schlechtwetter? Sagt uns, daß Gottes Sohn zu uns unterwegs ist, zu richten und zu strafen, die Böcke (alle Nicht-Mormonen) zu sondern von den Schafen (schräges Selbstbild, aber das war auch nicht anders zu erwarten). Die Schafe kriegen dann eine Art Stempel auf die Stirn und bleiben von “massive earthquakes“, “killer tsunamis“, “unstoppable fires“, “overflowing floods“, “horrific tornados” sowie Tod und Teufel verschont (“death’s icy grip” and “the Devil and Satan” – jaha, alle beide!). Die anderen, die “24-7 irreligious, happy-go-lucky, party-loving multitudes” holt die Katz – die guten Mormonen haben offensichtlich sehr viel Spaß an der Vorstellung, wie die Party People ersaufen, verbrennen, vom Winde verweht, von Bäumen erschlagen und wilden Tieren aufgefressen werden. Vielleicht sollte ich den nächsten, die bei mir läuten, aus der Bergpredigt vorlesen?

Solchene Lauser!
So langsam fängt es an, das Nachdenken darüber, was mir fehlen wird. Mein Steg in Pacifica, mein Häuschen, Waschbären im Garten, überhaupt der Garten, die Bäume, dieses ganzjährige Herumblühen und das schöne Wetter und der viele frische Fisch und die Ladenöffnungszeiten und… Genug davon, ich werd’s euch wahrscheinlich eh vorjammern und bitte schon jetzt, mich dann einzubremsen.
Was mir ganz und gar nicht abgehen wird, ist diese Elendslaienklempnerei, die mir die uralten Wasserleitungen in diesem Haus mit schöner Regelmäßigkeit und immer im unpassend möglichsten Moment abverlangen. So wie heute: nach der Räumerei wollte ich doch nur noch schnell Geschirr abspülen und dann selbst duschen. Der Küchenabfluß hingegen wollte Geist aufgeben, Unterspülenschrank fluten und daß ich Boden wische, schwitze und fluche. Done.
Ich geh dann mal duschen (in der Hoffnung, daß die Rohre im Bad noch frei sind).
Ach, da schau her! Was liegt denn da ganz unten in der Wäschekommode? Mein treues altes Palästinensertuch, Begleiter auf allen Demos. Damals. Und man sollte es kaum glauben, es ist alt geworden, die schwarzen Fäden ergraut, die weißen ein bißchen angegilbt und alle sind sie brüchig.
Hmmm. Da steckt soviel Nostalgie drin. Ob das nicht doch einen Verstoß gegen Merksatz #5 rechtfertigt? Oder vielmehr eine Beugung, der letzte Einsatz liegt ja eh über sieben Jahre zurück (und dann gilt #5 nicht). Nein. Ich bin hart geblieben und die Kufiya ist im Kleiderspendensack gelandet. Ich hätte sie, wenn überhaupt je wieder, allenfalls als Zitat getragen. Und das wollte ich nicht. Um der alten Zeiten willen.
Merke: Früher war damals, heut ist heut.
Die Geschirrschränke waren heute unter sehr strenger Revision, vieles ist gemäß Merksatz #5 der Rückreise nicht würdig befunden worden. Auf dem Kühlschrank lagern die Gegenstände zwischen, die umziehen dürfen. Der Toaster Oven, der da sonst wohnt, hat Asyl auf dem Beistellschrank (ha! leer) bekommen, weil er in den nächsten drei Wochen noch gebraucht wird. (So ist das, wenn einer nützlich ist, kriegt er leicht mal eine Aufenthaltsgenehmigung.)
Ich habe Hunger, will mir einen schnelles Käsebrot machen, recke, so wie seit sieben Jahren, die Arme, um Brot in den Toaster zu stopfen (genau in das Gerät, das ich vor einer halben Stunde selbst verräumt hatte) und – der ist da gar nicht. Ah, ja, richtig. Kein Problem, toaste ich eben auf der Nordseite der Küche. Paßt. Und zwar genau so lange, bis mein Brot geröstet ist, und ich es auf der Südseite wieder abholen will. Hrrrgggnnn!
Merke: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und hat ein entsetzlich löchriges Kurzzeitgedächtnis.
Was der Mensch in den letzten sieben Jahren nicht gebraucht hat, braucht er auch in den nächsten sieben nicht. Und jetzt alle, im Chor!
Vor dem Einpacken undbedingt jedes Stück mindestens zwei Mal in die Hand nehmen. Besser noch drei Mal. Die Kann-dableiben-brauch-ich-nicht-Quote schnellt bei dieser Methode in ungeahnte Höhen.
Zuviel ist zuviel und genug ist genug! Und weniger ist im Zweifelsfall mehr.
Ich bin derzeit vor allem dabei, dem Heilsarmeeladen, in dem ich viele vergnügliche Flohmarktstunden verbracht habe, Leihgaben zu retournieren. Seit ich die Weggeberei unter diesem Blickwinkel betrachten kann, ist sie viel leichter.
In Kalifornien hat die Arbeiterbewegung eine lange Tradition und eine ihrer zentralen Figuren war Cesar Chavez, der in den Sechzigern des letzten Jahrhunderts gemeinsam mit Dolores Huerta die National Farm Workers Association gründete, um den so gut wie rechtlosen hispanischen Landarbeitern eine Stimme zu geben. Ihr größter gemeinsamer Erfolg war sicher der “Delano-Grape-Strike”, der sich unter dem Motto “Sí, se puede”* über fünf Jahre hinzog und zu einer deutlichen Verbesserung von Gesetzen und Lebensumständen führte. Menschenrechtsaktivist, Gewerkschafter, Arbeiterführer, Veganer, Katholik, Pazifist – es ist wenig überraschend, daß zu Zeiten weder seine Aktivitäten noch seine Person auf große Gegenliebe stießen. Heute ist sein Geburtstag, der 31. März, ein staatlicher Feiertag und zwar in Kalifornien, Colorado und (Überraschung!) Texas, wo sehr viele Straßen, Parks, Strände und Schulen inzwischen “Císar Tschäiveß” heißen.
Und warum erzähle ich von der alten Arbeiterbewegung? Weil es jetzt eine neue gibt. Zusammentun sich die, die den Techboom im Silicon Valley “facilitaten”**, in den Cafeterias Sandwiches bauen, Pommesfettschalen ausleeren, vegane Cronuts mit einem Hint of Sea Salt und Chiaseeds backen, Latten schäumen, Shuttlebusse fahren, putzen, Glühbirnen auswechseln, Unkraut jäten, die Amazon- und die Google Expresspackerl direkt an den Schreibtisch schleppen, Zeugs warten, auf Gebäude und Gelände aufpassen, Obstteller schnipseln, Wäsche waschen, bügeln und in ansprechenden nett verpackten Stapeln mit einem Duftzweigerl oben drauf dem Techbubi schrankfertig ins Loft liefern. Also alle die, die denen, die sich’s leisten können, das Leben schöner machen, sich aber das Leben hier in der Gegend mit dem was sie im Schweiße ihres Angesichts verdienen, nicht mehr leisten können.
Die Gründungsversammlung von “Silicon Valley Rising” fand in der traditionsreichen Kirche “Our Lady of Guadalupe” in San Jose statt. Und genau wie damals bei Cesar Chavez waren die Anwesenden im wesentlichen Latinos und Schwarze mit dem festen Willen, Grafiken wie diese unten nicht mehr länger hinzunehmen.
Es sieht aus, als zögen die ersten Tech-Giganten ein bißchen mit. Sie drohen ihren Zulieferern mit Kündigung, wenn sie Mitarbeiter nicht über dem Mindestlohn bezahlen und bestehen auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und vor allem erst mal überhaupt sozialversicherungspflichtiger Festanstellung. Das ist ein winziger Tropfen auf einem sehr heißen Stein und Dürre ist außerdem.
Die Schere klafft hier schon sehr weit auseinander und eine Handvoll Dollar und ein bißchen plakativ guter Wille reichen bei weitem nicht, um das Problem zu lösen. Bezahlbare Wohnungen müssen her, Krankenversicherung und Altersversorgung, familienfreundliche Arbeitszeiten bzw. vernünftige Kinderbetreuung, gute Schulen für alle, bezahlbares gesundes Essen usw. usf., der ganze Utopia-Katalog.
Bis Die da unten im Silicon Valley wirklich aufstehen, platzt eher die nächste Techblase.
* Bedeutet übersetzt “Yes, I Can!” und kommt uns allen nicht von ungefähr recht bekannt vor.
** Es gibt keine gescheite Übersetzung für das Verb “to facilitate”. Erleichtern, ermöglichen, fördern, unterstützen – das ist alles drin, aber eben noch mehr; sie leisten Dienste.
Stromausfälle heute: vier, es können auch mehr gewesen sein. Mir fällt das eh nur auf, wenn sich die powerlose Uhr am Herd auf irgendeine hanebüchene Tageszeit umstellt und so oft komme ich gerade in der Küche nicht vorbei, die ist noch nicht dran. Lyn war sehr sauer: sonntags kommen mindestens zwei Country-Musik-Sendungen mit Gesang und Tanz und für beide war kein Strom da. Und weil sie eh nix besseres zu tun hatte, hat sie sich von der langen Wartezeit nicht abschrecken lassen und als PG&E endlich ‘ranging, ihnen ordentlich die Meinung gegeigt. Ihr ist jetzt wohler.
Ab Mitte der Woche soll es abkühlen, dann ist hoffentlich wieder genug Strom für alle und alles da.