Einmal noch den Anglern und Crabbern auf dem Steg in Pacifica in die Eimer gucken, einmal noch in Half Moon Bay viel frischen Fisch essen, einmal noch gemütlich den Highway One lang nach Santa Cruz gondeln, und dabei hier und da und dort an einem besonders schönen Strand aussteigen, Sand in die Schuhe kriegen und Wasser gucken. Und Pelikane. Einmal noch.
Kaum über die Berge ist wieder richtig ekliger nordkalifornischer Küstensommer: vernebelt, verhangen, kühl und ich sach noch zu Toni, wie sehr schade das ist und wieviel schöner der Tag mit Sonnenschein hätte geworden sein können, da reißen die Himmel auch schon auf, die Sonne schiebt die Wolken aus dem Weg und strahlt mit aller Macht. Auf den vollen Fischteller, auf Tonis Elfenbeinteint, auf Sand und Meer und Treibholz und Pelikane und mir geht so recht das Herz auf. Hach! Dann werde ich auf a mal ganz arg melancholisch. Wo’s doch das letzte Mal ist, heute, und wer weiß, für wie lang. Seufz. Mirselbstsehrleidtu. Das einzige, was gegen einen solchen Anfall von Weltschmerz hilft, ist ein Eis auf der Santa Cruz Wharf. Ich Blödmann nehme die kleine Portion für $4.50, das sind zwei tennisballgroße Kugeln in einem Plastikkübel, wie man sie in anderen Teilen der Welt als Übertopf für eine Zimmerpflanze mittlerer Größe kennt. Toni ist weise und ordert außerdem erst, nachdem meine Bestellung ausgeführt ist. Explizit nur einen Bollen Eis.
Wir löffeln. Um uns herum wird ein “Ein Sonntagnachmittag am Meer” gegeben. Drüben am Strand fliegen Bälle und Drachen, Wellen trecken träge an Barnackle-Krusten und manchmal trägt ein Wirbelwindchen süße Sonnenöldüfte in unsere Richtung, wird aber immer gleich von seinem wesentlich kräftigeren Cousin Bö abgelöst, der heimtückisch hinter dem Fischladen hervorbläst. Wir löffeln. Die Seelöwen singen gräßlich unmelodisch, aber dafür mit viel Herz ihr “Auink-Auink-Auink”, Möwen brüllen, als hätte Hitchcock zum Casting geladen, Pelikane segeln majestätisch (und ohne herumzulärmen) in Aufwinden, Kinder quengeln, weil sie Eis / Fischsemmel / Zuckerwatte / Würstchen / stahlblauen Haifischflossenlutscher haben wollen und dann erst recht, weil ihnen Eis / Fischsemmel / Zuckerwatte / Würstchen / stahlblauer Haifischflossenlutscher von Bös lausigem Zwilling aus der Hand und in den Dreck geweht wurden. Wir löffeln.
Die Sonne scheint, Winde wehen, Segler segeln, Kanuten kanuten, Fischer fischen, Burgerbrater braten Burger, das Leben ist schön, das Meer ist und das Eis ist auch schon fast alle. Hach!
Und weils gar so schön ist und Tonis Navigationsliesel für den Heimweg auch keine bessere Route einfällt, trödeln wir wieder auf dem One auch zurück nach Norden und kommen rechtzeitig kurz vor Sonnenuntergang in Pacifica an. Einmal noch.

Randnotiz: Das “Stille Örtchen” ist offensichtlich Geschichte. Ich war während unseres Ausflugs drei Mal auf der Toilette und wurde drei Mal unfreiwillig Ohrenzeugin eines in der Nebenkabine geführten Telefonats. Wirklich, Welt! Was geht mich an, was Shelley, the slut, am Samstag nach der Party noch getrieben hat? Oder wie typisch es wieder ist, daß Fernando (“Nando” für seine Freunde) das Auto nicht wie ausgemacht in die Werkstatt gebracht hat und sie nun wegen einer Panne hier festhängen? Und will ich wissen, daß Nr. 3 ihre Mutter so sehr liebt, daß sie ihr das selbst beim Pinkeln mehrfach versichern muß?
Das ist ein Trend, der bitte hierbleiben und nicht über den Atlantik schwappen soll.