Aus dem Vokabelheft

Ich hab ja immer wieder Freude an Idiomen, die auf dem Weg in die nächste Sprache den Bezug wechseln.

Beispiel: In meiner aktuellen Lektüre wird ein korrupter Politiker des pork-barrelling bezichtigt. Im deutschen hätte er einen Kuhhandel betrieben.

Es muss an mir liegen…

… dass ich bei diesem Bild heute in der Ausstellung (die Qualität des Fotos ist nicht überragend, ich weiß)

über den Titel “Nonnen im Wald” sehr verwirrt war. Ich war sicher, es handele sich um einen Hexenzirkel.

Kunsthalle: “Jugendstil. Made in Munich”

Weil es das letzte Mal so überlaufen gewesen war, wollte ich im Rahmen des nunmehr wegen Erfolgslosigkeit wieder eingestellten Projektes Mim die Ausstellung noch einmal besuchen und mich heute auf die Themen fokussieren, die mir am Jugendstil besonders Freude machen, wie Möbel, Mode (die Idee des endlich korsettfreien “Reformkleides”), Schmuck, und Textilkunst, namentlich die Stickerei. Ein Hobby, ah, ne, blödes Wort, lieber: eine Beschäftigung, die ich in der Pandemie selbst wieder aufgenommen und dann aber auch wieder nicht mehr betrieben hatte und vielleicht doch wieder will.

Nach längerer U-Bahn-Renovierungsbedingter Anfahrt gleich die erste Überraschung: nur noch ein einziges freies Schließfach für die dicke warme Jacke und das dicke U-Bahn-Buch und drin dann ein Betrieb wie am Stachus um zwölfe. Allein drei Führungen und massenweise Einfach-so-Besucher. Es macht insgesamt genauso wenig Spaß wie an einem überfüllten Wochenende und ich verschaffe mir nur ein einziges Mal Platz, als ich, mit der Nase schon fast am Schutzglas, mit abgenommener Brille die Sticktechnik Berthe Ruchets in Hermann Obrists “Wandbehang mit Alpenveilchen” bzw. „Peitschenhieb“ genauer studieren will und dabei den Alarm auslöse. Fazit: Es sieht so aus, als müsse ich mir für exklusiveren Zugang zu Kunscht und Kultur noch mal was anderes ausdenken.

Im Nachgang werde ich jedoch reichlich entschädigt. Die Sonne hat den Zenit überschritten und bescheint jetzt inzwischen die “richtige” Seite der Theatinerstraße. Und so lasse ich mich mit gutem Kaffee und meinem dicken Baustellenbuch ein Stündchen rösten, schaue nebenher Leut’ und genieße das Sprachengewirr. Das ist dann zwar nicht mehr Mim, aber sehr schön. Sehr sehr schön.

Ja mach’ nur einen Plan*

Weil so ein neuer Lebensabschnitt ja auch gestaltet werden will, habe ich mir Mim ausgedacht. Mim ist die supercoole griffige Abkürzung für “Mittwoch morgens um halb elf” und steht für die unglaublichen Freiheiten, die man als berufstätiger Mensch um diese Tageszeit eher so nicht hat. Nämlich unter anderem die, Mittwoch in der Früh in eine Ausstellung zu gehen oder eine Matinee oder… und dort mutterseelenallein der Kultur zu frönen.

Jaha! Neihein! Von wegen. Ich habs jetzt zwei Mal ausprobiert, letzten Mittwoch und heute, weil ja hätte sein können, dass es am Wochentag liegt, und kann berichten: es funktioniert nicht. Beide Male war’s rappelvoll und beide Male kann ich als mein einziges Verdienst vorweisen, dass ich das Durchschnittsalter gesenkt habe. Aber auch nur das.

Unterdurchschnittlich war noch nie mein Ziel und darum wird Mim hiermit wieder eingestampft. Pah!

* Diese Überschrift fällt, wie leider viel zu vieles, in die Kategorie Brecht hat recht.

Nimmer ganz neu im Kino und schon Oscar-nominiert: “Conclave”

Ich hatte den Film schon vor einer Weile gesehen, aber aus welchem Grund auch immer nicht dazu geschrieben. Nu aber.

Also: er soll alle Oscars bekommen, für die er nominiert ist und noch ein paar mehr. Großartiger Cast, ganz wunderbar inszeniert und die Fotografie? Zum Niederknien. Selten so dermaßen die Beklemmung in der Symmetrie gesehen. Doch! Sehr sehr sehr gut und für die, die in noch nicht gesehen haben: unbedingt empfehlenswert!

Baustelle

Seit Montag empfiehlt es sich für mich, dickere U-Bahnbücher einzupacken, da im Untergrund Bauarbeiten stattfinden, die zur Folge haben, dass ich zwei Mal umsteigen und zwei Mal eine Weile warten muss, um bis in die Innenstadt zu kommen. Ein Umstand, dem ich wahrscheinlich in 14 Tagen nachweinen werde, denn dann ist bis Ende Mai nur noch SEV* und meine Haltestelle komplett gestrichen.

Die MVG informiert schon seit Wochen mit Durchsagen und Aushängen und Info-Flyern in den U-Bahn-Stationen über diese Baumaßnahmen, man hat mir sogar eine Broschüre in den Briefkasten geworfen. Nichtsdestotrotz hat es viele Menschen am Montagmorgen vollkommen überraschend getroffen, dass jetzt gerade nichts mehr so ist wie sonst. Zum Glück für solche Leute gibt es meine Freundin Frau L. aus M. (seit neuestem zarte 78 Jahre alt), die eine sehr hilfsbereite Natur ist und “den alten Leuten” sagt, wo’s lang geht.

* “SEV” steht für Nicht-Öffentliche-Verkehrsmittelbenutzer für “Schienenersatzverkehr” und dafür, dass überfüllte Busse die Menschen, die sonst flott mit der U-Bahn von hier nach da fahren, irgendwohin spedieren.

Ganz frisch in der ARD-Mediathek: “Spuren”

Sehr sehr schön.

Die Serie basiert auf dem Sachbuch “Soko Erle” des ehemaligen Freiburger Polizeisprechers Walter Roth und das ist auch ihr Tenor. In vier Dreiviertelstundenteilen werden Morde an zwei jungen Frauen aufgeklärt. Und zwar in mühseligster Kleinarbeit. Statt spektakulären Y-Schnitten auf Edelstahlseziertischen und coolen Pathologen mit Wurstbroten sieht man Proben, Reagenzgläser, Pipetten und Zentrifugen, statt reißerischer Bilder halbnackter Opfer detaillierte Tatortsicherung und es ist nicht der eine genialische Ermittler mit dem schlimmen Trauma oder sein weibliches Äquivalent, der in einem Geistesblitz alles aufklärt, sondern ein Team, das sich erst zurechtruckeln muss und dann mal müde und erschöpft ist und grätzig untereinander, aber auch, trotz alledem, weitermacht. Immer noch weiter. Selbst, wenn die Aufklärungsarbeit der SoKo sich über mehr als ein halbes Jahr hinzieht.

Großes Drama ohne Drama. Ganz unbedingt empfehlenswert und sehr sehr gut und stimmig besetzt. Ich möchte im übrigen anmerken, dass ich schon im Oktober 2020 darauf hingewiesen habe, dass man sich Liliane Amuat merken soll (s. https://flockblog.de/?p=42701). Die gibt in dieser Verfilmung die Staatsanwältin und macht das ganz ausgezeichnet.

Nachtrag für Frau S. aus D.: Mir will scheinen, dass wir nun die perfekte Arbeitsteilung gefunden haben. Du trüffelschweinst, was deutsche TV-Produktionen hergeben und ich kümmere mich derweil um die Angelsachsen. Anschließend sagen wir die guten Sachen einander weiter. Deal?

Nimmer ganz neu zum Strömen: “The Night Manager”

“The Night Manager” ist ein sechsteiliger extrem atmosphärischer und sauspannender Spionage-Waffenhandel-Thriller, glänzend inszeniert von Susanne Bier, basierend auf einem – stark aktulisierten – Buch von John le Carré und besetzt mit erstklassigen britischen Schauspielern, u. a. Olivia Colman, Tom Hiddleston und Hugh Laurie (Reihenfolge alphabetisch), um nur einmal drei meiner persönlichen Favoriten zu nennen.

Wer sich einen langen Winterabend lang gut unterhalten und in die Welt perversen Reichstums sowie politischer Verstrickungen mitnehmen lassen will, ist mit dieser Kurzserie sehr gut bedient.

Fehlzündungen

“Ich dir, es bringt nix, um den heißen Brei herumzugehen.” Recht hat sie, die Dame hinter mir an der Supermarktkasse.