Well done

Wenn man ein Stück Fleisch erst gründlich wässert, es anschließend auf einer heißen Steinplatte lang, sehr sehr lang simmern läßt, schließlich klopft und haut und massiert und abrubbelt und knetet und immer wieder mit warmem Wasser abspült, dann…

hamamanatolia-logo-120…steigt die Hamam-besuchende Autorin irgendwann auf wie Phönixa aus dem Aschenkastel und kann ihrem reizenden Begleiter gar nicht genug für dieses wundervolle Geschenk danken.

 

Dass wir danach wg. schwerer Entkräftung dem Haidhauser Türken noch die gesamte Speisekarte rauf und runter weggefressen haben?

Heißt unter Fachleuten “Tüpfelchen auf dem Ü”.

Nicht doch… Schnee?

Schlafes trunken und brillenlos vermutete ich in den ungewöhnlich hellen sehr frühen Morgenstunden noch “draußen ist’s aber brumoso”, weil es ja besonders schön ist, wenn man frisch gelernte Vokabeln gleich anwenden kann.

Später stellt sich heraus: der weiße Dreck ist doch bloß wieder nieve und zwar mucha nieve. Jetzt muß ich bloß noch lernen, wie man “Mann, hängt mir das zum Hals raus! Echt jetzt!” sagt.

¡Yo estoy hasta el gorro! ¡De verdad!

Neu im Volkstheater: Kurze Interviews mit fiesen Männern

Oben auf der Kleinen Bühne des Volkstheaters, auf einem raumlangen Laufsteg hinter Fliegengittern spielen Buben Bubenspiele, irgendwo zwischen männlichkeitsstrotzend und Homoerotik. Dazu lassen Regisseur Abdullah Kenan Karaca und Dramaturgin Rose Reiter sie eine Auswahl aus den Fiesen-Männer-Interviews von David Foster Wallace aufsagen.

Ein schwieriges Unterfangen für die mit vollem Körpereinsatz spielenden Jungs (Silas Breiding, Jakob Immervoll und Jonathan Müller), weil sie eigentlich zu jung sind, für das, was sie da verkörpern sollen. Klar, einen Testostoronoutput von grausig vielen BPM* kriegen sie ohne Probleme hin. Auch arme kleine Buben, die ihren Platz in der Welt noch finden müssen und zwischen Muchomacho und Mamakind oszillieren. Allererste Sahne. Aber die wirklich fiesen Männer, die glaubt man ihnen einfach (noch) nicht.

Obwohl einige sehr beeindruckende Momente gelingen, bleibt die Inszenierung insgesamt im Versuchscharakter hängen. Regie und Dramaturgie hatten wohl ein wenig zu viel Respekt vor dem Wort des großen amerikanischen Autors. So kommt es zu Längen. Das Medium Theater hätte da seine Möglichkeiten und wollen hätten sie durchaus wollen, aber dürfen haben sie sich nicht getraut. Schade.

 

* Ich habe keine Ahnung, in welcher Maßeinheit man Testosteronausschüttung mißt. Aber bei der Art der Darstellung scheinen mir beats per minute sehr sehr adäquat.

Chefsache

Im Writers Room der Saturday Night Life Show. George stürmt in den Raum: “Guys, guys, guys, ich habe eine Spitzenidee! Warum lassen wir nicht Alec* am Samstag irgendwas Dummes zu Polar Vortex und Global Warming sagen?”

Seine Kolleg*innen darauf im Chor: “Guten Morgen, Georgie! Darum…”

trump global warming tweet

* Alec Baldwin, Trump-Parodist der ersten Stunde

Unterfahrt: Ambrose Akinmusire Quartet

Gestern Abend, bei der ersten Nummer, bin ich noch mehr so “hmmm, ich weiß ja nicht, ob ich hier richtig bin…” Während der zweiten Nummer wandelt sich das ungute Gefühl in ein gutes, “doch, doch, auf den Musikbeauftragten kann man sich doch verlassen”. Der Groove zieht die bis zum letzten Stehplatz vollgestopfte Unterfahrt in seinen magischen Bann und Ambrose Akinmusire (tp), Sam Harris (p), Harish Raghavan (b) und Justin Brown (dr) spielen uns eine Musik, die wir alle vorher so noch nie gehört haben und die manchmal sehr wundersam nach viel mehr Instrumenten klingt, als man da vorne sehen kann.

Um Mitternacht entlassen sie uns mit nachklingenden Hirnen und Ohren und ich bin noch so erfüllt davon, dass es mir fast gar nichts ausmacht, dass die MVG mich gleich auf beiden U-Bahn-Strecken (U4/5 und U3/6) ihrem “Wir-reparieren-für-Sie”-Umsteige-Marathon aussetzt.

So ein schönes Konzert!

Vom Arbeitsmarkt

Ich tummele mich gerade wieder vermehrt auf Jobbörsen und bin dabei dieser Tage über das Profil eines Patient Avocado Manager (m/f/x) Rare Diseases gestolpert. War offensichtlich so stimulierend für mein noch morgenmüdes Hirn, dass es sofort anerkennend zur Kenntnis genommen hat, dass man wohl im Gesundheitswesen jetzt auch schon stärker auf die Bedürfnisse von Millennials eingeht und zu diesem Zwecke eigens Gemüseberater für seltene Krankheiten anheuert.

Nachdem der Koffeinspiegel der Tageszeit angepaßt war, entpuppte sich der gesuchte Mitarbeiter als Lobbyist (Patient Advocacy Manager). Ich hingegen hatte für den Rest des Tages unbändige Lust auf Guacamole.

Irgendwas isch halt emmr.

Hundsgemein

Grad vorhin in einer Parfümerie gewesen, Geschenk kaufen. Ausweislich des Kassenbelegs hat mich “heute gerne beraten” eine Frau Pickelmann.

Weltgeist, das muß man dir lassen. Du hast schon einen sehr schrägen Sinn für Humor.

Gelesen: Gail Honeyman – “Eleanor Oliphant is Completely Fine”

Manchmal muß frau wohl über 40 sein und schon einiges Leben erlebt haben, um sich hinsetzen zu können und ein so starkes Debüt zu schreiben. Ein kleines, feines Buch. Ein Juwel. Alle Hüte ab vor Ms. Honeyman!

Ihre Eleanor Oliphant ist eine Seelenschwester von Eleanor Rigby. Graumausig, wunderlich, einsam. Nicht ohne Witz und ganz sicher nicht ohne Prinzipien. Strukturiert, organisiert, completely fine. Bis etwas geschieht, das die Abläufe durcheinander bringt. Ich möche niemandem die Freude nehmen, zu entdecken, wie die Autorin die Welt auf ihre Heldin losläßt. Eine Welt, bevölkert von Menschen. Jede/r davon mit feinem Stift gezeichnet, keiner gut, keiner böse. Halt einfach Menschen. Schon das ist eine großartige Leistung.

Wie wir aber gemeinsam mit Eleanor entdecken, wie sie ist, und warum sie ist, wie sie ist und wie sie with a little help from her friends wird, ist schlicht herausragend.  (“I suppose one of the reasons we’re all able to continue to exist for our allotted span in this green and blue vale of tears is that there is always, however remote it might seem, the possibility of change.”) Das ganze Buch ist geprägt von einem sehr trockenen Humor und sehr viel Herzenswärme und sollte dringend gelesen werden.

Los jetzt! Lesen! Lesen! Lesen!

 

PS: Die deutsche Übersetzung “Ich, Eleanor Oliphant” ist bei Lübbe erschienen. Mit einem schwachsinnigen Klappentext, der diese starke Buch über all the lonely people klingen läßt wie irgendeine dahergelaufene Herz-Schmerz-Schmonzette. Den sollte man ignorieren.

PPS: Reese Witherspoon hat sich die Rechte gesichert und ein Film ist schon in Arbeit. Man darf gespannt sein.