Grad mach ichs Maul zu…*

Halloho? Einen blogpost vorher red ich von Timing und dann ist auf amal draußen Schneetreiben? Spinnt ihr jetzt alle?

Frühling, hey! Blaues Band und so. Nix Flöckchen, Weißröckchen! Jetzt reißt euch aber mal am Riemen!

* “Grad mach ichs Maul zu…” ist eine sehr sehr sehr schwäbische Redewendung und bedeutet im Hochdeutschen ungefähr, dass man sich soeben den Mund fusselig geredet hat, um jemand anderen von irgendeinem Unfug abzuhalten und nun Zeuge wird, wie er genau das gerade erst recht tut. Beispiel: “Grad mach i’s Maul zua. Und jetztad? Langt der Seggel voll auf die hoiße Herdblatta no.”

It ain’t you, Babe

Gute Personaler/innen machen sich bei Absagen an Bewerber/innen viele Gedanken. Wie formuliere ich das Schreiben, damit der Mensch am anderen Ende nicht vollkommen demotiviert die Flinte ins Korn wirft und hinfort im schmuddeligen Feinrippunterhemd RTL2 glotzt? Ich kenne das Thema von der anderen Seite des Schreibtisches und habe oft genug an den Formulierungen gefeilt. Freundlich, wertschätzend, ermutigend, so, dass das Unternehmen dem/der Angeschriebenen gut in Erinnerung bleibt. Aber halt trotzdem “Du nicht”?

Das ist nicht leicht und gelingt den wenigsten gut. Meist liegt es daran, dass schon die gängigen Vorlagen unzulänglich sind. Der Job wird nicht einfacher, wenn man aus Angst vor Diskriminierungsklagen nicht ehrlich sagen kann/will/darf, warum der/die Kandidat/in nicht in die engere Wahl gekommen ist. Früher konnte man wenigstens noch einen Trostpreis in Aussicht stellen, indem man vorgab, man werde den Lebenslauf in den “Bewerberpool” aufnehmen, und bei einer geeigneten Position proaktiv auf den/die Bewerber/in zukommen. Geht aber seit Inkrafttreten der DSGVO aus Datenschutzgründen nimmer.

Viele Unternehmen lösen das Dilemma damit, dass sie keine Rückmeldung geben, nach dem Motto “nix xagt isch gnug abgxagt”. Andere nutzen die oben erwähnten Vorlagen, einige wenige geben sich sichtlich Mühe und manche verbiegen dabei die deutsche Sprache zu Formulierungen, dass einem beim Lesen die Plomben schmerzen. Es ist halt so: Nein bleibt Nein. Egal wieviel Schleifchen man darum bindet.

Was übrigens auch gerne unterschätzt wird, ist das Timing. Personaler/innen dieser Welt versetzt euch in die Lage eures Gegenübers und nutzt eure berufsbedingte Empathie. Will heißen: schickt die Absagen für die Woche am Freitagnachmittag raus. Es ist für den Menschen am anderen Ende allemal besser, mit der Information ins Wochenende gehen und die Zeit zum Weitersuchen zu nutzen, als am Montagmorgen zwischen 08:00 und 09:00 Uhr drei Neindankeschreiben nacheinander aufpoppen zu sehen.

Wo ist gleich nochmal mein Feinrippunterhemd?

In der 3SAT-Mediathek: Deutscher Kleinkunstpreis 2019

Preisträger Christian Ehring (Sparte Kabarett), den ich bisher nur von der Heute-Show kannte, hat wirklich was drauf. Dota (Sparte Chanson/Lied/Musik) ist zwar noch sehr jung, reimt aber schon wie ein ergrauter Liedermacher, dass “Grenzen nicht aus Stacheldraht, sondern aus Respekt” bestehen sollten und beamt einen schlagartig in die Siebziger zurück. BlöZinger (Sparte Kleinkunst) kennt eh jeder, der hier ab und zu reinliest (https://flockblog.de/?p=37054). Lara Stoll (Förderpreis der Stadt Mainz), eine noch sehr junge Slammerin, hat mich total begeistert. Auf die sollte man ein Auge haben. Zum krönenden Abschluß (und das meine ich so) bekam Dr. Kurt Ostbahn (Willi Resetarits) den Ehrenpreis des Landes Rheinland-Pfalz und trug mit seine A-Capella-Combo Liedgut in burgenlandkroatischer Sprache vor.

Doch, damit kann man sehr zufrieden sein. Ein hübscher Abend, von Urban Priol nett moderiert.

Ist noch in der Mediathek und lohnt das Reinschauen!

Gelesen: Andreas Eschbach – “NSA”

Das Buch behandelt ein Gedankenexperiment, nämlich, was wäre gewesen, wenn die Nazis bereits über Computer- und Informationstechnologie verfügt hätten, die mindestens auf dem heutigen Stand ist. Nun, der Computer hätte Komputer geheißen, das World Wide Web Weltnetz und ein Paßwort wäre eine Parole gewesen, Bargeld abgeschafft, das Votel (Volkstelefon) neben seiner Funktion als Kommunikations- und Zahlungsmittel ein immerpräsenter Peilsender und ein jeder Mensch vollkommen transparent für den Du-bist-nichts-dein-Volk-ist-alles-totalitären Staat. Soweit, so brillant.

Mir sind in der Zeit in Amerika ein paar Eschbachs entgangen, der letzte, an den ich mich als gelesen erinnern kann, ist “Ausgebrannt”. Nun also “NSA”(die Abkürzung steht für “Nationales Sicherheits-Amt”). Wieder ein ganz typischer Eschbach. Die Idee einfach hinreißend. Die Verknüpfung historischer Fakten mit Dytospie großartig. Die Sprache klar, die Vermittlung komplizierter Sachverhalte gelungen, der Schreibstil flüssig und mitreißend. Aber.

Eschbach kann einfach keine Menschen. Seine Figuren bleiben holzschnittartig, für die (wahrscheinlich vom Verlag als auflagenerhöhend eingeforderten) Sexszenen möchte man sich auch nach dem x-ten Buch noch immer fremdschämen und wieder hat ihm niemand im Lektorat gesagt, dass auch dieses Buch besser geworden wäre, wenn um ein Drittel des Textes gekürzt. Er beginnt furios, dann folgt eine viel zu lange Rückblende, in der er, um im Bild zu bleiben, an den Biographien der Protagonisten herumschnitzt. Im letzten Drittel zieht er noch einmal alle Register und klittert sich die Weltgeschichte zurecht. Das ist dann wieder Holla!

Zum Ende der 800 Seiten löst er die Geschichte seiner Hauptfiguren auf. Das Schicksal der Frau erschließt sich mir nicht recht, dafür ist das des Mannes sehr schön perfide gelöst. Ein echter Eschbach halt.

Soll man des lesen? Ja. Sollte man.

Vom Stellenmarkt

Ich vermute, die Eltern haben das Balg früh ins Internat gesteckt, weil sie dieses ewige “Maaaamaaaa, mir ist laaaangweilig” nicht mehr ertragen haben. Sowas rächt sich…

Traumjob

@Bewerber*innen: es ist Vorsicht angeraten. Ihr zukünftiger Hofnarrenjob ist womöglich bei einem Promi aus Kärnten.

Kindermund

50+x-Geburtstagsfeier. Einige Gäste haben ihren Nachwuchs mitgebracht, alles Einzelkinder. Da die drei Mädchen und der Knabe einander schon lange kennen und inzwischen so um die 12, 13 Jahre alt sind, beschäftigen sie sich im wesentlichen friedvoll mit sich selbst und die Erwachsenen können in Ruhe feiern.

Gegen Ende des Abends, im allgemeinen Aufbruch, erkundigt sich der Vater bei seinem Sohn, wie das denn nun gewesen sei, als einziges männliches Wesen bei weiblicher Überzahl. Der Sohn darauf: “Ach, Papa, lief heute soweit normal. Aber frag’ mich das in zwei Jahren noch mal…”

Nun frage ich mich: ist der Bub nun altklug oder doch eher frühweise?

Jens Harzer, also

Herzlichen Glückwunsch!

Noch schlägt der Googlevorschläger bei der Eingabe von “Jens” den unsäglichen Spahn vor, aber das wird sich sicher bald ändern, theaterbegeistert wie wir Deutschen sind.

Aus!

Jedes weitere schlechte Brexit-Wortspiel ist hiermit verboten und was denen geschehen soll, die sich nicht an diese Regel halten, denke ich mir noch aus. Nur soviel: es wird furchtbar!

Brexit

Libenter homines id, quod volunt, credunt*

Im allgemeinen kann man die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Menschen aus seiner Berufsbezeichnung herleiten. Ein Fliesenleger zum Beispiel wird in den seltensten Fällen ein wegen Mehlstauballergie schlecht beratener und widerwillig in die Baubranche umgeschulter Bäcker sein. Sollte die Berufsbezeichnung Fragen offen lassen, kann man fragen. Zum Beispiel im Verlauf des Telefonats, mit dem man eine Kandidatin zum Vorstellungsgespräch einlädt.

Ganz ganz schlecht ist die Methode, einen Termin zu vereinbaren, die Kandidatin anreisen zu lassen, zu zweit ein knapp zweistündiges sehr intensives Interview mit ihr zu führen und erst in den letzten paar Minuten zu erkennen zu geben, man habe eigentlich immer gedacht, jemand der eine gewisse Position in seinem Lebenslauf zu stehen hat, habe sich vorwiegend mit einem bestimmten Thema auseinandergesetzt. Dem Thema, das der Dreh- und Angelpunkt für die zu besetzende Stelle sei. Und dann ganz und gar fassungslos zu reagieren, wenn einem die Kandidatin sagt, dass die Welt nicht so funktioniert, wie man sich das so zusammenspintisiert.

Meine Fresse! Inklusive Anfahrt mehr als drei Stunden Lebenszeit vergeudet, bloß weil jemand anderer glaubt (!), etwas hätte zu sein, wie er will und dann vollkommen verschreckt reagiert, wenn (seine) Theorie mit der Praxis kollidiert. So eine Erfahrung kann ich mir noch nicht mal als Vorstellungsgesprächstraining schön reden.

 

* Julius Cäsar: “Libenter homines id, quod volunt, credunt” – “Gerne glauben die Menschen das, was sie wollen”.