In vollen ZĂŒgen

Der Zug nach Hamburg ist pickepackevoll, so gut wie jeder Platz schon am Startbahnhof in MĂŒnchen besetzt. Sehr zum Leidwesen der beiden Damen mit den riesigen und offensichtlich sauschweren Hartschalenmonsterkoffern, die schnaufend vor dem pickepackevollen GepĂ€ckregal ankommen und die mĂ€chtigen Dinger gerne bis Leipzsch wohlversorgt wĂŒĂŸten. Darauf die eine in abteilungsfĂŒllender LautstĂ€rke zu ihrer Begleiterin: “Gibt ja keine Schentelmen mehr uff der Weld.”

Von wegen. Zwei Reihen weiter springt ein Mann auf und eilt seinen LandsmĂ€nninen mit den Worten: “Lassen Se misch dorsch. Ich kann Dedris.” zu Hilfe. Wenige Minuten und ein paar Ächzereien spĂ€ter ist alles gut, Koffer und Damen an den vorgesehenen PlĂ€tzen und die Fahrt kann beginnen.

Aus dem Vokabelheft

Liebe Spiegel-Redaktion,
ihr hĂ€ttet die KI-Übersetzung von “Damsel in distress” auch einfach gegenlesen und ĂŒberarbeiten können. Tom Cruise ist nĂ€mlich nicht so. Der rettet auch Damen mit anderem Sternzeichen…

FehlzĂŒndungen

Er habe, erzĂ€hlt ein Freund recht stolz, eine Drohne bekommen. “Sterngefeuert.”

Isch ‘abe kein fliegendes Spielzeug. Aber eine der schönsten Wechstabenverbuchseleien der letzten Jahre gefunden. Gell?

Aus dem Vokabelheft

Neulich im Telefonat mit meinem Freund aus Down Under fĂ€llt der Satz: “I only got crickets (back).” Meinem verblĂŒfften Schweigen entnimmt er, dass ich keine Ahnung habe, wie gerade Grillen in unsere Konversation kommen. Bidde?

Er erklĂ€rt: dieses Idiom verwendet der Angelsachse, wenn ein GesprĂ€ch auf einmal einseitig wird, weil das GegenĂŒber so gar nichts mehr sagt (und man dann eben nur noch die Grillen hört). Find ich hĂŒbsch.

Googles KI weiß auch was:

Es ist vorbei-hei-hei…

… und war sogar der SĂŒddeutschen Zeitung einen Bericht und der MVG herzförmiges Steckerleis wert: die Reparaturarbeiten wurden fristgerecht beendet und die U6 fĂ€hrt wieder!

Gelesen: T. C. Boyle – “The Human Fly and other Stories”

Es konnte angesichts der schieren Menge an SammelbĂ€nden nicht ausbleiben, dass ich irgendwann einen erwische, in dem fĂŒr mich nicht alle Stories neu sind. Aber doch einige, wie zum Beispiel “The Love Of My Life”, in der Boyle sehr arg ans Herz gehend das grausige Ende einer ungewollten Teenagerschwangerschaft erzĂ€hlt. Sein Gretchen-Moment, quasi, denn er hatte, wie Goethe, von der als Ausgangspunkt dienenden wahren Geschichte in der Zeitung gelesen.

Das weiß ich, weil in diesem Band dankenswerterweise der Autor im Nachwort selbst zu jeder Geschichte mitteilt, wie er denn bloß auf die Idee gekommen ist und was er seiner Leserschaft damit sagen wollte. Wobei er sich sehr rĂŒhrend bei allen Heranwachsenden entschuldigt, die gezwungen sind, an seinem Werk fĂŒr Schulnoten Exegese zu betreiben – die Bitte um Verzeihung schließt sogar augenzwinkernd die eigenen Kinder ein.

Es sollte sich herumgesprochen haben, aber ich wiederhole mich gerne: Lesen! Lesen! Lesen!

Neu auf Netflix: “Dept. Q”

Die Vorlage fĂŒr diese in Schottland spielende Netflix-Serie ist die dĂ€nische Verfilmung einer inzwischen auf 10 BĂ€nde angewachsenen Thriller-Reihe von Jussi Adler-Olsen. Quasi ein Erfolgsrezept. Eigentlich kann da nichts schiefgehen. Oder? Von wegen.

Alle haben Trauma. Ausnahmslos alle. Ermittler, Ermittlergehilfen, Ermittlervorgesetzte, StaatsanwÀlte, Politiker, TÀter. Sowie sÀmtliche -Innen. Es wird geschossen und gedroschen, am liebsten auf Köpfe bis sie blutig-matschig im Scheinwerferlicht leuchten. BÀh!

Nach der zweiten von neun einstĂŒndigen (!) Folgen habe ich Maßnahmen ergriffen und mir von eifrigen Reddit-Vollschreibern eine Zusammenfassung der (sehr erwartbaren) Handlung bis zur (sehr erwartbaren) Auflösung geben lassen, wg. Karthasis die letzten 20 Minuten der letzten Folge mit den letzten eingeschlagenen Köpfen angesehen und hatte den Rest des Abends frei fĂŒr was VernĂŒnftiges.

Eigentlich hĂ€tte ich es mir denken können. Ich lese Adler-Olsens BĂŒcher schon lange nicht mehr, weil sie mir viel zu gewalttĂ€tig und blutig sind – es kann ja nicht besser werden, wenn man diese Phantasien auch noch in bewegte Bilder umsetzt.

What an utter shyte!

Rentnerinnen-Report

In meinem neuen Leben steht “Feiertag” synonym dafĂŒr, dass die GeschĂ€fte geschlossen haben. Weil, sonst ist kein Unterschied zum Tag davor oder danach.

Ist das herrlich!