Corona-Schnipsel

# Vorhin, unten auf einem Bankerl. Rechts- und linksaußen je eine alte Dame im coronakonformen Abstand, beide offensichtlich schon etwas harthörig. Zum Gaudium der Passanten diskutieren die beiden in einer dem Hörvermögen der Gesprächspartnerin angemessenen Lautstärke die beste Einlage in die Filtertasche* ihrer Schutzmasken. “Do konnst ois nemma. Zum Beispiel Kaffeefilter,” weiß die eine. “Naaa,” wehrt die andere. “Die warn mr z’schoad. I nimm Damenbinden. [Wehmütig.] Da hob i no so vui. Von früher.”
* Mich erinnern diese “Schieb-da-was-rein”-Stofflagen eher an Push-up-BHs. Ist wohl ein Generationenthema

# Dem Vernehmen nach streifen über die Parkplätze der großen Supermärkte im Speckgürtel mit dem Blockwart-Virus infizierte Menschen und schreiben “auswärtige” Autokennzeichen auf. Dazu fällt mir nur eins ein:

# Immer, aber wirklich immer, wenn aktuell jemand davon erzählt, wie er mit wirklichen Menschen interagiert hat (nicht am Telefon, nicht per Videokonferenz, sondern ganz in echt, von Angesicht zu Angesicht), wird sofort, spätestens im zweiten Satz, der Disclaimer hinzugefügt, dass man – natürlich – den Sicherheitsabstand eingehalten habe. Natürlich.

# Jetzt wäre der Winter endlich vorbei und Brillenträger könnten wieder Ortswechsel von Draußen nach Drin vollziehen ohne zeitweilig zu erblinden, da kommt Corona mit seinen Masken und die Welt sieht aus wie London im November. Hrrrrgggn!

# In meinem Supermarkt sind Einkaufskörbe und -wagen streng rationiert. Wenn der letzte weg ist, muß der nächste Kunde mit dem Zutritt warten, bis wieder einer zurückgegeben wird. Die meisten tun das, virusergeben, wie man halt gerade eher unangenehme Dinge tut. Pragmatisch. Die Drängler unter den Einkäufern rücken einem bei nicht schnell genuger Übergabe so dicht auf die Pelle, dass man ihre sprungbereiten Viren schon fast mit bloßem Auge erkennen kann.

# “Ihr in München seid ja so ein Hotspot” höre ich oft bei meinen vielen Telefonaten mit Menschen aus anderen Teilen der Republik. Und dann wollen sie, teils ehrlich interessiert, teils sensationslüstern, gerne wissen, wie es sich denn so lebt, in Virus HQ. Ich komme mir dann immer ein bisserl doof vor. Statt spannenden Kriegsgeschichten aus Downtown Bagdad habe ich nämlich nur total super Anekdoten von meinen Fahrten zum und vom Büro (heute hatte ich ab Mittag mal wieder das ganze Gebäude für mich allein) und dem Aufenthalt in meinen vier Wänden zu bieten.

Corona-Bilder-Schnipsel

Nächstes Mal bitte durchgehend alliterativ.
Vorschlag: Das Drosten Dossier
So ist das mit Corona.
Und jetzt alle: Marmor, Stein und Eisen brihihicht…
Von O wie Ostern bis O wie Oktober.
Auch bei Oy Corona.
Die Chancen stehen gut, denn…
Ich könnte mich grün und blau ärgern, dass ich nicht das erste Foto, mit dem Voltaren seine Corona-Workouts bebildert hatte, kopiert habe. Da stand die “turnende” Dame nämlich noch mit hochhackigen Schuhen über den Tisch gebeugt, den Kopf neckisch nach hinten gedreht. Wartete wohl auf das 2. Klingeln.
Ehrlich, grün und blau!

Aus dem Vokabelheft

Ein Hunsrücker Kollege ist nach längerer Abwesenheit wieder in die Firma zurückgekehrt und schimpft schwer: “Isch krieg Plack bei dem janze Rabamm hier!” Das einzige, was ich höre, ist “Rabimmel, Rabammel, Rabumm”, bin aber ziemlich sicher, dass er das nicht gemeint haben kann.

Habs mir später übersetzen lassen: “Plack” sei, was zwischen den Zehen wachse, wenn man für einen längeren Zeitraum auf Fußpflege verzichte, “Rabamm” entspreche dem hochdeutschen Begriff “Durschenanner” oder auch Trubel.

In gehobene Sprache transponiert: “Ich fürchte, ich bin gar nicht amüsiert angesichts der hier herrschenden Unordnung”.

Corona española

# “Die Spanier,” sagen Karins spanische Freunde und Bekannte, “spinnen. Todos. Totalmente”.

# In Spanien herrschen wesentlich strengere (und strafbewehrte) Vorschriften als bei uns. Menschenansammlungen, von mehr als einer (1) Person sind verboten. Alle haben Hausarrest. Ausgang ist nur erlaubt, um den Hund auszuführen*, Arzt und Apotheker aufzusuchen oder Lebensmittel einzukaufen. Und zwar flott und dann wieder ab nach Hause! Was dazu führe, dass viele Zeitgenossen ihren “inneren Franco” wiederentdecken und Denunziantentum zum Zeitvertreib gegen Langeweile geworden sei.

# Wie viele Südländer glauben auch Spanier an die allheilende Magie von Chlorbleiche und besprühen großflächig Häuser, Straßen, Autos. Dabei kenne man doch nur einen Menschen, der den Boden abschlecke und der wohne in Italien.

# Wer bloß in Spanien lebe, dort aber nicht von Kindesbeinen an sozialisiert wurde, nutze die Siesta (ein Nationalheiligtum, an dem auch während einer Pandemie nicht gerüttelt werden darf), um in menschenleeren Supermärkten seine Einkäufe zu machen.

* Wenn die gute Fee dem Durchschnittsspanier gerade einen einzigen Wunsch gewährte, dann würde es nicht verwundern, wenn ein inkontinenter Hund weit oben auf der Liste steht.

Gemein

Lektion üben, Lektion abschließen, nächste Lektion. So ist das im allgemeinen, wenn man was lernt. In meinem Online-Spanisch-Kurs (ja, den mache ich noch immer) wird der abgeschlossene Lernschritt durch ein Krönchen in einem dann geschlossenen goldenen Kreis gezeigt. Was habe ich mich neulich beim Scrollen erschreckt, als einige Altlektionskreise wieder Lücken zeigten.

Habe ich mich natürlich sofort daran gemacht, sie durch Wiederholen der Aufgaben rapidamente wieder zu schließen. Bravo, Duolingo! Ihr habt mich genau da erwischt, wo’s einer Perfektionistin wehtut.

Corona-Schnipsel

# Man kann gegen die Hamsterkäufer sagen, was man mag. Figurbewußt sind sie. Warum sonst wären in meinem Supermarkt seit Beginn der Splendid Isolation* die Light-Limonaden konstant ausverkauft?

# Selten in einer Wochenendausgabe so schnell durchs arg dünne Feuilleton gepflügt. Schrecklich, wenn’s gar nichts Neues mehr geben darf aus der Welt von Kunscht und Kultur. Was bleibt ist eine Ansammlung von Nachrufen.

# Ist das typisch deutsch? Diese seltsame Lust am Verbot gepaart mit der Freude, sich der Ordnungsmacht als Erfüllungsgehilfe hinzugeben?

# Wer anderen Schutzmasken wegklaut, der ist ein Pirat. Wenn er Präsident ist, heißt er Pirate-in-Chief (https://bit.ly/2JIhTRp). Schurken sind beide.

# Vorhin zwei Männer beobachtet, die einander wohl schon länger nicht gesehen hatten, und sich mit einem herzhaften Handschlag sowie einer Männerumarmung mit deftigem Dem-Anderen-auf-den-Rückenklopfen begrüßten. Kombiniere: entweder taubstumm oder dumm.

# Sehr über eine britische Arbeitskollegin lachen müssen, die erzählte, dass der Gatte neulich teuerstes ZEWA-Klopapier ergattert habe. 5-lagig. Das an sich sei ja soweit okay, aber sie wisse genau: “After Corona, there is no going back”.

# Wo wir gerade bei Zellstoffprodukten sind. In meiner Wohnung stehen in jedem Eck Tissue-Boxen. Die sind jetzt alle leer, also muß ich demnächst Nachschub einkaufen. Kann ich, wie sonst auch, einen Sixpack nehmen oder ist das dann Hamstern (oder sieht so aus)? Schweres Dilemma. Mache mir echt Gedanken.

# Übrigens: Höflich, gar fürsorglich ist, wer ganz schnell mit dem Lift abhaut, wenn er die alte Nachbarin mit ihrem Rollator heranwackeln sieht.

* Wenn man den “Stay the Fuck at Home”-Zustand ersatzweise Splendid Isolation nennt, klingt er gleich viel erträglicher. Fast wie selbst gewählt. Doch, echt. Probiert’s mal.