Nimmer ganz neu: Die Känguru-Chroniken (Film)

Ich weiß schon, warum ich mir nichts aus Hypes mache. Dieser Levy-Film ist ganz furchtbar bemüht, lustig zu sein und kriegt es einfach nicht hin. Kreuzberg sieht aus wie eine Kulisse, die jemand aufgebaut hat, dem jemand anderer mit eher schlechtem Erinnerungsvermögen die Inhalte eines alternativen Reiseführers aufgesagt hat. Die Figuren, vom Ich-Erzähler Kling angefangen bis hin zum Megakapitalisten Jörg Dwigs kommen über Typen nicht hinaus und die Witze, sowas wie der auf-den-Teppich-pinkelnde-Nazi (der Dude würde sonne Typen noch nicht mal ignorieren), haben ihr Haltbarkeitsdatum schon kurz vor der Wende überschritten. “Du bist hart, aber ich bin Herta”. Wirklich?

Selbst der moderate Betrag, der fürs Streamen fällig wird, ist für diesen Schund noch zu viel.

Nicht angucken.

“Unamerikanisch”

Holla, die Waldfee! Jetzt fahren sie aber wirklich die schweren Geschütze auf. Meine Herren! Lügen, Betrügen, Geld unterschlagen, Frauen mißbrauchen – alles Scheiße, aber irgendwie kommt 45 damit durch. Aber als Vietnamkriegdrückeberger die heiligen Truppen beschimpfen? Das könnte ihm wirklich schaden.

UnAmerican

Donald Trump can’t comprehend what it means to sacrifice. He’s un-American.Serving the nation is the epitome of American honor.

Gepostet von The Lincoln Project am Samstag, 5. September 2020

Gelesen: Katie M. Flynn – “The Companions”

Hmmm. Ja. Hmmm. Also, für ein Debüt ist schon recht viel Schönes dran. Ms. Flynn hat feine Versatzstücke zusammengetragen, Pandemie, Quarantäne, Lagerkoller, Liebe, Haß und sonstiges Gefühlgedöns, außerdem Kalifornien, ja, das ist schon okay. Dazu hat sie sich ausgedacht, dass die böse Metis Corporation die technischen Voraussetzungen entwickelt, menschliches Bewußtsein nach dem Tod der fleischlich-sterblichen Hülle in mechanische Körper hochzuladen. Zu einem Preis, versteht sich: die Rechte an diesen sogenannten “Companions” gehen auf Metis über. Kein Problem für die Reichen und Schönen, die leasen sich und den neuen Kunstkörper für teueres Geld zurück und bleiben ihrem Business und/oder ihren Familien erhalten. Die anderen werden von Metis für alle denkbaren Zwecke in unterschiedlich luxuriösen Ausführungen inkl. Wartungsvertrag an zahlungskräftige Kundschaft verliehen. Die Berechtigung dafür leitet das Unternehmen übrigen aus dem roten Organspenderausweispunkt im Führerschein ab. (Den hat man in Amerika automatisch, es sei denn, man widerspricht aktiv.) Da schürt Flynn ein bissele Paranoia.

Die Geschichte von Pandemie, Quarantänephase, deren Aufhebung und dem Leben danach erzählt sie aus acht verschiedenen Blickwinkeln, aus denen echter und denen künstlicher Menschen, wohl mit dem Ziel, über das Menschsein an sich zum Nachdenken anzuregen. Ja. Nein.

Sie behält die Erzählstränge gut im Griff, löst auch jede individuelle Geschichte ordentlich auf, ganz so, wie es im Creative Writing-Kurs gelehrt wurde. Allein, bei mir ist der Funke bis zum Schluß nicht übergesprungen. Ja, nett, teilweise spannend, aber möglicherweise liegt es daran, dass ich nicht in echt jahrelang zum Schutz vor einem bösen Virus weggesperrt war, dass das Buch nicht zu meinem von der New York Times verheißenen “Quarantine Reader” wurde. Alles ein bissele zu flach und zu vorhersehbar. Muss man nicht lesen.

Ältersein dagegen sehr – Ein Gastbeitrag

Neulich smst mich ein guter Freund an:

Scheints werde ich älter. Und man scheint es mir anzusehen. Dafür gibt es sichere Zeichen. Z.b. wenn dich dein arabisch stämmiger Barbier nach Kopf- und Bartschnitt zum ersten Mal fragt: Augenbrauen auch? So geschehen am Samstag… Tags drauf am Nachmittag im Maxvorstädter Café: während man dem hippen Jungvolk an den Nachbartischen einen QR-code vorlegt, auf daß es sich registriere, bekommen meine Begleitung und ich kommentarlos einen fotokopierten Ausfüllzettel samt Stift… In Bezug auf Sonntag habe ich beschlossen, mich nicht älter sondern lediglich analoger als die Vergleichsgruppe zu fühlen…

Das, werter Herr E. aus M. ist noch gar nichts. Für mich ist neulich im Bus eine Vierergruppe aufgesprungen, weil sie “alle miteinander noch besser stehen können als jemand in Ihrem Alter”. Dabei war ich maskiert.

Kontext

Geht das nur mir so oder wirkt die Filmwerbung in diesem Kontext noch gruseliger, als sie eigentlich ist?

Heimreise

Am Freitagmorgen beginnen die Temperaturen zu klettern, die Sonne strahlt, als wäre sie nie weggewesen, die paar Restpfützchen können gar nicht schnell genug verdampfen. Es will scheinen, dass das Wünschen manchmal doch hilft. Selber schuld, dass ich nicht dran gedacht habe, auch freie Fahrt vorzubestellen. Nächstes Mal dann.

Aber erst mal ist es schön: ich rolle vor mich hin, am mariengewandblauen Himmel übt sich ein Maler in Wolken. Alle in weiß, da reicht seine Phantasie wohl nicht sehr weit, aber sonst? Holla! Eine sehr schöne Auswahl an Schleier-, Schäfchen-, Feder-, Flaum-, noch mehr und viele andere. Doch, sehr gelungen. Er spielt sich mit Arrangements, Einzelwolken oder Paare, oft ganze Schulen. Doch, doch, ich bin sicher, Wolken sind wie Fische und treten in Schulen auf. Bäume und Büsche am Straßenrand sind schon voll im Training. Irgendwann wird er kommen, der Herbst. Morgen oder in drei Tagen, ganz bestimmt aber übernächste Woche und da wollen sie in Bestform sein und ihre Farben können. Aktuell sind nur leichte Ahnungen sichtbar, bis auf den einen oder anderen zugewanderten Angeber, der schon mal vorauseilend rot glüht.

Die ersten Vogelschwärme üben sich in Formationsflügen. Sie werden auch dieses Jahr nach Süden reisen, Corona hin oder her. Ist ja keine Vogelgrippe, dieses Mal nicht. Man möchte sie sich auch gar nicht mit Nasen-Schnabel-Schutz vorstellen müssen. Hach! Süden. Einfach wegfliegen… Oh Mann, wenn ich doch ein Vöglein wär… Bin ich aber nicht.


Ich stehe im Stau und werde ständig angeblinkt, dass ich eine Rettungsgasse… bzw. dass ich gefälligst als Risikogebietrückkehrerin in Quarantäne*… und schon wieder geht es eine Wagenlänge weiter. Während ich so stoppe und goe komme ich drauf, warum ich trotzdem schön tranquillo bleibe. Ich nehme die Situation hin. Andere nehmen sie persönlich. Die kriegen dafür Magengeschwüre. Ja, Sie Hintermirhuper, danke für den Hinweis, dass jetzt ganze drei Wagenlängen auf einen Streich vor mir frei sind. Man wird doch noch mal so vor sich Hindenkeln dürfen, ey? Hat wahrscheinlich Bauchweh, der arme Mann.

Dieser Stau ist zu Ende, wir fahren alle wieder. Vorbei an Stoppelfeldern, die mich ins Sinnieren bringen, wie sehr ich diese Jahreszeit im Dürrekalifornien vermisse. Dieses Braungraudörrgelb, teils durchzogen von kontrastierendem Brandwundenschwarz in einem gerade zu irrsinnig strahlenden Licht… Baustelle. Wir stehen wieder. Für die nächsten 20 Minuten ist meine einzige Lektüre die Aufschrift auf dem Laster vor mir “Ob nah ob fern mit Johannsmann fährt auch ihr Pferd gern”. Nehme mir vor, für die nächste Fahrt einen roten Edding einzupacken, um die Rechtschreibung auf im Stau vor mir stehenden Fahrzeugen verbesseren zu können. Zeit genug wäre gewesen. Wie ich im Vorbeifahren sehe, spricht das Unternehmen auf der Heckseite noch von “Pferdetransporten”, auf der Breitseite sind daraus schon “Pferdereisen” geworden. Spintisiere mir den Reisebüroprospekt zusammen. “Abenteuerurlaub in der Camargue, Seite an Seite mit den wilden Brüdern durch die Gischt”, “Auch du bist ein Tänzer – Bildungsurlaub in der Hofreitschule in Wien”… ah, wir stehen wieder. Im nächsten Stau darf ich über “Rolladen, Raffstoren, Textilschatten” und Pluralbildung im Allgemeinen und im Besonderen nachdenken und darüber, was ein “Textilschatten” sein könnte und ob sich der Begriff wohl als Schimpfwort eignet: “Du hast ja wohl einen Textilschatten, ey!”

Fahren. Stehen. Fahren. Stehen. Aus den geplanten fünf sind fast sieben Stunden geworden. Dominique Horwitz hat mir seine Version der Dreigroschenoper zwei Mal vorgetragen, dann war ich wieder im Empfangsbereich von Bayern 2 und 5 und irgendwann zu Hause. Öfter muss ich solche Ochsentouren nicht haben, habe mich aber gefreut, dass ichs alleine gepackt habe. Ist ja gut zu wissen, dass mans kann, wenn mans mal braucht.

* Wenn ich jetzt behaupten würde, der Hunsrück sei ein Risikogebiet, wäre mir wahrscheinlich die ganze Region beleidigt. Ich habe mich diese Woche eh schon in die Nesseln gesetzt, als ich im Meeting Unverständnis darüber äußerte, dass ein Kollege nicht gerne ins Ausland reisen will, weil ihm dort bis zu zwei Wochen Quarantäne im Hotelzimmer drohen. Ich glaube nicht, dass ich damit Umstände hätte, bei voller Bezahlung auszuschlafen und einen Stapel Bücher in Ruhe weglesen zu dürfen. Nicht, wenn das Zimmer einen Sonnen-Balkon hätte, der Room-Service mir regelmäßig zu essen und zu trinken brächte, und für die lesefreien Zeiten ein Internetzugang vorhanden wäre. Die haben mich angeguckt, als käme ich von einem anderen Planeten.

Das gute Kind…

…hat wieder wunderschöne Trostwitze in den Hunsrück geschickt. Zum Beispiel diesen:

Koffer ist seit fünf Minuten gepackt. Morgen ist Freitag: noch ein paar mehr Stunden arbeiten, tanken und dann ab auf die Straße, endlich wieder nach Hause. Ich hoffe sehr, dass sämtliche Regen- und Staugötter sich ein langes Wochenende gönnen und falls noch irgendeine Fee einen Wunsch zu verschenken hat: Frau Gute Fee, wie wärs mit Beamen, bitte?

Reise zum Ende des Sommers

Auf meinen vielen Kilometern Autobahn in den letzten beiden Tagen (gestern: von München zu meinen Eltern, heute von dort auf den Hunsrück) in landwirtfreundlichen “ergiebigen Regenfällen” ist mir aufgefallen, wie sehr ich Brücken mag. Diese kurzen ruhigen hocherholsamen Momente mit klarer Sicht… von mir aus könnte man die ganze Autobahn überdachen. Hah! Des Weiteren habe ich festgestellt, dass man hierzulande inzwischen zur XXL-Baustelle neigt. Wer unter 10 Kilometern und einem saftigen Stau bleibt, ist als Autobahnbauer ein totaler Loser. Man sollte nicht glauben, wie voll die Straßen am frühen Samstagnachmittag sein können; ich gehe stark davon aus, dass viele von denen mit den Blinkeschildern gemeint sind, als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet möge man gefälligst nicht über Los fahren, sondern sich direkt in Quarantäne begeben. It ain’t me und ich bin überhaupt eine Stunde später als üblich schon fast da. Zum Glück war ich nicht zum Kochen eingeplant.

Der Fernseher dröhnt mir schon auf der Straße entgegen, meine Eltern sind also wohlauf. Wie schön. Als ich reinkomme, darf ich mich gleich dazusetzen. Meine Mutter erklärt die gerade laufende Quizshow. “Hier spielen Schauspieler gegen Zivilisten.” Ich kenne keinen, nicht die Promis, nicht die Gegenspieler, nicht den Quizmeister. Ich schließe den Mann allerdings schon bei der zweiten Frage ins Herz: “Wer mag laut eines ihres größten Hits keine Montage?”, was er wie [mɔnˈtaːʒə] (von montieren) ausspricht und damit große große Verwirrung stiftet. Nett. Einer rät mal wild, dass es nur um Metallica handeln könne und ich finds doppelt nett. Bob Geldof hätte es ihm bestimmt verziehen. Mehr passiert in der Sendung leider nicht.

Dann kommt wieder Echte-Verbrechen-Fernsehen mit supersonderschlechten Darstellern und in beiden Fällen ist was mit Kindern. Grauselig. Ich weiß gar nicht, was schlimmer ist. Dass alle erst mal der Kinderschänderei verdächtig sind oder dieser wohlige Voyeursgrusel.

1. Fall: Süßes kleines Zahnlückenblondinchen quasi unter den Augen des osteuropäischen (!) Kindermädchens vom Spielplatz weggeklaut. Bestimmt waren das böse osteuropäische Kinderdiebesgangs. Oder mindestens das auswärtige Au Pair. Die herbeigerufenen biodeutschen uniformierten Polizisten klären auf (inklusive einer nicht autorisierten Hausdurchsuchung sowie Befragung einer Minderjährigen ohne Zeugen “Komm doch mal mit mir mir, Kleine, ich hab ein paar Fagen.”) War nämlich alles ganz anders: Die Mutter hat’s Kind im Keller versteckt, weil der Gatte mit der Nanny techtelmechtelt.

Im 2. Fall verschwindet eine Siebzehnjährige (hübsch, gescheit, sportlich und (!) Star in der Theater-AG). Keine Frage, der Deutschlehrer wars. Die Rufmordküche brodelt, der sei doch schon aus der letzten Schule… jahaha… da weiß man doch gleich, woher der Wind… Den nimmt er den testosterondünstenden Vertretern der Ordnungsmacht sofort aus den Segeln: weil, er sei schwul. Daraufhin deduzieren die Uniformierten seine Unschuld: “Dann interessiert der sich nicht so für Frischfleisch.” “Ne, weil der steht ja auf Männer…” und ermitteln weiter. Nicht nur finden sie die Schuldige, eine Mitschülerin, eifersüchtige Mitbewerberin um die Gunst des Deutschlehrers, nein, sie finden auch das lebende “Mordopfer”, weil es halt gar nicht so einfach ist, eine Meisterschwimmerin zu ersäufen. Meiner Mutter taten die beiden Mädchen sehr leid, weil sich bei dem Streitobjekt “die Zankerei gar nicht gelohnt” habe. Gut, dass wir das klären konnten.

Schlimmer kanns auf dem Hunsrück nimmer werden.

US-Wahlkampf

Ich würde mir so wünschen wollen, dass es Menschen in 45s Wahlkampfteam gibt, die ihn auch nicht “four more years” haben wollen und die darum sabotieren, wo sie können. Nicht nur, dass sich die Kampagnenverantwortlichen die domain www.maga2020.com nicht schützen hat lassen, mit der Meidas Touch nun feinsten Fug treibt, nein, auch www.keepamericagreat.com gehört “dem Feind”, nämlich dem Biden-Unterstützer-PAC Biden for President. Und die listen auf der Seite genüßlich, ausführlich und fact-checked lauter Versprechen auf, die der Mango Mussolini nicht gehalten hat.

and now for something completely different meme - Google Search | Monty  python, Monty python flying circus, Python

Übrigens, Outfits wie das olivfarbene ausgehuniformähnliche Kleid, das Melania bei ihrer “Donald-ist-ein-guter-Mann”-Ansprache auf der Convention getragen hat, nennt man in der Modewelt “Fascion” (s. https://www.urbandictionary.com/define.php?term=Fascion) und das klingt nicht versehentlich wie “Faschismus”.

Ich habe inzwischen um ein teures Abendessen gewettet, dass Biden gewinnt. Das würde bedeuten, Trump und die Trumpites verlieren möglichst haushoch und er, sie (und Amerika) schaffen es, damit umzugehen.

Das Geld gäbe ich sehr gerne aus. Meine Zuversicht schwindet allerdings gerade.