Auf meinen vielen Kilometern Autobahn in den letzten beiden Tagen (gestern: von München zu meinen Eltern, heute von dort auf den Hunsrück) in landwirtfreundlichen “ergiebigen Regenfällen” ist mir aufgefallen, wie sehr ich Brücken mag. Diese kurzen ruhigen hocherholsamen Momente mit klarer Sicht… von mir aus könnte man die ganze Autobahn überdachen. Hah! Des Weiteren habe ich festgestellt, dass man hierzulande inzwischen zur XXL-Baustelle neigt. Wer unter 10 Kilometern und einem saftigen Stau bleibt, ist als Autobahnbauer ein totaler Loser. Man sollte nicht glauben, wie voll die Straßen am frühen Samstagnachmittag sein können; ich gehe stark davon aus, dass viele von denen mit den Blinkeschildern gemeint sind, als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet möge man gefälligst nicht über Los fahren, sondern sich direkt in Quarantäne begeben. It ain’t me und ich bin überhaupt eine Stunde später als üblich schon fast da. Zum Glück war ich nicht zum Kochen eingeplant.
Der Fernseher dröhnt mir schon auf der Straße entgegen, meine Eltern sind also wohlauf. Wie schön. Als ich reinkomme, darf ich mich gleich dazusetzen. Meine Mutter erklärt die gerade laufende Quizshow. “Hier spielen Schauspieler gegen Zivilisten.” Ich kenne keinen, nicht die Promis, nicht die Gegenspieler, nicht den Quizmeister. Ich schließe den Mann allerdings schon bei der zweiten Frage ins Herz: “Wer mag laut eines ihres größten Hits keine Montage?”, was er wie [mɔnˈtaːʒə] (von montieren) ausspricht und damit große große Verwirrung stiftet. Nett. Einer rät mal wild, dass es nur um Metallica handeln könne und ich finds doppelt nett. Bob Geldof hätte es ihm bestimmt verziehen. Mehr passiert in der Sendung leider nicht.
Dann kommt wieder Echte-Verbrechen-Fernsehen mit supersonderschlechten Darstellern und in beiden Fällen ist was mit Kindern. Grauselig. Ich weiß gar nicht, was schlimmer ist. Dass alle erst mal der Kinderschänderei verdächtig sind oder dieser wohlige Voyeursgrusel.
1. Fall: Süßes kleines Zahnlückenblondinchen quasi unter den Augen des osteuropäischen (!) Kindermädchens vom Spielplatz weggeklaut. Bestimmt waren das böse osteuropäische Kinderdiebesgangs. Oder mindestens das auswärtige Au Pair. Die herbeigerufenen biodeutschen uniformierten Polizisten klären auf (inklusive einer nicht autorisierten Hausdurchsuchung sowie Befragung einer Minderjährigen ohne Zeugen “Komm doch mal mit mir mir, Kleine, ich hab ein paar Fagen.”) War nämlich alles ganz anders: Die Mutter hat’s Kind im Keller versteckt, weil der Gatte mit der Nanny techtelmechtelt.
Im 2. Fall verschwindet eine Siebzehnjährige (hübsch, gescheit, sportlich und (!) Star in der Theater-AG). Keine Frage, der Deutschlehrer wars. Die Rufmordküche brodelt, der sei doch schon aus der letzten Schule… jahaha… da weiß man doch gleich, woher der Wind… Den nimmt er den testosterondünstenden Vertretern der Ordnungsmacht sofort aus den Segeln: weil, er sei schwul. Daraufhin deduzieren die Uniformierten seine Unschuld: “Dann interessiert der sich nicht so für Frischfleisch.” “Ne, weil der steht ja auf Männer…” und ermitteln weiter. Nicht nur finden sie die Schuldige, eine Mitschülerin, eifersüchtige Mitbewerberin um die Gunst des Deutschlehrers, nein, sie finden auch das lebende “Mordopfer”, weil es halt gar nicht so einfach ist, eine Meisterschwimmerin zu ersäufen. Meiner Mutter taten die beiden Mädchen sehr leid, weil sich bei dem Streitobjekt “die Zankerei gar nicht gelohnt” habe. Gut, dass wir das klären konnten.
Schlimmer kanns auf dem Hunsrück nimmer werden.