In einer eineinhalb-seitigen Gemeinschaftsanzeige in der Wochenend-SZ beschwören sie nahezu verzweifelt die Wiesn in den Wirthäusern. Wer sie sind? Alle, die üblicherweise in den letzten beiden Septemberwochen mehr Geschäft machen, als sonst im ganzen Jahr. Die Taxigenossenschaft, die Apfelglasierer, die Kruschtverkäufer. Ein Gasthaus wirbt mit seiner “Traditionellen Atmosphäre”, ein anderes veranstaltet ein “Little Oktoberfest”. Bilder von toten Steckerlfischen sind untertitelt mit “Sie kennen keine Pause”, das Referat für Arbeit und Wirtschaft der Stadt München (vulgo verantwortlicher Wiesnveranstalter) verheißt mit seinem Sammler-Edition-Oktoberfest-Maßkrug 2020 “ein Symbol der Hoffnung und Vorfreude auf das nächste Oktoberfest” und geht in der Bildunterschrift marketingmäßig total über sich hinaus: “Der Krug 2020 ist besonders hübsch”. Ganz besonders herzzereißend sind die Dirndlschneiderinnen, die sich viel Kundschaft in die Läden locken wollen, “weil die Leute jetzt Zeit [hätten], sich einmal ausführlich mit einem Gwand für die nächsten Saisons zu befassen”. Genau. Weil man sich grad jetzt etwas auf den Leib schneidern läßt, wo noch ein Corona-Winter vor einem liegt. Aber gut. Wenn’s d’Leit glücklich macht. Vor mir aus. Ich finde die diesjährige Oktoberfestvariante ausgesprochen angenehm – wenn ich schon nicht wegfahren kann, stört sie wenigstens weniger als sonst.
Es soll angeblich sogar eine Wiesnbierkerze der Firma Candle Brew geben. Na dann. Eine Maß einschenken und ein Kerzerl anzünden, das hat in Bayern schon immer geholfen.





