Neu auf Netflix: “The Thursday Murder Club”

Der Film entspricht voll umfänglich den in ihn gesetzten Erwartungen. Das meine ich im Wortsinne und nicht mit abwertender Konnotation – er ist ganz genau so, wie ich in mir vorgestellt habe.

In England’s greenest hills, im englischen Traumsommer spielt eine englische Traumbesetzung englische Traumrollen. Helen Mirren, die Königin (sehr netter Drehbuchgag, das!) und brillante Ex-Agentin, Ben Kingsley ein weiser alter Gentleman, Pierce Brosnan ein rumpeliger Ex-Gewerkschaftler, Celia Imrie, die Great-British-Bake-Off-dauerunterschätzte Witwe, der wunderbare Jonathan Pryce, ein alter Autor mit beginnender Demenz, zwischen leuchtend luziden Momenten und dunkler Orientierungslosigkeit oszillierend, der herrliche David Tennant den dauerüber- und durchgedrehten Bösewicht, Daniel Mays, Vorgesetzter und Depp und Naomi Ackie, gescheit, schwarz, weiblich das Odd Police Couple und last but not least Henry Lloyd-Hughes, ein schuldlos-schuldiger Ausländer mit dunkler Vergangenheit.

Sehr nett geraten. Sehr “cozy”, wie der neue Modebegriff für diese Literatur-/Filmgattung heißt. Regisseur Chris Columbus hat Richard Osmans Romanvorlage (s. https://flockblog.de/?p=50225) treulich und liebenswert umgesetzt, man darf sich auch auf die (bestimmt) noch kommenden Verfilmungen freuen. Leider sind Alan Rickman und Maggie Smith wegen Ablebens nicht mehr verfügbar, aber ich bin sicher, dass dem Publikum andere Größen präsentiert werden werden.

Nicht dringend, aber ideal, um an einem kühleren Herbstabend mit prasselndem Kaminfeuer anzuschauen.

Isch over

“Ja”, sagt die Freundin, in deren Garten ich diese Woche zu einem sommerlichen Picknick-Lunch geladen bin, “das wird er jetzt wohl gewesen sein, der letzte Sommertag.” Wir genießen ihn auch vorbildlich, aber ich möchte anmerken, dass nach einer solch miesen Performance (26 Regentage im Juli, ich bin immer noch nicht ganz drüber, wenn ich es denn je sein können werde) der Herbst sehr viel gutzumachen haben wird.

Zur Philosophie des Nichts*

Kann etwas, das es nie gab, nicht gibt, nie geben wird, eigentlich unvollständig sein? Ich frage für den Sommer 2025 und möchte lösen: Ja, geht. Wie? Nun…

Nun. Printmedien haben traditionell in der heißen Jahreszeit, unabhängig davon, ob es im Juli überhaupt einen Sommer gibt oder nicht (26 Regentage, halloho), ein Loch zu füllen. Und weil noch mehr Berichte über das erratische Verhalten alter Männer eher dazu führen, dass die wenigen noch unterhaltenen Abonnements auch noch gekündigt werden, gilt es, eine neue Sensation zu finden. Was liegt da näher als die gemeine Nacktschnecke als Reportagenheldin? Nein, ich habe das nicht erfunden. Hier:

Die zur Rettung vor den Terrorschleimern gerufenen Freunde und Helfer halten sich ebenfalls an die ungeschriebenen Sommerlochregeln und dokumentieren den erfolgreichen Einsatz mit einem besonders originellen Bericht: “Nachdem die Nacktschnecke durch die Polizeibeamten zur Schnecke gemacht, über die Reviergrenzen belehrt und auf eine angrenzende Wiese verbracht wurde, konnten die Anwohner ihre Nachtruhe endlich fortsetzen.

Mission accomplished. Loch zu. Abonnentenzahl stabil.

* Nachfolgend der schönste aller Loch-Texte mit großem Dank an Peter Panter (Kurt Tucholsky, 1928), ganz arg schön vorgelesen von Jürgen von der Lippe:

“Morgens um 7 ist die Welt noch in Ordnung”…

…war vor sehr vielen Jahren der Titel eines Bertelsmann-Buchclub-Vorschlagsbands (fragt Oma), mit dem ich als Leseanfängerin einen meiner ersten selbständigen Ausflüge in die Welt der, ich nenne es einmal wohlmeinend, Literatur unternahm.

Kann nunmehr empirisch bestätigen, dass die Aussage nicht der Wahrheit entspricht. Es werden hier unten im Innenhof nämlich nicht nur Bäume beschnitten, sondern auch die Dachgartenwohnung direkt gegenüber kernrenoviert. Und zwar ab halb sieben, soviel Handwerkerehre muss sein.

Ich arbeite noch an einem Fluch, aber er wird ganz sicher nässende Juckfurunkel an schlecht erreichbaren Körperstellen enthalten. Und Zahnschmerzen, so wie mein Lieblingsfluch aus dem Jiddischen: “Alle Zähne sollen dir ausfallen. Nur einer soll bleiben – für Zahnweh.” Ja, richtig. Ich bin unausgeschlafen und ganz und gar not amused.

“Früh buchen heißt Meer vorfreuen”…

…steht auf dem großen Werbeplakat in der S-Bahn-Station.

Nun gut, dann kann ich mir die Wartezeit auf den Zug damit verkürzen, bei diesen Leuten einen hohen Betrag für die Schlechte-Wortspiel-Kasse einzufordern.

Na? Geld her, ihr Sprachverderber.

Nostalgie-Kino: “Ninotchka”, 1939

Nochmal Lubitsch, nochmal ein Grund, sich vor dem großen Meister zu verbeugen. Der Inhalt in drei Sätzen: Die russische Revolution war finanziell kein Erfolg und man schickt Funktionäre in die Welt, das zaristische Tafelsilber (nunmehr “Eigentum des Volkes”) meistbietend zu verscherbeln. Die drei nach Paris geschickten Apparatschiks erliegen den Verführungen des Kapitalismus und sollen nunmehr von einer nachgesandten extrem linientreuen Sonderbeauftragten (Greta Garbo) zur Räson gebracht werden. Geht schief.

Liebenswert und so gekonnt luftig-leicht augenzwinkernd komisch und die Weltlage, in der der Film veröffentlicht wird, so ganz anders und so furchtbar, dass Lubitsch die Opening Credits mit diesem Disclaimer schließt:

Anschauen! Anschauen! Anschauen!

Gelesen: Ian Rankin – “Resurrection Men”

Vorrede: Ian Rankin (seit 2022 “Sir” Ian Rankin) schreibt seit 1987 Kriminalgeschichten um den schottischen Ermittler John Rebus aus Edinburgh. Man nennt dieses Genre übrigens sehr treffend “Tartan Noir”. Inzwischen sind Rankin und Rebus beim 25. Band angekommen; ich habe einen Großteil davon mit großer Freude gelesen und es steht zu hoffen, dass Rebus noch nicht so bald in Pension geht.

“Resurrection Men” ist 2002 erschienen, der 13. Band in der Reihe, sauspannend, sehr schottisch und wenn jemand gerade auf der Suche nach einem schönen Krimischmöker für seine Ferien ist, so suche er oder sie nicht länger, sondern leihe sich meinen und genieße die Lektüre.

Morgenstund hat Krach im Mund

Dem flockblog-Team ist es durch unermüdliche (na ja, müde waren die Agenten schon…) investigative Ermittlungsarbeit gelungen, Einblick in die “Goldenen Regeln” der Hausmeister-Akademie zu bekommen.

  1. Morgenstund ist allen Lärmes Anfang.
  2. Was du jederzeit könntest besorgen, mache es am frühen Morgen.
  3. Ist mit Motor das Gerät, nutz es lieber früh als spät!
  4. Ist kein Motor in Näh, kannst klopfen du und hämmern oder doch den Mäh-
    Traktor anwerfen.
  5. Dein Lebensmotto sei: Ich mache Krach. Also bin ich. Ach.

Die Auszeichnung “summa cum laude” wird den Absolventen verliehen, die es fehlerfrei beherrschen, am lautesten unter Einsatz der meisten Gerätschaften und Maschinen die höchste Dezibelzahl zu erreichen. Einen zusätzlichen Fleißstern erhält, wem dies regelmäßig zur frühestmöglichen Morgenstunde gelingt.

Diese Woche wurden bei mir im Innenhof Bäume beschnitten. Zu diesem Behufe wurde montags unter lauten Rufen mit mehreren schweren Fahrzeugen auf der Wiese eine Art Hochfahrkran mit manngroßem Korb am Ende mit viel “Vorsicht-ich-fahr-rückwärts”-Schrillgepiepe in Position gebracht. Dann war später Vormittag und für diesen Tag die Arbeit getan. Am nächsten Tag begannen Astschneidearbeiten. Sehr früh, damit Bäume und Äste noch schlaftrunken sind und, vom Angriff mit der heulenden Motorsäge überrascht, keine Gegenwehr leisten. Das erlegte Geäst anschließend mit dem großen Rasenmähroboter mit Schaufelaufsatz unter viel Motoraufheulen zum Häcksler Modell Fargo spediert. Anschließend läuft das Teil, knirschend, scheppernd, kreischend klopfend, umstanden von fleißigen Mannen. Schulterklopfen, Freude. Man hätte eigentlich ein kleines Grillfest erwartet. Der mit dem vorsichtshalber ebenfalls mitgeführten Megalaubbläser läßt seine Maschine mitdröhnen, nicht, dass irgendein Krach nicht gemacht wird.

Am nächsten Tag dasselbe wieder. Das Investigativteam hat schon ganz kleine Augen. Am Donnerstag Regen. Und Ruhe. Freitag ist Freutag, keiner lärmt. Aber Obacht. Das Hochfahrding steht noch rum. Die sind mit ihrem Krach noch nicht durch und ich fürchte schon jetzt um meinen Morgenschlaf in der nächsten Woche.

Es stimmt schon: ich habe mir, seit ich in der Rentnerei bin, nie mehr einen Wecker gestellt. Brauch ich ja auch nicht, hab ja die Meisterschüler da unten. Hrrrgggnnn!