Jugendwort 2022: Gommemode?

Gibt man Gommemode als Suchbegriff ein, stellen die meisten Ergebnisse einen Zusammenhang zu Minecraft her und geben als Bedeutung sowas wie “unbesiegbar” oder “unbezwingbar” oder “sehr stark” an.

Es sei denn, man befragt Schweizer. Dortzulande ist Gommemode negativ konnotiert und bedeutet “Gammelmode”. (2. Definition von unten.)

Summertime… And the livin’ is easy

Voll easy. Also mein Leben derzeit. Volle Kanne. Ein über den anderen Tag fahre ich irgendwohin auf Besuch, genieße die Schönheiten meiner bayerischen Heimat Bayern und werde nach Strich und Faden verwöhnt. Hach! Und man muss auch einmal eine Lanze für den Katholizismus in Bayern brechen, Herrgott nochamal. Wäre am Montag nicht Mariä Himmelfahrt, wäre mein Urlaub gestern schon halb rum gewesen. Aber weil wir ja hierzulande immer dann extra traditionstreu sind, wenn es uns nutzt, habe ich noch einen Extratag geschenkt bekommen. Gelobt sei, wer hier in Bayern die Feiertage befiehlt.

An einem Tag, an dem andere arbeiten müssen, gondele ich durch eine Gegend, in der andere Urlaub machen und weil auf der Autobahn viel los ist und ich Zeit habe, lasse ich mich vom Navi auf Landstraßen leiten und habe da sehr viel zu gucken. Auf den Wiesen liegen träge fette Kühe und hängen mit gerunzelten Stirnen bovinen Gedanken nach. Der Mais steht hoch, wird aber von Sonnenblumen überragt, die übers ganze Gesicht strahlen. Was Gras war, wird zu Heu geschnitten, die Getreidefelder sind schon abgeerntet und die Stoppeln strahlen unter der freundlichen Sonne in jenem Gelb, in dem ich ganze Kollektionen gestalten würde, wäre ich denn eine große Couturière. Bin ich aber nicht, und drum kann ich hier alles einfach sein lassen und mich an den matter werdenden Farben ergötzen. Hach!

Und da bin ich auch schon angekommen im Sommerhaus meiner Freundin und das Verwöhnen kann beginnen. Ich hatte mir zu Mittag einen Biergartenbesuch gewünscht – und einen ganzen Biergarten habe ich bekommen. Nicht irgendwo mit Hinfahren, nein, gleich bei ihr im Garten. Liebevoll hat sie ein Brotzeitbrett mit Köstlichkeiten aus lokalen Spezialitäten arrangiert und gute Vorsätze (weniger Kohlenhydrate) hin, weiße Brezn und Seelen und Spezialsalzstangen her – Mann, es ist Sommer, ich habe gerade mal eine Woche Ferien und außerdem: Leben und leben lassen.

Eben. Also legen wir die Beine hoch, schwätzen dies und das, schauen in den Himmel und den Apfelbaum und sehen seinen Äpfeln beim Reifen (dicker – runder – roter) und der Zeit beim Vergehen zu. Hach! Als Teil des Deluxeverwöhnprogramms werden mir mundgerecht geschnittene sonnenwarme Apfelschnitz angereicht und darüber wird es irgendwie Abend.

Schwalben flitzen hoch über uns, das verspricht, wie wirs von den jeweiligen Omas gelernt haben, auch morgen wieder einen heißen Tag. Hach! Als in der Dämmerung ein bleicher schiefer Fastschonvollmond aufgeht, nehmen sich ganze Schnakenhorden ihre 15 minutes of fame und tun sich an jedem unbedeckten Stück Haut gütlich, dann ist aber auch Ruhe. Schwalben schlafen, Wespen schlafen, Schnaken schlafen und das Rindvieh in den Ställen rundum muht sich zur Ruhe. Nur die Herren und Damen Glühwurm, die zu den Dinnerlichtspielen gebucht waren, verpassen ihren Auftritt. Na gut. Das ist zwar schade, reicht aber nicht einmal für Punktabzug. Weil, sonst ist alles Hach!

Der Landluft ist die Tageszeit egal. Sie nutzt jedes noch so kleine Lüftchen für einen Abstecher in die Städterinnennase, die dann nicht anders kann als rümpfen. Das, schwöre ich, ist aber nur ein Reflex und hat mit Kritik gar nichts zu tun.

Mit großem und vielem Dank reise ich wieder ab und wenn mich die Gastgeberin (doch, doch, das musst du auf dir sitzen lassen…) nicht von sich aus zum Wiederkommen eingeladen hätte, hätte ich’s selbst getan.

HACH!

Veggie-Love

Um die Beziehung der beiden jungen Menschen im U-Bahn-Nebenvierer muss es recht gut bestellt gewesen sein, denn sie neckten einander die liebe lange Fahrt über.

Für mich war das Geplänkel längst zum Hintergrundgeräusch geworden, muss aber zugeben, dass ich doch aufhorchte, als der Jungmann die nunmehrige Gesichtsfarbe seiner Angebeteten mit den Worten kommentierte: “Du wirst ja rot wie eine Kartoffel!”

Lysistrata, zweiter Nachtrag

Mein Lieblingsversprecher (vom Schauspieler sehr geschickt eingefangen):

Sagen hätte er sollen: “List und Trug”, beim Vokalewürfeln ist dann herausgekommen “Lust und Trick”.

Dafür steht dem tapferen Soldaten der athenischen Armee ein Nachtragsbeifall mehr als zu. Applaus!

Lysistrata, erster Nachtrag

Man hat sich bei dieser Produktion sehr um die Fleischwirtschaft verdient gemacht. Ich denke, es gibt nach diesem Abend niemanden mehr, der nicht “weiß, wo der Hammel hängt”.

Neu auf Amazon: “Paper Girls”

Ich reagiere ja immer mit leicht angespanntem Grusel, wenn ein von mir hochgeschätztes Buch verfilmt wird. Ob die Besetzung wohl stimmt? Was macht es aus, wenn sich die Bilder bewegen? Wie ist die Musikauswahl? Manchmal wird die Ursprungsidee richtig gut umgesetzt und das neue Medium trägt dazu bei, die Wahrnehmung der Rezipientin zu erweitern. Oft geht es ins Hemd.

Womit wir bei der Verfilmung des Comics “Paper Girls” der Herren Brian K. Vaughan (Autor) und Cliff Chiang (Artist) wären. Vaughan ist seit seinen Comics “Y – The Last Man” (Artist: Pia Guerra) und “Saga” (Artist: Fiona Staples) festes Mitglied in meinem persönlichen Olymp. Bei beiden Serien konnte ich es immer kaum erwarten, bis der nächste Band endlich erschien, beide sind zu Recht mit allen namhaften Preisen des Genres mehrfach ausgezeichnet.

Vaughan und Chiang agieren als “Executive Producers” der Amazon-Serie und ich war kurz der Hoffnung erlegen, dass das der Verfilmung möglicherweise dienen könne. Tut es nicht. Die Drehbücher wurden vielmehr so heruntergedummt*, dass Selberdenken komplett vermieden werden kann. Da, wo in den Comics noch eine gewisse, wenn auch krude Logik die Verletzungen des Raum-Zeit-Kontinuums erklärbar macht, macht sich die Serie gar nicht erst die Mühe. Hauptsache, es wird eine Alexa untergebracht.

Gar nichts gutes? Doch. Die Mädchen sind wunderbar typgerecht besetzt: Sofia Rosinsky als Mackenzie (“Mac”) Coyle, ein kratzbürstiges Tomboy-Geschöpf mit White-Trash-Hintergrund; Fina Strazza als KJ Brandman, die klassische Jewish Princess und ein echtes Tough Cookie, wenn’s drauf ankommt; Riley Lai Nelet als Erin Tieng, Abkömmling chinesischer Einwanderer, deren erste Lektion im Leben war, bloß nie und unter keinen Umständen aufzufallen und last but not least Camryn Jones als Tiffany Quilkin, Kind eines schwarzen Ärztepaares und extrem gescheit. Alle Wandel und Entwicklungen, die ihnen ihre Zeitreisen abverlangen, machen sie sehr glaubhaft durch.

Ihre erwachsenen Ichs sind schlimme Klischees und die wenigen Männer, die vorkommen, sind sehr eindimensional, sehr Klischee, dumm oder grausam oder beides.

Nein, das muss man sich nicht antun. Selbst der Cliffhanger, der eine zweite Staffel rechtfertigen soll, ist so lahm, dass man das Gefühl hat, die haben während der Produktion irgendwann selber die Lust verloren.

Lieber rausgehen, Biergarten, See, Mondanschauen. Alles besser.

* “Herunterdummen” ist direkt aus dem Englischen “to dumb down” übersetzt. Ich weiß nicht, ob der Begriff im Deutschen schon gängig ist, der Duden kennt nur bis dato nur “herunterdimmen”. Ich allerdings wünsche ihn hiermit umgehend einzuführen, weil ich nicht weiß, wie ich dieses Phänomen in meiner Sprache sonst ausdrücken soll. Wenn sich die Duden-Redaktion dann bitte ans Werk machen könnte.

Déjà-vu

Gestern früh beim Zeitungen online querlesen machten alle vier (SZ, SPON, FAZ und ZEIT) mit einem Foto von Trump als Redner auf dieser furchtbaren Konservativen-Konferenz in Dallas auf.

Nicht schon wieder!

Ich fürchte mehr und mehr, dass Donald wieder kandidiert, auch wenn DeSantis sich sehr anstrengt, Kandidat zu werden. Ich fürchte außerdem, dass das einzige, was nach den Midterms spannend wird, die innerparteilichen Kämpfe der Republikaner sein werden.

Dieses Mal traue ich mich fei nicht mehr, auf einen Wahlsieg der Demokraten zu wetten… (Sorry, Frau R. aus M.).

Rating

Meine Gastgeber*innen… Da gehts doch schon los: wie gendert man das nun richtig, damit klar wird, wieviele das sind und welchen Geschlechts? Hmmm? Und ist das dann schon wieder verkehrt? Hmmm?

Also, anders: die Menschen, die sich immer um die Beschaffung der Karten kümmern und mich aufnehmen, füttern, tränken und bei sich schlafen lassen, haben um eine Bewertung meiner Gast*innen-Experience in ihrem Hause gebeten. Ich mache sowas ja dann gerne gscheid und habe sicherheitshalber die Kriterien überprüft. Hier: https://www.hotelstars.eu/de/deutschland/system/mindestkriterien/

Wißt ihr was?

Bewertet euch doch selber!

Ich danke, wie immer, für Gesellschaft und Gespräche, acht-schichtige Torten, hausgemachte Pizza, Chauffeursleistung, Höchstleistungen in Mixologie, die Überlassung des Betts, feline Weirdos, Frühstück, Kartenbesorgen und alles, was ich jetzt vergessen habe.

Schee wars.

Theater in Braunau: “Lysistrata – Friede, Freude, Eierkuchen”

Meine übliche Drei-Länder-Theatersommer-Tour fand dieses Jahr gestern Abend in Österreich statt. Danke, Corona.

Aber, man soll ja nicht herumjammern, weil das eh nicht hilft, sondern sich vielmehr freuen, dass überhaupt ein Theater stattfindet in diesem seltsamen Wir-spielen-Post-Pandemie-Sommer und davon erzähle ich jetzt.

An der Inn-Brücke, die Deutschland und Österreich verbindet oder trennt, je nachdem, wie man das auslegen möchte, ist jetzt nicht mehr alleine die grottenhäßliche “Aenus-Skulptur” zuständig für Kunst am Bau, sondern auch ein bronzener Gockel namens Walter, dem die schwere Verantwortung auferlegt wurde, ein “positiver Botschafter für Braunau” zu sein. Nicht einfach. Aber da haben wir Walter auch schon passiert und finden schließlich endlich einen Parkplatz. Beim Billa. Gleich hinter dem Geburtshaus.

Aber wir sind ja nicht wegen dieser Geschichte hier, sondern wegen der alten Griechen. Des alten Griechen, eigentlich, Aristophanes. Autor einer Antikriegskomödie, deren Inhalt verkürzt mit dem “Make Love Not War”-Slogan der Hippiebewegung gegen den Vietnamkrieg beschrieben werden kann.

Sie lösen das sehr schön, da im Bauhoftheater. Lysistrata (Nadine Konietzky), mit den schönsten Extensions von hier bis ins Kleinwalsertal, sammelt die führenden Frauen aus den griechischen Provinzen um sich, darunter Boris Schumm als comic-relief-Waschweib, mit himmelblaue Unterröck’ und einer Verbeugung vor der Mutter aller Spitzenwäscheträgerinnen aus dem Gailtal. Außerdem Valerie Zach, verletzt, aber tapfer, was sie in mehrfachem Sinne zum idealen Provinztrampel macht; Jennifer Kastiner, eine ganz herrliche Proll-Schlampe; Sarah Spermann, eine Widergängerin von Mama Cass und Carmen Jahrstorfer als Myrrhine und einzig rechtmäßige Erbin des begehbaren Schuhschranks der Dame Marcos, wenn die endlich mal Zeitliche segnet.

Ja und dann This-is-Sparta-Lampito, gegeben von Dita Sommerauer. Blonde arschlange Dreads und ein Punk-Outfit zum Fingerabschlecken. Der Requisite ist es offensichtlich sogar geglückt, gleich zwei spike-besetze BHs aufzutreiben. Da aber auch Spartanerinnen nur zwei Brüste haben, wurde das andere zweigeteilt und als Schulterpolster zweckentfremdet. Nein, nicht zweckentfremdet. Ideal besetzt. Herrlitsch! Die ganze Figur durchgehend die helle Freude! Was? Ja, ich bin großer Dita-Fan! Merkt man das?

Dieser Weiberhaufen beschließt nun also einen Sexstreik. Und, mindestens ebenso wichtig, verschanzt sich mit der Athener Kriegskasse auf der Akropolis. Keine Kohle, kein Krieg. Liebe (und Eierkuchen) erst, wenn aus den Soldaten wieder zivile Ehemänner geworden sind. Sie legen einen heiligen Schwur ab, der in dem Ruf gipfelt “Wie werden siegen!”. Darauf die sehr engagierte Dame auf dem Platz neben mir “Ja! Des Gfui hob i a.”

Ja dann. Es hat sie nicht getrogen.

Dann passiert sehr viel Slapstick. Salami-Sticks, Bananen, breitbeinige Leidensgänge, begossene Maulhelden, Popkulturzitate. Das Publikum auf dem Kirchplazt zu Braunau johlt vor Freude und ich alte Spaßverderberin finde manche der Gags schon sehr flach. Aber es haben so viele Menschen Spaß, dass ich jetzt auch wieder mit dem Maulen aufhöre und stattdessen den Chor der Damen Ambrosia, Elektra, Ariadne, Despina (Gabriele Pointner, Elke Kaiser, Julia Empl (1 Extra-Hach für Gesang!), Bernadette Prähofer) noch einmal ganz besonders hervorhebe und lobe. Meine Fresse, meine Damen! Sehr sehr schön!

Ortner & Dorfner & Bauer haben wieder eine prächtige Produktion auf die Bühne gestellt, und da wir eher aus Dusel die Derniere erwischt hatten, haben wir alle alle beklatscht, die im Hintergrund zum Gelingen beigetragen haben und jetzt endlich auch einmal nach vorne gerufen wurden. Viele. Sehr viele. Das habt ihr gut gemacht. Das dürft ihr wieder tun.

Ich freue mich schon auf nächstes Jahr!

PS: Ich merke eben beim Durchlesen, dass die Inszenierung bei mir offensichtlich sehr gut funktioniert hat. Denn natürlich haben auch Männer mitgespielt. Aber so durchgehend als Verlierer gezeichnet, dass ich vollkommen vergessen hatte, sie zu erwähnen. War aber keine Absicht, die Herren. Ihr habt eure Jobs gut gemacht – ohne euch hätten die Kolleginnen nie so überzeugend wirken können.

Ich weise aber aus gegebenem Anlass noch einmal darauf hin: “Jeder nur ein Kreuz.”