Meine übliche Drei-Länder-Theatersommer-Tour fand dieses Jahr gestern Abend in Österreich statt. Danke, Corona.
Aber, man soll ja nicht herumjammern, weil das eh nicht hilft, sondern sich vielmehr freuen, dass überhaupt ein Theater stattfindet in diesem seltsamen Wir-spielen-Post-Pandemie-Sommer und davon erzähle ich jetzt.
An der Inn-Brücke, die Deutschland und Österreich verbindet oder trennt, je nachdem, wie man das auslegen möchte, ist jetzt nicht mehr alleine die grottenhäßliche “Aenus-Skulptur” zuständig für Kunst am Bau, sondern auch ein bronzener Gockel namens Walter, dem die schwere Verantwortung auferlegt wurde, ein “positiver Botschafter für Braunau” zu sein. Nicht einfach. Aber da haben wir Walter auch schon passiert und finden schließlich endlich einen Parkplatz. Beim Billa. Gleich hinter dem Geburtshaus.
Aber wir sind ja nicht wegen dieser Geschichte hier, sondern wegen der alten Griechen. Des alten Griechen, eigentlich, Aristophanes. Autor einer Antikriegskomödie, deren Inhalt verkürzt mit dem “Make Love Not War”-Slogan der Hippiebewegung gegen den Vietnamkrieg beschrieben werden kann.
Sie lösen das sehr schön, da im Bauhoftheater. Lysistrata (Nadine Konietzky), mit den schönsten Extensions von hier bis ins Kleinwalsertal, sammelt die führenden Frauen aus den griechischen Provinzen um sich, darunter Boris Schumm als comic-relief-Waschweib, mit himmelblaue Unterröck’ und einer Verbeugung vor der Mutter aller Spitzenwäscheträgerinnen aus dem Gailtal. Außerdem Valerie Zach, verletzt, aber tapfer, was sie in mehrfachem Sinne zum idealen Provinztrampel macht; Jennifer Kastiner, eine ganz herrliche Proll-Schlampe; Sarah Spermann, eine Widergängerin von Mama Cass und Carmen Jahrstorfer als Myrrhine und einzig rechtmäßige Erbin des begehbaren Schuhschranks der Dame Marcos, wenn die endlich mal Zeitliche segnet.
Ja und dann This-is-Sparta-Lampito, gegeben von Dita Sommerauer. Blonde arschlange Dreads und ein Punk-Outfit zum Fingerabschlecken. Der Requisite ist es offensichtlich sogar geglückt, gleich zwei spike-besetze BHs aufzutreiben. Da aber auch Spartanerinnen nur zwei Brüste haben, wurde das andere zweigeteilt und als Schulterpolster zweckentfremdet. Nein, nicht zweckentfremdet. Ideal besetzt. Herrlitsch! Die ganze Figur durchgehend die helle Freude! Was? Ja, ich bin großer Dita-Fan! Merkt man das?
Dieser Weiberhaufen beschließt nun also einen Sexstreik. Und, mindestens ebenso wichtig, verschanzt sich mit der Athener Kriegskasse auf der Akropolis. Keine Kohle, kein Krieg. Liebe (und Eierkuchen) erst, wenn aus den Soldaten wieder zivile Ehemänner geworden sind. Sie legen einen heiligen Schwur ab, der in dem Ruf gipfelt “Wie werden siegen!”. Darauf die sehr engagierte Dame auf dem Platz neben mir “Ja! Des Gfui hob i a.”
Ja dann. Es hat sie nicht getrogen.
Dann passiert sehr viel Slapstick. Salami-Sticks, Bananen, breitbeinige Leidensgänge, begossene Maulhelden, Popkulturzitate. Das Publikum auf dem Kirchplazt zu Braunau johlt vor Freude und ich alte Spaßverderberin finde manche der Gags schon sehr flach. Aber es haben so viele Menschen Spaß, dass ich jetzt auch wieder mit dem Maulen aufhöre und stattdessen den Chor der Damen Ambrosia, Elektra, Ariadne, Despina (Gabriele Pointner, Elke Kaiser, Julia Empl (1 Extra-Hach für Gesang!), Bernadette Prähofer) noch einmal ganz besonders hervorhebe und lobe. Meine Fresse, meine Damen! Sehr sehr schön!
Ortner & Dorfner & Bauer haben wieder eine prächtige Produktion auf die Bühne gestellt, und da wir eher aus Dusel die Derniere erwischt hatten, haben wir alle alle beklatscht, die im Hintergrund zum Gelingen beigetragen haben und jetzt endlich auch einmal nach vorne gerufen wurden. Viele. Sehr viele. Das habt ihr gut gemacht. Das dürft ihr wieder tun.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr!
PS: Ich merke eben beim Durchlesen, dass die Inszenierung bei mir offensichtlich sehr gut funktioniert hat. Denn natürlich haben auch Männer mitgespielt. Aber so durchgehend als Verlierer gezeichnet, dass ich vollkommen vergessen hatte, sie zu erwähnen. War aber keine Absicht, die Herren. Ihr habt eure Jobs gut gemacht – ohne euch hätten die Kolleginnen nie so überzeugend wirken können.
Ich weise aber aus gegebenem Anlass noch einmal darauf hin: “Jeder nur ein Kreuz.”