Welches Tief ist denn aktuell Schuld an der Saukälte in Deutschland? Irgendwie habe ich den Überblick verloren, was unter anderem daran liegt, daß man ja zu nix mehr kommt, wenn man samstags in Früh schnell den nötigsten Wochenendhaushaltspflichten nachkommt, damit viel Zeit für den “Bitch” bleibt (O-Ton Sam – so sprechen Mexikaner den Strand aus). Nun aber hurtig, Ebbe in Moss Beach ist um halb drei.
Die Sonne strahlt, kaum ein Lüftchen ist fühlbar, Windbreaker und warmer Pulli können im Auto bleiben, ein Hoodie für später reicht. Ich hüpfe den lieben langen Nachmittag von Tidepool zu Tidepool und finde: einen Seestern, sehr viele Seeschnecken, -schlängelein und -Anemonen, noch mehr Steine in allen Farben mit einem, zwei, drei, vielen Löchern, Einsiedlerkrebse, winzige Fischlein, Bagels, einen Gummistiefel, dicke Wichtigtuerkrebse, Tanginstallationen, Rotblattpflänzlein, Blaublattpflänzlein, einen Fisch in Familiendinnergröße … Die hereinkommende Flut spült stetig Neues nach und die Möwen machen einen Mordsradau, wenn man frech zwischen ihnen und ihren Frischfutternachschub steht und üben sich im Zielkacken.
So, nun aber los, zum Sunsetkaffee in Pacifica. Oben auf dem Bänkchen noch schnell den Sand aus den Crocs geschüttelt (häßliches Schuhwerk, aber ideal für tidepooling) und dabei mit Ann und Steven ins Gespräch gekommen. Sie sind vor einem Jahr aus Detroit, Michigan in die Bay Area umgezogen, weil er für GM und jetzt für Tesla Motoren entwickelt. Darum kennt Steven auch Deutschland gut (Zuffenhausen, Ingolstadt und Wolfsburg). So nach und nach zieht es die Familien mit Kindern, Eimerchen und Schäufelchen nach Hause, es wird still, Kormorane, Pelikane und Möwen lassen sich am Ufer nieder, um abendzuessen, Wellenberge türmenn sich hoch und zerstieben in Gischtwolken, Seelöwen lassen sich zu Wasser und es wird kühler (ich bin so dankbar um das Hoodie und Schuhe und Strümpfe). Unsere Bank ist nach Westen ausgerichtet und in trautem Schweigen sehen wir die Sonne sinken, kitschpostkartengemäß in Glutrot. Einfach schön.
Ob ich nicht manchmal Heimweh nach Deutschland hätte, hat mich neulich ein Kollege gefragt. An Tagen wie heute (20° plus incl. Pazifik) weiß ich nicht einmal, was das Wort bedeutet.