“The Citi never sleeps – Cihiti-Bahank”

Frau Gandhi hingegen versteinert förmlich. Es ist ihr anzusehen, dass sie gerade bei allen verfügbaren Göttern darum fleht, dass ich nicht schon wieder ausgerechnet an ihrem Schalter vorspreche. Schon blöd, dass alle Kolleginnen gerade jetzt Pause machen, niemand sonst ansteht und nur ein (ihr) Schalter besetzt ist. Da müssen wir jetzt wohl durch, Frau Gandhi. Ich habe nicht umsonst meine Ausbildereignungsprüfung mit Erfolg bestanden, also fange ich erst mal mit einer einfachen Wiederholungsübung an und zahle einen Scheck aufs Firmenkonto ein. Frau Gandhi seufzt tief (wahrscheinlich aus Gram über die ignoranten Götter) und fängt an zu tippen. Nach dem Betätigen der Enter-Taste schaut sie konsterniert, erst auf den Monitor, dann auf mich. “My computer does not accept your check.” Ich bleibe ganz ruhig und frage, wie seit einem Jahr ca. zwei Mal pro Woche, ob sie denn berücksichtigt habe, dass das Konto in New York geführt wird. Hat sie – natürlich wie seit einem Jahr ca. zwei Mal pro Woche – nicht. Sie wechselt die Eingabemaske und tippt alles nochmal, die Buchung geht durch, sie händigt mir den Einzahlungsbeleg aus. “Thank you for your business.”

Nicht doch, Frau Gandhi, das war erst der Anfang. Ich gebe ihr wieder einen Scheck, dieses Mal von der Firma auf mich ausgestellt, den sie “cashen” soll, weil ich Bargeld für meine Portokasse brauche. Nicht mit Frau Gandhi. Die will, dass ich den Scheck auf mein Privatkonto einzahle und dann Bargeld am Automaten hole. Nicht mit mir. Ich will, dass wir das machen wie immer, Scheck gegen Cash. Wir beginnen ein längeres Gespräch. (Frau Gandhi hat eine solche Transaktion noch nie durchgeführt, Bargeld gebe es nur dann, wenn der Scheck von mir auf mein Konto ausgestellt wäre (ich spare mir die Frage nach dem Sinn dieser Aktion). Mir hingegen ist es nicht recht, dergleichen Kontobewegungen auf meinem Privatkonto zu haben, da wittert die IRS gleich wieder irgendetwas Fischiges). Na schön, lenkt sie ein, sie kann mir Geld geben, wenn ich mich irgendwie legitimiere. Ich wiederhole: ich komme seit einem Jahr ca. zwei Mal pro Woche in Geldgeschäften in dieser Filiale vorbei. Leicht genervt und von einem kleinen Teufel geritten, gebe ich ihr meine Visitenkarte und lege meinen deutschen Personalausweis vor. Frau Gandhi seufzt tief und schwer: ob ich denn nicht irgendeine Form von gültiger ID hätte? Ich bin gnädig und gebe ihr meinen US-Führerschein. Jetzt aber. Frau Gandhi tippt wie wild, drückt “Enter” und wieder passiert nix. Ich erwähne beiläufig, dass es sich um das in New York geführte Konto handelt – und Frau Gandhi wechselt die Maske, tippt wieder und voilà, es hat funktioniert und ich bekomme die Kohle. “Thank you for your business.”

Nichts da, Frau Gandhi, ich hätte da noch ein Anliegen. Sie schaut verzweifelt zum mittlerweile besetzten Nebenschalter und würde sich gerne spontan krank melden oder wenigstens den Beruf wechseln, allein, ich komme so langsam in Fahrt. “Mein Chef hat seine Bankkarte verloren und ich würde gerne eine neue für ihn bestellen.” Das, da ist Frau Gandhi ganz sicher, das geht nicht. Doch, Frau Gandhi, das geht. Ich habe nämlich eigens bei der Hotline angerufen (30 Minuten meiner Lebenszeit), mit dem Resultat, dass dergleichen Bestellungen die lokale Filiale gerne für mich machen werde. Also, Frau Gandhi, pack ma’s. Was müssen wir tun?  Frau Gandhi zieht sich zur Beratung mit der Filialleitung zurück. Seufzend kommt sie wieder. Ich müsse mich legitimieren. Klar, kein Problem, wieder der Führerschein von eben? Die Daten habe sie ja wohl noch? Hat sie nicht. Sicherheitshalber erwähne ich den New York Account, bevor sie anfängt, die driver license noch einmal neu abzutippen. Maske wechseln, alle Daten erneut eingeben, zum dritten mal den Chefnamen buchstabieren und schon sind wir soweit: die neue Karte wird Anfang Dezember zugestellt werden. Noch rasch die Enter-Taste und Frau Gandhi versteinert mit zusammengekniffenen Augen und gefährlich gerunzelter Stirn und seufzt herzzerreißend – der Computer will nicht. Ich werde langsam böse. Was ist jetzt wieder? Ich arbeite in einer Softwarefirma, drehen Sie das Ding doch mal her zu mir. (Ich komme mir vor wie an einer Unfallstelle: “Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt!”) Und richtig, gleich oben in der Maske kann man auswählen, ob es sich um ein Business- oder ein Privatkonto handelt und Frau Gandhi hat nichts von beidem genommen. Wir machen das korrekte Kreuzchen und siehe da, wir erhalten eine Bestellbestätigung. Super! “Thank you for your business.”

Neihein, Frau Gandhi, wir machen weiter. Folgendes: wir bekommen trotz mehrfacher Abmeldung immer noch Kreditkarten für einen früheren Mitarbeiter zugeschickt und ich will das jetzt ein für alle mal abstellen. Frau Gandhi zeigt Anzeichen klammheimlicher Freude: das falle nun wirklich nicht in ihren Zuständigkeitsbereich, da müsse ich zu Janet von der Businessabteilung. Und die ist gerade auf einem Kundentermin und ich müsse eben ein anderes Mal wiederkommen. “Thank you for your business.”

Das haben Sie sich so gedacht, Frau Gandhi. Jetzt kommt meine erste echte Gemeinheit. Ich habe hier argentinische Pesos, können Sie mir die bitte in US-Dollar umtauschen? Kann sie nicht, sie kann sie aber an die Devisenabteilung einschicken, gesetzt den Fall, der Wert liege über 1,000 Dollar. “Weiß ich nicht, Frau Gandhi. Können Sie das bitte prüfen?” (Wußte ich natürlich, waren knapp $25.) To make a long story short: Argentinien gibt es nicht, die Währung auch nicht. Ich habe die Lesung der Länderliste dieses Mal schon bei Belgien rüde abgebrochen (https://flockblog.de/?p=11755) und meine bunten Banknoten wieder eingepackt. “Thank you for your business.”

Ich hatte so gar keine Lust mehr auf Frau Gandhis Seufzen und bin deswegen für meine Bargeldeinzahlung zum hochmodernen Automaten (wo man noch nicht mal mehr einen Geldumschlag braucht und die Maschine das Geld zählt). Leider hat der die Annahme zweier Scheine verweigert, weil es sich nicht um ein gültiges Zahlungsmittel handle. Hmmm. Wieder zurück zum Schalter, Frau Gandhi ist gerade frei und haßt es. (Ich erwäge, einen Aufnahmeantrag bei den Gorgonen zu stellen.) “Hallo Frau Gandhi, der Bankautomat akzeptiert diese beiden Scheine nicht, die Sie mir gerade gegeben haben” “No.” Weder habe sie mir Scheine gegeben (ich habe die Banderole noch in der Hand), noch könne ich diese gegen andere umtauschen. Und nun? Frau Gandhi schweigt. Dann seufzt sie. Aber ich gehe nicht weg. Wir schweigen uns ein bißchen an, dann kommt mir eine Idee: Kann ich sie vielleicht auf mein Konto einzahlen? Das, so seufzt sie, sei möglich. (Dass sie damit die Ungültigkeitserklärung des Automaten ad absurdum führt, wen schert’s?) Und wir betreiben für 40 Dollar den ganzen Terz mit dem New York-Konto zum gefühlt hundertsten Male an diesem Tag. Grrggghhh! “Thank you for your business.”

Ich glaube, ich sollte zur Entspannung mal wieder auf die Post gehen…

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