Gelesen: Timothy Snyder – “Über Tyrannei – Zwanzig Lektionen für den Widerstand” (Illustriert von Nora Krug)

Gleich zu Beginn will ich eine Lanze brechen. Und zwar für die ZpB (in lang: Zentralen für politische Bildung; die URL der bayerischen hier: https://www.blz.bayern.de/#), die neben Unterrichtsmaterialien und Veranstaltungsreihen auch eine große Auswahl an Literatur zur Preisen weit unterhalb des gebundenen Buchpreises bereitstellen.

So auch dieses Werk von Snyder, in dem er sich intensiv mit Geschichte und unserer Verpflichtung, aus ihr zu lernen, auseinandersetzt und Handreichungen gibt, wie das gelingen könnte. Nora Krug, deren Graphic Memoir “Heimat. Ein deutsches Familienalbum” ich mit Begeisterung (aber offensichtlich, ohne diese Begeisterung zu verbloggen) gelesen habe, findet dazu eine sehr kongeniale Bildsprache.

Ich würde das Werk gerne für Heranwachsende verpflichtend auf dem Lehrplan im Geschichtsunterricht vorfinden, sehe aber viel Nutzen darin, wenn auch ältere Menschen es lesen und beherzigen.

Das Ende ist nahe!

Vorhin, in der Kassenschlange im Supermarkt, verkündet die Druckausgabe der Bild-Zeitung den Untergang des Abendlandes. Oder mindestens den Deutschlands…

Nimmer neu im Kino: “Wicked Little Letters”

Der Film war ganz genau so, wie ich ihn erwartet hatte. Nur noch viel lustiger, bösartiger und voller kleiner kreativer Freiheiten, die ihn erst so richtig sehr gut machten. Eine Besetzung vom Allerfeinsten, allen voran natürlich die göttliche Olivia Colman, als bigotte Jungfer, für deren Mimik man noch einmal Extrapreise ausloben sollte. Wie überaus großartig.

Aber auch die anderen, natürlich, Jessie Buckley als Freigeist in einer engstirnigen Kleinstadt (wunderbar, dieses Set), Timothy Spall als gottesfürchtiger und doch so furchtbar kleiner Patriarchentyrann und die von mir sehr geschätzte Joanna Scanlan als selbständige Schweinebäuerin. Was bin ich froh, dass ich mich seinerzeit mit dem Casting-Oscar durchgesetzt habe – das ist wieder eine der Produktionen, die ihn verdient.

Das kann, nein, soll, nein, muss man anschauen und sich richtig gut und gescheit unterhalten lassen. Los. Die kalten Abende kommen…

Buchclub

Ich will ein Buch verschenken, das in Deutschland nicht aufzutreiben ist, wohl aber in meiner ehemaligen Gastheimat. Der Buchhändler sieht das als Chance, mir sofort seinen Newsletter zuzuschicken und weil er wohl eher davon ausgeht, dass jetzt Booktokker seine neue Kundschaft sind, schickt er mir Rezensionen als Bildchen. Und weil er zu erkennen glaubt, dass ich aus einem andersprachigen Land komme, gleich in meine übersetzt. Habe ich ihm dieses eine Mal durchgehen lassen, weil der Kritiker ganz offensichtlich Yoda war. Unter Pseudonym zwar, aber unverkennbar.

Gelesen: Mick Herron – “The Secret Hours”

Ein Buch wie ein Drehbuch. Man könnte es, genau wie die anderen Slough House-Spionagethriller vom Blatt weg verfilmen. “Wie die anderen”? Genau. Herron leistet sich die Chuzpe, diesen quasi-Prequelband noch nicht einmal damit zu bewerben, dass man hier die Vorgeschichte von… aber, pssst. Klarnamen werden nicht genannt. Die Identität der Protagonisten muss sich die Leserschaft schon selbst zusammenreimen.

Macht Spaß, und ist wie üblich sehr leichtfüßig und unterhaltsam geschrieben, aber… Möglicherweise habe ich mich an dem Genre einfach ein bißchen überlesen und muss mir nun etwas schwerere Kost zuführen..

Gelesen: Valentina Grande (Autorin) und Sergio Varbello (Artist) – “Bauhaus – Die illustrierte Geschichte”

Das liebevoll gemachte Buch fiel mir neulich in einem Museumsshop auf, aber bevor ich es wie geplant verschenke, will ich mir doch lieber selbst einen Eindruck verschaffen.

Sehr gute Wahl. Das Medium Bildgeschichte passt nicht oft so gut wie hier beim Bauhaus und für einen Einstieg in die Vision der Einheit von Handwerk und Kunst ist es diese die bisher beste ihrer Art.

Was freue ich mich auf das Gesicht des Beschenkten beim Auspacken…

Gelesen: Jörg Maurer – “Niedertracht” (Alpenkrimi)

Ich hätte es wissen können. Erstens: Regionalkrimi. Per se eine Drecksgattung, die keiner literarischen Hochbegabung bedarf und höchstens manchmal, mit Glück, durch Verfilmung einer Existenzberechtigung nahekommt – gell, Frau Falk? Zweitens: Ich hatte doch schon mal einen Maurer gelesen, sogar einen der späten Bände seiner Jennerwein-Reihe, in dem Leseranspruch und Autorenzeitinvestition sich aneinander abgerieben haben dürften (s. https://flockblog.de/?p=40291).

“Niedertracht” (was ein doppeldeutiges Wortspiel, haha, höhö) ist der dritte Band der Reihe, es geht um einen psychopathischen Kletterer und einen größenwahnsinnigen Imker, außerdem Mafia. Das ganz Entsetzliche ist: es gibt beim Lesen diese Momente, die ahnen lassen, dass es vielleicht ein gutes Buch hätte werden können. Wie, weiß ich leider nicht.

Maurer ist Kabarettist gewordener Geisteswissenschaftler, sehr zitatfest, und hat keine Umstände damit, seine Leserschaft in Klassik zu marinieren. Die einen werden wiedererkennend schmunzeln, manche bei der Erwähnung irgendeines Jochs, Bergs oder Höhenwanderwegs Heimatgefühle verspüren, manche beides, vielleicht interessiert es auch wen, wie es ausgeht, aber das Ding wird kein Ganzes.

Vielleicht ist das bei mir wie mit Musiktheater. Nicht mein Genre. Ich lasse es hinfort einfach sein, gebe diese autorensignierte Ausgabe aber gerne an Interessierte weiter. Sonst roter Bücherschrank bei der Feuerwehr.

Wenn Maschinen übersetzen,

sollte bitte wenigstens noch einmal ein Mensch mit menschlicher Intelligenz darüber lesen. “Duck and Cover” hat nämlich nichts mit Fortpflanzung, sondern mehr mit “BEdecken, unter etwas Schutz suchen” zu tun. Verdammt.

Heute hier, morgen dort

“Der Bub”, erzählt der alte Herr in der Schlange beim Bäcker heute früh seinem Nachstehenden, der Bub studiere ja jetzt im Ausland und bewohne in der Fremde ein “Weg-Zimmer”. Ich frage mich gleich, ob das Kinderzimmer im Elternhaus dann als “Da-Zimmer” gildet, höre aber natürlich nebenher zu, wie nachgefragt wird, um was es sich denn bei einem “Weg-Zimmer” handelt. Da wohnten, erläutert der alte Herr, mehrere junge Menschen auf einer Etage und teilten sich Küche und Bad.

Inzwischen weiß die ganze Schlange inklusive der Backwarenfachverkäuferin, dass der junge Mann in einer Wohngemeinschaft wohnt. Es wird ihm erklärt, er beharrt auf der Aussprache “weg”. Bis seinem Gesprächspartner der Geduldsfaden hörbar knirscht: “Wohngemeinschaft. WE GE. So wie früher die Kommunen bei den Hippies.”

Da wird das Enkerl noch was zu hören bekommen, beim nächsten Aufenthalt im Da-Zimmer.

Elementary

Wahrscheinlich gibt es wenige Menschen, die nicht wissen, welches Element im Periodensystem der Elemente das Symbol N und die Ordnungszahl 7 trägt. Leider ist es meiner morgenlahmen Zunge heute früh auch nach mehreren Anläufen nicht gelungen, das Wort “Stickstoff” zu artikulieren.

Hingegen glitt mir “Stiffstock” butterweich aus dem Munde. Probiert es nur aus, Alchemisten. Ich verheiße euch große Erfolge.