Das Paar aus einfachen Verhältnissen hat es geschafft: ein schönes Haus mit einem großen Garten, darinnen ein kleiner Pool für die fünf gesunden glücklichen Kinder und der Herr des Hauses hat eine sehr gute Position inne, mit sehr guten Aussichten auf eine weiterhin erfolgreiche Karriere.
Das ist in ganz kurz die Ausgangsposition des Films von Regisseur Jonathan Glazer, dem nichts geringeres gelungen ist, als das Hannah Arendt-Zitat von der “Banalität des Bösen” in bewegte Bilder und Töne umzusetzen.
Er zeigt den Alltag des Ehepaares Höß. Rudolf (Christian Friedel) hat es mit knapp 40 Jahren zum Kommandanten des Vernichtungslagers Auschwitz und zum Meister des effizienten Mordens gebracht, Hedwig (Sandra Hüller), seine Jugendliebe, zur Mutter seiner fünf wohlgeratenen Kinder und Herrin eines ebenso effizient funktionierenden Haushaltes.
Hüllers Hedwig ist die personifizierte Mutterkreuzträgerin, selbst ihr Gang mit den ausgestellten Füßen und zurückgenommenen Schultern läßt sie matronenhafter und breiter wirken als die Schauspielerin in Wirklichkeit ist. Sie ist stolz auf das Erreichte. Dass die Gartenmauer gleichzeitig die Lagermauer ist und mit Stacheldrahtverhauen abschließt? Nicht ihr Thema. Dass die ganze Zeit, Tag und Nacht, die Geräuschkulisse des Lagers wabert, Schreie, Schüsse, die monströsen Gaskammern, die Krematorien aus deren Kaminen Rauch und Flammen schlagen? Hört und sieht sie nicht. Sie ist auf der richtigen Seite und das wird noch einmal besonders widerlich deutlich, wenn Rudi ihr vom Arbeitsplatz (in einer schmerzhaft langen Kamerafahrt mit einer Schubkarre an der langen Mauer entlang) Gaben ins Haus nebenan schickt: Schmuck, seidene Wäsche, Kosmetika, einen Pelzmantel. Alles sehr schön, verschwindet auch sofort in Kasten und Schubladen, aber Schokolade fehle ihr, er möge doch bald einmal wieder Süßigkeiten mitbringen.
Dieser Film besticht, vor der immerwährenden Kulisse des Lagers hinter der Mauer (Klänge, Flammen, Rauch), vor allem durch Halb- und Nebensätze, die klarmachen, wie weit sich die Brutalität des Regimes in Normalos wie den Hössens manifestiert. Wir sind auf der richtigen Seite, Herrenmenschen – drüben sind die anderen.
Anschauen! Anschauen! Anschauen!