Fast noch neu auf Amazon Prime : “A Very Royal Scandal”

Eine absolute TV-Sternstunde.

Die drei einstündige Folgen umfassende Miniserie erzählt die Geschichte vom kometenhaften Aufstieg der Fernsehjournalistin Emily Maitlis (Ruth Wilson) und dem tiefen tiefen Fall des Prinzen Andrew (der “Spare” seiner Generation), verkörpert vom hochverehrten Michael Sheen.

Die Gesamtbesetzung ist großartig und des von mir höchstpersönlich herbeigewünschten Casting-Oscar mehr als würdig, Sheen jedoch ist ein Wunder für sich. Wie er es schafft, mit einer Perücke und ein paar Extrazähnen dieser Figur Tragik und Tiefe zu verleihen, das hat man noch nicht oft gesehen. Der privilegierte Typ, mit dem Silber-, ach was, dem Platinlöffel im Mund geboren, der sich volksnah fühlt und gibt und gar nicht mitbekommt, wie weit er von “seinem Volk” entfernt ist. Ein Hochgeborener, dessen viele Eskapaden von der “Firma” so lange geduldet werden, bis seine Freundschaft mit Jeffrey Epstein droht, der “Crown” selbst Schaden zuzufügen. (Seine erste Frage, nachdem er vom Selbstmord Epsteins erfährt ist denn auch, ob das wohl für ihn gut oder schlecht sei.) Dabei ein liebender Familienmensch und in seinem übersteigerten Selbstvertrauen, dass, wenn er in einem Interview nur seine Seite der Mißbrauchsaffäre darstelle, alle auf seine Seite wechseln. Ein ganz und gar tumber Tor, gefangen in der eigenen Arroganz.

Ich wage die Prophezeihung, dass diese Miniserie und Sheens Interpretation des Prinzen irgendwann in nicht zu ferner Zeit das Bild des echten Andrew überlagern und zur “Wahrheit” werden werden.

Un-über-troffen!

Anschauen! Anschauen! Anschauen!

Abfent, Abfent

Vielleicht liegts am Energiesparen? Möglicherweise hatte ich einfach bisher nur Glück? Bisher jedenfalls hat mir keiner beim Einkaufen Weihnachtsgedudel in die Ohren gespült. (Wo ich gerade dabei bin: Evolutiohon, halloho: wo bleiben die Ohrenlider?) Dafür werden meine Augen und mein Intellekt beleidigt, wenn mich vor jedem 3. Produkt ein QR-Code anblinkert und behauptet, es sei APPvent, und er hätte da was schönes für mich.

Ein für allemal: Nein. Meine Mama hat mir verboten, was von Fremden anzunehmen.

+++ Nachtkritik +++ Vorhin im Gärtnerplatztheater: Nikolaus Habjan & Musicbanda Franui – “Alles nicht wahr”, ein Georg-Kreisler-Liederabend

Also unter Quintuple-Hach! brauche ich gar nicht anzufangen:

  1. Geschenk
  2. Geschenk des Herrn E., das heißt, er hatte mir mitgeteilt, wo ich mich heute zum 18:00 Uhr zum Abendessen einfinden sollte und dass anschließend “Geburtstagsgeschenk” stattfinden werde. (Daraus machen wir gerade eine Tradition und haben schon gelernt, dass eine weitere Münchner Schneekatastrophe als Rahmenhandlung gar nicht nötig ist. S. https://flockblog.de/?p=48802)
  3. Nikolaus Habjan. Den kenne ich als begnadeten Puppenspieler und Regisseur. Dass er die wunderbaren Puppen auch noch singen lassen kann und nebenher einen Schubert kunstpfeifen, dass es nur so eine Art ist, das wußte ich nicht. Weiß ich aber nach diesem großartigen Konzert. Extra-Hach!
  4. Die Musicbanda Franui. Herrlitsch!
  5. Kreisler. Mehr sog i ned. Zum Sterben schön. Geht wer morgen mit? Zum Tauben vergiften?

Ich fühle mich sehr reich beschenkt und danke für diesen wunderschönen Abend!

Gelesen: Alexander Gallus (Hg.) – “ad »Weltbühne« – Ausgewählte kritische Kommentare zur Weimarer Republik”

Gallus lehrt an der TU Chemnitz und hat sich in seinen Forschungen auf die deutsche Literaturgeschichte zu Anfang des 20. Jahrhunderts spezialisiert. Dieser schmale, vom Herausgeber ausgesprochen schön und liebevoll besorgte Band mit ausgewählten Artikeln aus der Weltbühne über die Zeitspanne der Weimarer Republik dürfte eine Nebenprodukt seiner akademischen Arbeit sein und ich für meinen Teil bin dankbar, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, diese Texte zusammenzustellen.

Gleich zu Beginn das Manifest des Rats geistiger Arbeiter ist herzerschütternd aktuell. Und wiewohl der allgemeine Konsens besteht, dass “Berlin nicht Weimar” sei und sein könnte, weil, ja, die Mütter und Väter des Grundgesetzes die Allmacht des Präsidenten gekappt und eine Fünfprozenthürde eingebaut haben… Wenn ich einen hundert Jahre alten Text wie den nachfolgenden von Alfons Steiniger aus dem Januar 1924 lese, finde ich mindestens Parallelen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in eine Zeit (und eine Gegend) geraten könnte, in der Demokratie als System nicht außer Zweifel steht. Möglicherweise war meine lebenslängliche Auseinandersetzung mit Dystopien nur das Grundstudium für die Verteidigung eines Systems, das ich bis zum Beweis des Gegenteils für das beste aller möglichen halte. Hah!

Ach ja, und zurück zum Buch: meines kann ausgeliehen werden und ich verspreche eine lohnende Lektüre. Lesen! Lesen! Lesen!

Rentenratgeber

Es gibt morgens im Supermarkt ein ganz kleines Zeitfenster zwischen dem Aufmarsch einer senilbettflüchtigen Greisenschar, die bereits vor Ladenöffnung Aufstellung vor den Türen nimmt und denen, die erstmal in aller Ruhe Morgentoilette und Frühstück hinter sich bringen, um dann, erst recht in aller und mehr Ruhe, ihren Einkäufen nachzugehen. Wozu ganz unbedingt gehört, inmitten einer Wagenburg zwischen Rollator und Einkaufswagen in aller Ruhe vor den Regalen Aufstellung zu nehmen und sich von der Auswahl in aller Ruhe zu einer Kaufentscheidung inspirieren zu lassen.

Für die Kassenschlange reicht die mitgebrachte Ruhe dann nicht mehr. Da wird allen die Zeit knapp und aufgeregt nach schnellem Abkassierpersonal gerufen. Wohl der, die die Selbstauscheckkasse bedienen kann.

Déjà vu

Langsam fühle ich mich wie im Sommer 2015. Also nicht, weils hier wäre in einem verblüffend heißen kalifornischen Sommer. Auch nicht, weil ein Monsterumzug ansteht.

Aber doch so am Herzen gerissen wie seinerzeit, weil sich die Abschiede auf einmal so häufen. So wie damals, als viele “noch einmal Essen gehen” wollten. Oder “ein kleines Abschiedsfest” organisierten. Ich habe ja hier in München einigen kleinen Unternehmen am Anfang mit auf die Füße geholfen. Das haben die mir nicht vergessen.

Mir wird weh und der Dezember hat gerade mal angefangen…