AK 47

Robert war heute ziemlich aufgelöst: bei ihm im Nebenhaus wohnen “such guys”, die “24 hours a day are smoking and dealing coke”. Gestern Nacht hat einer von deren Kunden mit einer AK 47 und 41 Schüssen deren Eingangstür zersiebt und nicht den Hausherrn, sondern zwei kleine Mädchen böse getroffen.

Besagte Haustür ist gerade mal knapp 10 inches (25 cm) von Roberts eigener entfernt, hinter der seine Frau als Tagesmutter bis zu 10 Kleinkinder hütet. Für ihn ist jetzt klar: “We better move on…” und ich kann es ihm nicht wirklich verdenken.

Angesichts dieser Propaganda muss man sich aber auch nicht fragen, woher es kommt…

http://www.a-human-right.com/effective.html

ak47-2_s

Posy* Parade in San Bruno

Heute fand eines der hiesigen Großereignisse statt – die 69. Posy Parade in der Geschichte San Brunos. Sponsor ist der Lion’s Club und am Ende gibt es einen Preis für den blumengeschmücktesten Wagen.

Paraden scheinen eine amerikanische Leidenschaft zu sein. In San Bruno waren auch wieder alle lokalen Vereine, Schulen, Sportgruppen und wer nicht noch, dabei. Traditionell werden Bonbons in die Menge geworfen, allerdings auch Flugblätter verteilt, die die Erziehungsberechtigten dazu auffordern, die Süßigkeiten erst zu inspizieren, bevor die Kinder sie essen dürfen… Und generell auf den Nachwuchs zu achten – ich hab noch nie so viele Kinder an Leinen gesehen. Sogar solche, die auf Knopfdruck den Junior automatisch zurückzurren. Aber was red’ ich – hier sind die Bilder:

http://picasaweb.google.de/mucbiene/PosyParadeSB?authkey=Gv1sRgCK6O04P4iNWgIQ&feat=directlink

* Posy = ein Blumensträußchen, auch “nosegay”.

Opera at the Ballpark

“Take me out to the opera
Take me out with the crowd
Find me a seat at the Opera House
I don’t care if its Mozart or Strauss…”

… und deswegen war’s eben Puccinis “Tosca” simultan aus dem Opernhaus ins Baseballstadion übertragen. Mit Garlic Fries.

Ich glaube, halb San Francisco, mit Kind, Kegel und Picknickkorb war unterwegs, um zu sehen und zu hören, wie “In early 19th-century Rome, an idealistic artist, a celebrated singer and a corrupt police chief engage in a fierce battle of wills in this tempestuous tale of cruelty and deception. With its themes of political intrigue, sexual intimidation and official hypocrisy, Puccini’s great melodrama is anything but dated. ”

Wie schon angemerkt, ist Musiktheater einfach nicht so ganz mein Fall: ja, es waren großartige Stimmen, tolle Kostüme, selbst die Akustik im Stadion war so übel nicht. Aber gute Sänger sind nicht zwingend gute Schauspieler und wenn das ganz große Gefühl nur mit den ganz großen Gesten kommt (bei Tosca wars immer der Griff an den prallgefüllten Ausschnitt und stark geweitete Augen), finde ich das langweilig.

Aber dafür wars ein toller Event. Der Kritiker der “San Francisco Classical Voice”, Michael Zwiebach, hat es ähnlich gesehen: “When Tosca throws herself from the parapet of the Castel Sant’ Angelo, at the end of Puccini’s brilliant opera, the assembled crowd watching the San Francisco Opera production on the electronic scoreboard at AT&T Park this Friday, may be waiting to hear the splash. The ballpark’s setting is every bit as spectacular as those that Puccini imagined for his opera, and admission to the opera telecast is free.”

Und ein paar Schnappschüsse habe ich auch gemacht:

http://picasaweb.google.de/mucbiene/ToscaSimulcastImATTPark?feat=directlink

Samstagmorgen in meiner Straße

Nachbar Francisco macht am Samstag in der Frühe gerne Motoren an, wurschtegal ob Auto, Säge, Rasenmäher, Steinschneider (es dürfen auch einige gleichzeitig sein) und zum Werkeln braucht er motorengeräuschüberschallende Mariachi-Musik. Herzzereißende Lieder, mit vielen Trompeten und Fiedeln, die vorwiegend “Amor”, “Corazon”, “Soledad” und “Dinero” besingen (und irritierenderweise auch sehr häufig “Pantalones”). Unsere Häuser liegen keine fünf Meter auseinander und deswegen stehe ich samstags immer mit Francisco und seiner Familie (zwei lebhafte Söhne und die stimmgewaltige Carmen) auf. Meist früher als an Wochentagen.

Macht nichts, ich kann ja ein Mittagsschläfchen halten. So wie heute, um- und eingenebelt vom Rauch des “Asado” – ich war vom Duft der Steaks schon satt. Und habe wirr von Kühen geträumt.

Babsis Mama

strickt wunderbare, ewig haltbare Wollsocken. Für alle. Für Babsi. Für Babsis Mann und Babsis Kind. Und für Babsis Sandkastenfreundin. Babsis Sandkastenfreundin ist auch meine Freundin. Um meine stets kalten Füße wissend, hat sie mir ein Paar ihrer Babsis-Mamas-Wollsocken weitergeschenkt. Und jedes Mal, wenn die mir wieder die Füße wärmen, denke ich in Dankbarkeit und unbekannterweise an Babsis Mama.

Das wollte ich immer schon mal gesagt haben.

“CalTrain 211 has been terminated at San Carlos”

soweit heute morgen die Anzeigetafel, als ich am Bahnhof ankam. Wann der Zug 211 hätte abfahren sollen, weiß man als CalTrain-Rider entweder gefälligst auswendig oder sieht auf dem Fahrplan auf dem Bahnsteig gegenüber (Southbound) nach. Oder auf dem iPhone.

Das wäre der Zug vor meinem gewesen. Hätte ich mir ja gleich denken können. Außer denen, die morgens immer mit mir an der Haltestelle rumstehen, waren noch jede Menge Fremde da. Und warteten. Und warteten weiter. Ca. eine Viertelstunde, nachdem der Zug fällig gewesen wäre, teilte die Anzeigetafel mit, der Zug werde sich um 14 Minuten verspäten. Aha. Und ab wann gerechnet? Ab der ersten Ankündigung einer Verspätung? Im Vergleich zum eigentlichen Abfahrtszeitpunkt, der um nunmehr 20 Minuten überschritten war? Der Zwist ist den Jungs in der Leitstelle auch aufgefallen, die Verspätung wurde einfach aufgestockt, auf nunmehr 36 Minuten und ab wann zu rechnen sei, war immer noch uneindeutig. Eine iPhone-Batterie später kam der Zug, überfüllt, natürlich, und war unterwegs vom Expresszug zum “Every Stop”-Zug mutiert. An der 2. der insgesamt 4 anzufahrenden Haltestellen schallte es aus dem Lautsprecher “Hope, you got a minute – we’ll let the bullet pass.” Und da saßen und standen wir nun eng an eng und warteten auf den Schnellzug  (die heißen hier “Baby-Bullets”), der dann auch knapp 10 Minuten nach der Durchsage vorbeirauschte. Als wir (8 Minuten später) endlich in The City by the Bay ankamen, bedankte sich die Zugführerin mit den Worten: “Thanks for your patience. We appreciate how our passengers cope with CalTrain issues… bla blubber”.

Jetzt aber mal ernst: die “terminieren” (der Gouvernator hier war mal hauptberulich Terminator und hat wohl noch ein paar unerledigte Arbeiten in seinen neuen Job mitgebracht) einen Zug, halten den halben pendelnden Süden von der Arbeit ab und dann sind’s “issues”?

Nachtrag: ich war heute Abend vor der Heimfahrt schnell noch auf der Bahnhofstoilette. Dort hängen Plakate, man möge “any problems” sofort autorisiertem Personal melden. Das nenne ich mal Prioritäten setzen: kaputte Züge sind “issues” und nichts gegen die “problems”, die man auf dem Klo gewärtigen kann.

Aus der Nachbarschaft

Im Haus links neben mir wohnt eine alte Dame, sie dürfte gut in ihren Achtzigern sein. Heute morgen hatten wir mal wieder ein Schwätzle über den Gartenzaun. Sie wohnt seit fast 40 Jahren in ihrem Häuschen, davon die meiste Zeit verwitwet, und kennt auf unserer Straße alle.

Sie erzählt gern von früher und ich höre ihr gerne zu, und so habe ich heute erfahren, wie sie die Jahre nach dem 2. Weltkrieg verbracht hat. Ihr sei, sagte sie, sehr früh klar geworden, dass sie nie genug Geld verdienen werde, um zu reisen. Da sie aber die Welt sehen wollte, habe sie sich bei “der Regierung” beworben und sei ein paar Jahre nach Kriegsende nach Kaiserslauten (“that’s in Germany, you know?”) geschickt worden und habe dort an der Integration der jungen Bundesrepublik in die EWG mitgearbeitet. Abends sei sie mit Kollegen ab und an ausgegangen (wegen des “delicious German food”) und sie hätten den alten Herrn, der mit seinem kleinen Hund am Fenster saß immer angesungen “Was kostet die Hundschen in die Fenstär?” und sich dabei kringelig gelacht. Anschließend habe man sie zur nächsten Nachkriegsaufräumaktion versetzt und auf meine Zwischenfrage, ob sie denn dann in Korea gewesen sei, reagierte sie erst überrascht (woher ich das denn wisse) und dann erfreut (wir Europäer seien ja alle so gebildet) und schließlich bejahend. Nur Vietnam habe sie nicht mehr geschafft, dafür sei sie bei Kriegsende schon zu alt gewesen. Ich konnte ihr aus eigener Ansicht bestätigen, dass es auch dort voran geht.

Sie mag deutsches Essen, vor allem Gebäck. Ich werde sie ganz bestimmt meine nächsten Brezeln probieren lassen und dann hoffe ich auf weitere Geschichten.