Katze Junior, die 2.

Es ist kühler geworden, das Katzenkind kennt seinen Rilke*und geht das Projekt “Dach über dem Kopf + regelmäßige Mahlzeiten bei Sabine” jetzt wirklich ernsthaft an. Kitty hat den Mülltonnenrausstelldonnerstag offensichtlich für sich bereits vorgemerkt und nachdem die Taktik vom letzten Mal (reinschleichen, vor den Kühlschrank setzen und hungrig gucken) nicht gewirkt hat, zu einer neuen gegriffen.

Gestern abend, die Mülltonnen waren gerade draußen, vernahm ich ein seltsames Brummgeräusch. Das Haus ist nicht mehr das jüngste, die Gerätschaften, die drin sind, auch nicht, und seit die Waschmaschine kaputtgegangen ist, bin ich bei solchen Neuklängen sehr sensibel geworden.  Also habe ich erst mal den Kühlschrank überprüft. Der wars nicht. Der Gasboiler auch nicht. Der Herd konnte es nicht sein und der Verstärker war gar nicht am Netz. Hmmm.

Gebrummt hat das Sofa. Also weniger das Sofa an sich, als Kitty, die sich zwischen Schaffell und Schmusedecke ein gemütliches Nest (Chapeau – das muss sie in weniger als 5 Minuten hinbekommen haben) eingerichtet hatte und mit suppentellergroßen Augen laut schnurrend herumlümmelte. Man sah ihr an, dass sie nun Häppchen gereicht bekommen wollte.

Nix da. Dieses Mal habe ich sie gleich am Schlaffitchen gepackt (keine weiteren Jagdszenen in San Bruno, nicht mit mir), streng ermahnt und vor die Tür gesetzt.

Konsequenz: Über eine Stunde lang klägliches Gemaunze. Ich bin gespannt, wer von uns wen weichkocht – ich war kurz davor, ihr ein Schälchen Milch hinzustellen.

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* hier das Herbstgedicht im ganzen:

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Car Pool Lane

Der Highway 101 ist, wie jeder bestätigen kann, immer voll. Immer. Morgens, mittags, abends, nachts – und zwischendrin ist der Verkehr möglicherweise unwesentlich weniger dicht. Bis ich morgens in San Carlos ankomme, um Toni abzuholen (waren das noch Zeiten, als es umgekehrt war, seufz…), carpoolbin ich schon eine ganze Weile mit allen auf dem Highway langgekrochen und habe mir im Radio angehört, wie die fröhlichen Verkehrsberichterstatter untereinander den “Ugliest Commute Contest” ausrufen, weil jeder seinen Streckenabschnitt am allerschlimmsten findet. Oder mal wieder die Parole: “United We Stand.    –    Still.” Zum Glück für diese Radiomenschen habe ich nie eine Pumpengun mit – wer morgens schon so furchtbar gutgelaunt ist, spielt mit seinem Leben.

Nachdem Toni im Auto sitzt, ist meistens alles gut. Denn dann sind wir zu zweit und dürfen die Car Pool Lane benützen. Und ziehen links am Stau vorbei…

Meiner Bank…

namentlich ihrem Repräsentaten Akwasi Prempeh, ist, glaube ich, heute die Werbung durchgegangen… Kostprobe?

“We promise to be there when you need us.
We promise to listen to you and address your concerns with care.
We promise to help you define and work towards your financial goals.
We promise to reward you for banking with us.
We promise to reward you for telling your friends about us.*
We promise to protect your identity as if it were our own.
We promise to help keep New York the best city in the world.”

Wie wär’s denn mit kleineren Zielen? Wie zum Beispiel funktionierenden Daueraufträgen und/oder  Lastschrifteinzug? Letzterer ist hier immer noch ganz nah am Hexenwerk.

… und der Rebbe tanzt

Die Mitarbeiterkaffeeversorgernachfolge unserer Krystie in San Francisco haben hier in Palo Alto die Herren und Damen von Izzy’s New York Bagel Company (“strictly kosher”) angetreten. Der Senior des Etablissements hat mich a) ins Herz geschlossen und gibt mir Hebräisch-Unterricht (“one word a day – you’ll be fluent in 20 years or so…”) und b) heute endlich mal seinen Musikgeschmack durchgesetzt: seit dem frühen Morgen dudeln in einer Endlosschleife Jiddische Lieder.

Nächste Woche Montag ist geschlossen. Da begehen wir Yom Kippur.

Samstag, High Noon

Heute früh war High Life im Waschsalon, alle da: die mexikanischen Familien, die alleinstehenden Männer, die Jungs aus dem chinesischen Restaurant nebenan mit Bergen von Tischwäsche, Bill und ich. (Soweit zur Ansage, dass  Samstagfrüh hier nie was los sei… Ich stelle mich auf eine längere empirische Versuchsreihe ein.)

Bill hat mir vor lauter Wiedersehensfreude eine Waschmaschine ausgegeben, und im Gegensatz zu den anderen, die die Trockner heißlaufen lassen, habe ich das nasse Zeug eingepackt, draußen aufgehängt und jetzt fängt mein fauler Samstag an: Frühstück im Garten sowie den Rest des Tages in der Sonne braten, schlafen und lesen.

Weather Forecast

Am Wochenende soll es “3 digit temperatures” geben, also heiß-heiß-heiß werden. Im Radio haben sie schon wieder das Wässern von Kindern und Alten empfohlen und vor potentiellen Stromausfällen wegen wildbetriebener Klimaanlagen gewarnt.

Ich werde genießen!

Fahr’n, Fahr’n, Fahr’n…

Ich verbringe seit unserem Umzug täglich ca. eine Stunde alleine im Auto auf der Autobahn und wenn mir das Radio und die teilweise strunzdumme Werbung auf den Keks gehen, lasse ich mir vorlesen. Mein Bestand an Hörbüchern ist bedauerlicherweise durchaus begrenzt. Wenn nun also jemand besonders schöne hat und sich wohler fühlen würde, wenn in den USA davon externe Sicherheitskopien aufbewahrt würden, so schmeiße er/sie den Brenner an.  Nächsten Freitag (25.09.) fliegt mein Kollege Rainer nach San Francisco, ich bin sicher, er würde in seinem Koffer noch ein Plätzchen finden… oder, Rainer?

Nachbars Katzen

haben meinen Garten offensichtlich nicht nur als Großraumfreilandtoilette genutzt, sondern auch als Liebesnest. Die Früchte dieser Leidenschaft sind jetzt flügge geworden (wie immer das nun bei der Gattung der Felidae heißt) und einer dieser Zwerge will mich anscheinend adoptieren. Sie sitzt abends immer brav in der Einfahrt, wartet, bis ich eingeparkt habe und folgt mir dann zur Haustür, wahrscheinlich in der Erwartung, dass ich jetzt gleich Abendessen serviere. Meines ja, ihres bestimmt nicht! Also wegscheuchen, und mir dann anhören, wie sie vor der verschlossenen Tür rumjammert.

Heute habe ich die Mülltonnen auf die Straße gerollt. Dabei ist das kleine Biest  wohl an mir vorbei in die Garage geflitzt und als ich in die Küche kam, saß sie bereits mit großen Augen  zuversichtlich vor dem Kühlschrank. Als ich sie vertreiben wollte, hat sie das als Aufforderung zu einer Runde “Haschmich” mißverstanden und erst nach einer ordentlichen Jagd durch sämtliche Räume (teilweise mehrfach) das Haus wieder verlassen.

Auch eine Fitnessvariante. Aber einmal langt.

A Midsummernight’s Dream

Schon wieder Shakespeare? Aber ja! Dieses Mal Sommernachtstraum – und es war wirklich einer. Die Kulisse des Bruns Amphitheater bilden schroffe, mit gelbem Gras und versprengten Bäumen bedeckte Berge, die langsam in der Dämmerung versinken (um acht is Nacht), und dann steht über dem ganzen ein klarer kalifornischer Sternenhimmel (und im Stück spielt ein scheinwerferbestrahlter Vollmond mit) – schon das war einfach wunderschön. Und dann verstand die granidose Regie auch noch was von gut eingesetzter Musik, hachja.

Sie haben es wieder sehr gut hinbekommen, das Stück zu entstauben (das ganze Feen- und Elfengewurle einfach (und ohne Schaden) weggelassen und dieses endlose im Wald nach dem/der/das Geliebten zu suchen extrem gestrafft), will heißen, mit Pause und Schlussapplaus (Publikum klatscht, Schauspieler verbeugen sich einmal und dann gehen alle) ganz genau zweieinhalb Stunden. Auch dieses Mal ein schlichtes multifunktionales Bühnenbild (dominiert von 3 Leitern mit schiefen Sprossen) als Rahmen, der die sehr phantasievollen Kostüme erst so richtig wirken ließ.

Aber eigentlich will ich mich gar nicht so sehr mit dem Beiwerk (entrüsteter Aufschrei aller Bühnen- und Kostümbildner! Ja, ihr habt ja recht. Tschuldigung.) aufhalten, sondern viel lieber die großartige Besetzung und die wunderbaren Schauspieler preisen. Puck war ein Typ wie Bernhard Hoecker, klein, flink, beweglich, akrobatisch – und so angelegt, dass seine Spielchen nicht bösartig wirkten, sondern eher kindlich. Wie wenn der neugierige Knabe die Uhr von Papa auseinanderschraubt, einfach nur um zu sehen, warum sie tickt. Oberon und Titania, als weltliches Fürstenpaar  in 30er Jahre Gangsteroutfits wirkten wie verkleidet – aber dann, als Elfenherrscher: das habe ich noch nie so gut gesehen. Er eine gedrungene Naturgewalt, sie eine nubische Göttin – und beide mit Stimmen, weittragend und wohlmoduliert (in dem link – bis unten scrollen – http://www.calshakes.org/v4/ourplays/midsummer.html sind Bilder von ihnen). Das von Liebesweh verwirrte Jungathenergschwerl war samt und sonders gut, doch so richtig Spass hatte ich an der Darstellerin der Hermia – ein Gör mit Tempo und Witz und einem Riesenmund in einem verhältnismäßig kleinen Gesicht – was für eine Mimik! Die Handwerkertruppe wurde von einer Frau angeführt, Petee Squentz, eine Gschaftelhuberin alter Schule (das, Gabi, war deren Christine Ackermann) – und Bottom… ach, das war so eine Kanone. Keine Angst vor Häßlich- oder Lächerlichkeit, im Gegenteil. Eine richtige Rampensau! Herrlich!

Der Sommernachtstraum ist ein hocherotisches Stück. Das haben sie auch so gezeigt. Dafür sollte man dankbar sein, wäre es Kino gewesen, hätten die Amis in ihrer Prüderie wahrscheinlich ein “X”- Rating vergeben (“X: People under 17 will not be admitted”).

Fazit: die können das. Sie lieben ihren Shakespeare und tun alles dafür, ihn unters Volk zu bringen, also dahin, wo er hingehört. Nächsten Sommer stehen „Macbeth“ und „Much Ado about Nothing“ auf dem Spielplan. Wär’s nur schon soweit.