Beachbaby

Endlich! Es ist ernstzunehmender Sommer, das Auto schafft einen erhöhten Aktionsradius – also ab an den Strand. Ich hatte mir San Gregorio Beach ausgesucht, das ist eine schöne knapp einstündige Fahrt durch Hügel und Wälder, vorbei an großen Stauseen, wirklich sehr hübsch. Die Außentemperaturanzeige meldete knappe 90° F, alles, wie es sein sollte.

Allerdings: je mehr ich mich dem Pazifik näherte, desto stärker fiel die Temperatur und als ich am Strand parkte, waren es gerade mal noch 58° F und alles lag grau in grau im Nebel. Sollte es dort üblicherweise einen Horizont geben, war er heute gut getarnt. Hmmmm. Wo ich schon mal da war, habe ich meine Jacke und ein Buch mit an den Strand genommen und mich auf einem Stück Treibholz zum Lesen niedergelassen. Irgendwann war mir der Wind dann doch zu kalt und ich habe mir von Richard (wenn ich fahre, sagt Richard den Weg, wenn Toni fährt, ist es Delphine) einen ganz besonders schönen Rückweg vorschlagen lassen. Über die “Old La Honda Road”,  ein einspuriges Sträßchen, das sich hoch in einen Eukalyptuswald windet. Traumhaft schön, weit genug weg vom Wasser, also  inzwischen wieder so warm, dass ich alle Fenster weit offen hatte und der Eukalyptusduft ins Auto hineinwaberte  (hatte die Anmutung von einer Fahrt durchs Erkältungsbad).

In einem Wechselspiel von Licht und Schatten (manchmal bildeten die Bäume so eine Art Laubtunnel über der Straße) und durch Schwälle gelber Blätter hindurch (das knipselt so lustig unter den Reifen), schraubte ich mich einmal hoch und dann wieder nach unten – das war richtig richtig schön. Wenn schon nicht zu Wasser, so hat sich Nordkalifornien doch zu Land von seiner schönsten Seite gezeigt.

Wundervolle Welt der Produkte

  • Auf der 3D-Brillenpackung im Kino gestern Abend wurde darauf hingewiesen, dass die Brille nicht vor UV-Strahlung schütze. (Bekanntes Kino-Risiko. Klar.)
  • Auf der Packung mit der eingeschweißten Salami steht: “It’s a Sandwich waiting to happen”. (Hab ich mich immer schon gefragt, wie ein Sandwich denn einfach so passieren kann.)
  • Und auf der 25 fl oz Spülmittelflasche prangt ein riesiger roter Aufdruck: “56% more then 16 oz size”

Aha. Und?

Im Drogeriemarkt

Die 10 Minuten Wartezeit auf meine Friseurin wollte ich rasch nützen, um gleich gegenüber bei Walmart noch eine Nachfüllpackung zu kaufen. Da sie nicht mehr da zu finden waren, wo sie letzte Woche noch standen, fragte ich bei einem Mitarbeiter nach. Dessen doch eher verblüffende Gegenfrage: “Did you check online?” mußte ich verneinen – ich wollte doch auch nur wissen, wo sie das Zeug denn nun wieder hingeräumt hätten. Das fand er auch beklagenswert, “they” (finstere Mächte, wahrscheinlich) räumten und dekorierten hier ständig um, man finde nie, was man suche. Ja, das ist mir auch aufgefallen und deswegen nochmal: wo steht das jetzt? Wisse er auch nicht, müsse er den Manager holen.

Der wußte auch nicht, befragte mehrere Mitarbeiter und einer empfahl mir schließlich Gang G, da sei das Gesuchte, “most probably”. Das war mir zu unsicher: Der Gang ist knapp 20 Meter lang, und rechts und links mit allem Möglichen vollgestopft, also habe ich den Kenntnisreichen gebeten, mitzukommen und mir den Lagerort genauer einzugrenzen. Der Manager, auf Customer Satisfaction aus, oder einfach nur gelangweilt, ging auch mit und so entdeckten wir selbdritt die einzige im Laden verfügbare Packung. Das Management übernahm den Transport zur Kasse, der andere die Konversation: ” You are such a lucky person…” Sischer dat.

Ich glaube nicht, dass ich das in Deutschland auch nur ein einziges Mal vergleichbar erlebt habe. Hier ist das doch eher die Regel.

“Furlough”

wird von Leo als erste Nennung mit “Fronturlaub” übersetzt und bedeutet aktuell, dass die ersten von Schwarzeneggers California-Budget-Savings-Aktionen umgesetzt werden.

San Brunos Stadtangestellte haben sich nolens volens mit einem “six-day unpaid furlough” einverstanden erklärt. Das bedeutet, sie müssen am “Furlough Day” (“the second Friday of every other month through June 2010”) unbezahlt der Arbeit fernbleiben. Das Rathaus wird komplett geschlossen bleiben, ebenso die Stadtbücherei und alle Senioreneinrichtungen.

Mitarbeiter der “Essential Works”, d. h. Feuerwehr, Polizei und Kabelfernsehen (in San Bruno eine kommunale Dienstleistung) sind im Dienst, bekommen aber kein Geld.

Hair-do

Inzwischen bin ich doch schon ein Weilchen hier. Heute früh habe ich das mal wieder gespürt, als ich Ann’s Hair und Beauty Salon betrat und Madame, ohne nach meinem Begehr zu fragen, mitteilte, dass ihre Schwester in 10 Minuten für mich Zeit haben werde.

Lynn hat mich wie eine verlorene Tochter mit überschwenglich vielen “Honeys” hier und “Hons” da (noch kürzer ist im amerikanischen die noch liebevollere Form) willkommen geheißen, ihrer anderen Kundin im Rekordtempo die Dauerwellen aufgedreht und dann mich zum Haare waschen gebettet. Dabei massiert sie mir immer Kopf und Gesicht und ich schlafe vor lauter Wohlgefühl ein. (Sie nimmt das als Kompliment und es tue ihr so leid, wenn sie mich wecken müsse…)

Anschließend, beim Haareschneiden, sprechen wir immer übers Essen. (Deswegen weiß ich auch nie vorher, welchen Haarschnitt ich bekomme – Futter geht vor…) Lynn erzählt mir jedes Mal, dass sie sich so gerne an den  Besuch der großen Pagode in München erinnere, wo man ungelenk geformte Salzkringel und eine Art gebackenen Fleischbrei in Scheiben mit gelber Soße serviert habe. “Sooooo goooooood!” Ich schwärme dann im Gegenzug von der wundervollen Pho, die ich überall in Vietnam in den Suppenküchen bekommen habe und wir lachen uns dann regelmäßig kringelig, wenn ich ihr “Schweinegekrösesuppe mit Kräutern der Saison” auf vietnamesisch nachspreche und sie “Brezn und Leberkas” radebrecht.

Sie kocht immer mal wieder riesige Kübel Pho für die ganze Familie und ich bin zum nächsten Schlemmermahl eingeladen. Das wird bestimmt interessant.

Als Gastgeschenk dachte ich an ein Glas Marmelade.

Moment mal! So nicht

… hatte ich mir Kalifornien  vorgestellt: Mit Temperatursturz um viele Grad (von über 80 auf grade mal noch knappe 60 – das wirkt in Fahrenheit einfach noch viel schlimmer… ) und Nebel und mülltonnenverblasendem Wind und sich gerne des Abends in geschlossenen Räumen aufhaltend, Heißgetränk und Kuscheldecke griffbereit.

Das vertagen wir doch bitte auf frühestens Januar 2018.

Genauso

… hatte ich mir Kalifornien vorgestellt: ein heißer Sommertag, endlich Feierabend und dann spontan auf dem Heimweg beschließen, dass man doch im Garten grillen könnte. Flugs beim Mexikaner Steaks und Maiskolben besorgt, aufs Feuer damit, Nachbars beschallen das Festmahl mit Corazon-y-Motorsägen-Gedudel und ich friere noch nicht mal nach Sonnenuntergang.

Da Capo.

PS: Cal Shakes führt im September den Sommernachtstraum auf und ich habe heute Karten für die Generalprobe ergattert. Und freue mich jetzt schon drauf.

Monday

Robert taucht laut singend Krystie’s Kaffeestube auf und räsonniert öffentlich:  “Y’know what, man? This is going to be a good day! – We all made it here, no one lost over the weekend.”

Shoppen bis der Arzt kommt

Am hellen Samstagvormittag  ist die Vierergruppe “Willige Konsumenten” (bestehend aus Ronja, ihrer Roommate Liz, Toni und mir) gen Gilroy aufgebrochen und wir hatten eine Mission. “Stimulus”. Da die Regierungsmaßnahmen zur Belebung der Wirtschaft und Sicherung der Arbeitsplätze (vor allem im Einzelhandel) so schnell nicht greifen, haben wir uns vollkommen selbstlos und auf eigene Kosten eingeschaltet.

Spätnachts konnten wir, nicht ohne Stolz, vermelden: “Mission accomplished!” (Zum Glück besitzen wir einen Kombi mit viel Stauraum…)

Den Sonntag haben wir mit Faulenzen, in der Sonne lesen und dem Waschen neuer Klamotten verbracht. Nachmittags gings dann zum Einkaufen (d.i. “grocery shopping”) und nochmal ein bißchen Nach-Shoppen (Motto: Jeden Tag eine gute Tat).  JFK wäre stolz auf uns gewesen: http://www.redbubble.com/people/shaneran/art/2817348-8-dont-ask-what-your-country-can-do-for-you

Ronja hat im übrigen recherchiert, dass es in der nahen Umgebung noch zwei, drei gut sortierte Outlet-Malls gibt, davon eine mit einer Abercrombie & Fitch Filiale. Guter Mensch, der sie ist, würde sie mich (und das Auto) auch dahin mitnehmen, obwohl sie schon weiß, mit welcher Kombination aus Bus und Bahn die Anfahrt zu bewältigen ist.  Schau ma moi. Jetzt steht erst mal wieder Uni und eine Arbeitswoche an; ich gehe aber fast sicher davon aus, dass wir nächstes Wochenende wieder nix mehr anzuziehen haben werden und die Mission für unser Gastland fortführen.