Morgens um kurz vor fünf in der U-Bahnstation. Alle tragen Tracht. Bis auf Sabine, die trägt Koffer und ist sich absolut sicher, die bessere Option gewählt zu haben.
Ankunft in Sevilla. Erste Nachdenkerei: Mal abgesehen von den Wartezeiten am Flughafen, dauert die Anreise zu Karins andalusischem Berg von mir zu Hause aus genauso lang wie die in den Hunsrück. Und es geht genauso früh los. Weitere Ähnlichkeiten sind nicht vorhanden. Weil wir lernfähig sind, müssen wir dieses Mal kein Geld in ein superteures Taxi investieren, das uns zu unserem superbilligen Mietwagenmann weitab vom Schuß bringt und haben einen Verleih mit Repräsentanz direkt im Flughafengebäude gewählt. Auch behalte ich mein Handy in der Handtasche und verliere es nicht auf irgendeinem Flughafenklo. Alles gut also.
Die Fahrt nach Algodonales führt uns an lauter Déjà vus vorbei. Die Landschaft ausgedörrt, die Felder müdgelb-strohig kahl, die Rindviecher behörnt, die Schafe auch, hie und da qualmende Feuer – bloß der Himmel über der Sierra ist nicht, wie sonst immer, strahlend blau, sondern mit schweren Wolken verhangen und macht auf Drama. Soll er doch. Bei über 25° ist uns das so recht vom Corazón her wurscht bzw. chorizo. (Jaha, ich übe das, was ich für Spanisch halte.)
Ein gutes Stündchen später wipfelt am Horizont schon der schiefgewachsene Landmarkeneukalyptusbaum vom Gipfel und gleich hier rechts geht es huu-uuups den Berg hoch. Rumpel-di-Pumpel. Rumpel-di-Pumpel. Schlagloch nach Schlagloch. Einmal noch aufs Gas und mutig Rumpel- um die ganz steile Kurve di-Pumpel und wir sind da. Chico zerspringt beinahe vor Glück und bellt sich heiser, Karin darf uns auch irgendwann begrüßen, ist aber abgelenkt, weil sie gerade die diesjährige Olivenernte einzeln mit dem Hammer zerdeppert (das ist der erste Schritt der heiligen Wissenschaft des Oliveneinlegens und will mit gebührender Gründlichkeit vollzogen werden). Und weil wir ja schon mal hier waren und uns auskennen, macht dann jeder erst mal so seins. Der eine (Christoph) sagt “Hallo” zum Pool und läßt sich mutig zu Wasser (soviel Mut, wie man halt für 23° warmes Wasser braucht), die andere schlägt Oliven platt und ich bespiele den Hund. Jede nach ihren Fähigkeiten.
Dann essen wir unten im Ort dem “el canijo” die Speisekarte leer und ich freu mich wie eine reina de la nieve, dass mein Spanisch reicht, um zwei von drei Zuckerpackerlsprüchen zu übersetzen und den dritten immerhin mit Karins Unterstützung. Bedaure dabei allerdings zutiefst, dass die gute Mutter Theresa nur salbungsvolle Worte über die Bedeutung eines jeden einzelnen Tropfen Wassers im großen großen Meer absonderte. (“A veces sentimos que lo que hacemos es tan solo una gota en el mar, pero el mar sería menos si le faltara una gota”. ) Mir gefällt meine Übersetzung “Falte eine Ziege” für “faltara una gota” trotzdem besser. Werde das mal bei der hiesigen Sprachakademie als Verbesserungsvorschlag einreichen.
Zurück daheim auf dem Berg ist dann ist alles so, wie es Cindy und Bert, die großen Philosophen meiner wilden Jugendjahre, schon zu Zeiten besungen haben:
Das ist die spanische Nacht mit ihrem spanischen Duft
und so ein spanischer Klang liegt in der spanischen Luft
das ist der spanische Wein in einem spanischen Glas
den zapft der spanische Wirt aus einen spanischen Fass
Es muß Nacht sein, es muß Nacht sein und da muß viel Musik sein, Senor.
Es muß Nacht sein, es muß Nacht sein, dann kommt Spanien so spanisch dir vor.
(Wie gesagt, die Älteren werden sich mit Grauen erinnern, die Jüngeren mögen es googeln (Cindy und Bert: Malaga) und sich dann grausen.)
Buenas noches a todos und möget ihr auch einen Chico haben, der so gut auf euch aufpasst.