Mir geht es grade wie Hamlet

“Die Zeit ist aus den Fugen” und mir will nichts Rechtes dazu einfallen. Habe keine Lust, mich am Virus und/oder an 45 abzuarbeiten und nicht hinreichend genug intellektuelle Stimuli, um über die zu schreiben.

Und wo bleibt das Positive, Frau Flock? Das fällt voraussichtlich in die nächste Woche. Da hab ich nämlich frei und für mich beschlossen, offline zu gehen. Zumindest, was Arbeitsmails und -telefonate betrifft.

Aber einen hab ich doch…

Neu auf Netflix: The Old Guard

Als großer Fan von Greg Ruckas Comics (vielmehr Graphic Novels, weil, wir sind ja alle erwachsen und lesen keine Comics mehr), habe ich mich sehr gefreut, dass nach “Stumptown”* nun auch “The Old Guard” verfilmt wurde.

Ja, das Medium Film kommt der Geschichte entgegen, die sagenhaft choregrafierten Kampfszenen haben definitiv in bewegten Bildern eine stärkere Wirkung. Die Story der unsterblichen Krieger ist bisweilen direkt vom Blatt gefilmt, nur manchmal wurden Abstriche gemach. Das ist schade, stört aber nur, wenn man den Comic gut kennt (bis auf einen Logikfehler, der mit ziemlicher Sicherheit dem bereits gekauften 2. Teil geschuldet ist). Sonst? Der Cast sehr gut besetzt, fröhlich divers durch die Weltbevölkerung. Charlize Theron, seit Mad Max: Fury Road (sollte man sich auch mal wieder ansehen) die neue Königin der Kriegerinnen, schlägt sich auch hier in allen Waffengattungen wacker.

Doch, das kann man an einem verregneten (!) Juli (!) -Nachmittag ansehen.

* Oooops. Die Kritik hatte ich ja noch gar nicht geschrieben. Mach ich mal. Wenn ich mehr Zeit habe.

Dauerwelle

Beim Liftfahren hin und zurück vom Wochenendeinkauf festgestellt, dass es aktuell zwei Geisteshaltungen zu geben scheint. Für die eine steht der Gesichtsexhibitionist, der mich von oben herab mit einem mitleidig-ironischen Blick (“Die Alte spinnt ja!”) bedenkt, für die andere die Dame, die sich hektisch die Hände vor den Mund preßt und in der dreistockwerklangen Fahrt 1000 Entschuldigungen hervorpreßt, warum sie gerade jetzt “ausnahmsweise” Mund und Nase nicht mit Tuch bedeckt.

Mir fällt dazu nur das vorgestrige Interview mit dem Virologen Hendrik Streeck in der FAZ ein, der den Begriff zweite Welle gar nicht mehr hören will, sondern uns stattdessen mehr oder minder schonend auf eine Dauerwelle vorbereitet.

Aus Kalifornien höre ich derweilen, dass der zweite Lockdown läuft. Die einzigen Menschen, die sich nicht aus freiem Willen draußen aufhielten, seien die in den prekären Beschäftigungsverhältnissen, die die bessergestellte “Shelter-at-Home-Homeoffice”-Bevölkerungsgruppe mit Nahrung und Ablenkung in Amazon-Paketen versorgen.

C-Schnipsel – Die Masken, war das was? -Ausgabe

# Ich wünsche, die U-Bahn umzubenennen. Fürderhin trage sie den Namen Cyrano-de-Bergerac-Express. Herrschaften, ist euch eigentlich klar, wie dermaßen prominent (und häßlich) eure isolierten Riechkolben aus dem Gesicht ragen, wenn die Maske straff wie Wilhelms Bartbinde um Kinn und Mund sitzt?

# 45 hat eine Maske angelegt. Und sowas geht heutzutage als Eilmeldung durch.

# Baseballspielern ist es während der Pandemie verboten worden zu spucken. Ich fand ja immer, die Spotzerei sei der Hauptbestandteil dieses Sports, aber was weiß ich schon? Auch Footballer sollen in der nächsten Saison wieder antreten und Geld ranschaffen. Die Masken der NFL sehen aber immerhin sehr cool und futuristisch aus.

# Als hätte ich es nicht schon vor Wochen gesagt: der Mensch gewöhnt sich und macht aus seiner Halbgesichtsbedeckung einen Fashionartikel.

# Maskenpflicht am Urlaubsstrand, also quasi der Bikinistreifen 2020. Wer mag, darf den Slogan verwenden.

# Walmart, eine der größten US-Warenhausketten hat sich nun endlich dazu durchgerungen, in seinen Verkaufspalästen auch eine Maskenpflicht einzuführen (Starbucks waren übrigens die ersten). Man werde zur Durchsetzung dieser Regel “Gesundheitsbotschafter” (“health ambassadors”) einstellen, die mit Kunden, die mehr so FFK*-Anhänger seien, gemeinsam Lösungen finden sollen (“work with customers who show up at a store without a face covering to try and find a solution”). Vor meinem geistigen Auge ist sofort eine kleine zierliche Asiatin im Health-Ambassador-Kostümchen erschienen, das aussieht wie die PanAm-Stewardessen-Uniformen aus den Fünfzigern, die mit einem Redneck mit roter MAGA-Mütze sowie Karohemd-Jeans-Stiefel-Klischee nach einer gemeinsamen Lösung sucht. Und wenn sie nicht gestorben sind, suchen sie immer noch.

# Aus Asien kam in der Corona-Frühezeit die etwas seltsam klingende Übersetzung “Halshöschen”. Im plattdeutschen Sprachraum kontert man diesen Begriff mit der Neuschöpfung “Schnutenpulli”.

# In Bayern hält man sich mit solchen Niedlichkeiten nicht auf. Ein echter Bayer trägt zur Maß die royale Mia-san-mia-Maske.

# Bei dieser Werbung, die mich in den letzten Wochen zu verfolgen scheint, habe ich Else Kling im Ohr: “Wenns schee macht”.

# Die stark geschminkte Dame, die sich zu mir in den Aufzug drängt, zieht, kaum dass die Türen zugehen, mit einem lauten Seufzer ihre Maske ab und läßt sie keck an einem Ohr baumeln. In mein Blickfeld baumelt damit ein verschmiert-roter Negativabdruck ihres Mundes unterhalb der Nasenausbuchtung. Was für ein abstoßender Anblick!

* FFK? Ja, hab ich gerade erfunden. Steht für Freie-Fratze-Kultur. War jetzt doch nicht so schwer…