Die Kritikerin der NYT konnte sich gar nicht genug auslassen über ihre Begeisterung, wie sehr es in diesem Kriminalroman einem Mann mittleren Alters gelungen sei, sich in die Seele seiner halb so alten Ermittlerin, einer Frau, hineinzuversetzen. So neuartig, das müsse man selbst lesen. Ich hatte mich ja in den letzten Jahren eher von diesem Genre wegbewegt. Es gibt einfach nicht viel Neues unter der Sonne, das ganze regionale Geschreibsel geht mir sowas von auf den Keks und irgendwann war es mir eigentlich egal, wer’s dieses Mal war. Es wird ja nun auch mehr als genug anderes (und teilweise großartiges) geschrieben. Aber wenn’s neu ist? Und gut dazu? Dann lese ich mich schon gerne rein.
Habe ich nun mit dem ersten (von inzwischen sechs) Bänden über Fiona Griffith getan. Ja. Nicht schlecht. Aber man sollte doch die Kirche im Dorf lassen. Ich finde, man darf von einem Autor durchaus erwarten, dass er seine Figuren glaubhaft entwickeln kann, ganz egal, ob sie ihm in Alter und Geschlecht entsprechen. Bingham gelingt das mit Griffith dann am besten, wenn er sie über ihre Andersartigkeit definiert. (Mehr will ich nicht erzählen, sonst muss ich die Auflösung verraten.) Er ist ein guter Menschenbeobachter und -beschreiber und erfindet originelle, bisher nicht benutzte Metaphern. Das macht Freude, noch dazu, weil er gut und flüssig zu schreiben weiß und einen starken Fokus auf die kleinteiligen Ermittlungsarbeiten legt. Das ist spannend. (Ich habs ganz gern, wenn die Fäden bei der Polizei zusammenlaufen, und nicht der externe Berater oder die Pathologin die dummen Kriminaler überflügeln.) Der Fall selbst? Ich weiß nicht recht. Der schien mir doch eher im Bereich Männerphantasien angesiedelt.
Ich werde mir am Wochenende den 2. Band “Love Story, With Murders” vornehmen. Bisher sind Leichenteile aufgetaucht. Weibliche und männliche. Mal schauen, wie sich das entwickelt.