Ich krieche immer gar nicht gerne in fast stehendem Verkehr ĂŒber die Autobahn und sehe dann auf den FuĂgĂ€ngerbrĂŒcken einen einzelnen Menschen auf die Fahrspuren unter sich starren. Mein UnterbewuĂtsein nĂ€mlich gerĂ€t da jedes Mal schon vorauseilend in Panik und erwartet, daĂ demnĂ€chst ein Ytongblock durch die Windschutzscheibe kracht und ich mich mit Betonklotz im SchoĂ und ĂŒbersĂ€t von Glassplittern wiederfinde. Aber genug von meinen Seltsamphantasien, ich erzĂ€hle einfach ein biĂchen aus der seltsamen RealitĂ€t.
Montagmorgen. Auf der FuĂgĂ€ngerbrĂŒcke ĂŒber dem 101 steht ein einzelner Mensch in schwarzem Hoodie, die Kapuze fest zugezurrt und – nein, er wirft keinen Stein, er hĂ€lt ein Plakat hoch. In schwarzen Lettern auf Gelb fordert er den gesamten Stau auf “Ask Jesus for help”. Ich breche umgehend in ein Gebet aus, aber der Sohn Gottes ist offensichtlich nicht fĂŒr flieĂenden Verkehr zustĂ€ndig. DienstagfrĂŒh. Mann, Hoodie, Plakat “Let Jesus help you”. Zweitgebet bringt ebenfalls nichts.
Mittwoch. Es regnet aus KĂŒbeln, kein Mann, kein Hoodie, kein Plakat. Donnerstag. Das Wetter ist wieder besser und “Jesus is Help”. Hmmmm. Ach so. Falscher Ansprechpartner. Ich versuche es nochmal: “Heiliger Help, gib mir freie Fahrt.” Nix. Ah, das war unhöflich, klar. Auf ein Neues: “Heiliger Help, gib mir freie Fahrt, bitte.” Nix. Letzter Versuch: “Heiliger Help, gib mir freie Fahrt, bitte. Amen.” Nix.
Am Freitag: Kein Mann, kein Hoodie, kein Plakat, kein Stau. Ich arbeite im Homeoffice am KĂŒchentisch. Halleluja!