In den ersten drei Monaten nach einer Hüft-OP ist Pediküre anderen Menschen zu überlassen. Das könnte ich doch eigentlich noch schnell in meinen Samstagnachmittag quetschen? Oder doch nicht? Viel zu voll. Zu laut. Zu bunt. Bei meinem vietnamesischen Beauty-Salon ist Bollywood ausgebrochen, mindestens ein halbes Dutzend junger Damen in farbenfrohen Saris und viel Bling-Bling fläzt auf den Ledersesseln herum und schnattert. Ich bin schon fast wieder draußen, als die Chefin mich am Handgelenk schnappt. No worries, die seien hier nur, um der da vorne in Grün, bei der gerade was repariert wird, Gesellschaft zu leisten. Sie habe sehr wohl Zeit, meine Wünsche zu erfüllen.
Zwei bunte Damen werden aus dem Pedikürenstuhl gescheucht, ich hineingesetzt und meine Füße in ein Sprudelbad gestellt. Meine Pedikeuse massiert die Zehen mit Essenzen und fängt an, zu klippen und zu schieben und… was weiß ich, alles möglich anzustellen, um hinterher einen Preis von 20 Dollars zu rechtfertigen. Um uns herum wird viel geschwätzt, gelacht und gestikuliert. Armreifen klirren, Henna-Tattoos werden verglichen und war diese Wedding heute nicht toll? Diese Fahnen überall. Und die Statuen. Und diese orangenen Rundbögen bei der Zeremonie. Hach! So schön! Und so farbenfroh. Die Schnatterliesen besuchen die separierte Reparaturliese und bedauern sie. Wie scheußlich muß es sein, ausgerechnet heute einen Fingernagel einzureißen? Wie toll ist das denn, daß ihr so schnell geholfen werden kann? Und sind die Saris nicht schön? Und der ganze Schmuck? Und hier, mein Henna-Tattoo? Nein, meins. Das ist noch viel schöner. Indische Hochzeiten sind einfach das allercoolste – das hat sie wieder toll hingekriegt, die Sandy. Sandy ist die mit dem Reißnagel und sehr geschmeichelt. Sie sei ja nun schon ein paar Jahre im Weddingplanning-Business und “Monsoon Wedding” sei ihr persönliches Lieblingsmotto, gleich nach Star Wars. Ich beginne zu begreifen: das ist eine Themenhochzeit. Drum stecken in den bunten Saris ausschließlich Amerikanerinnen. Jetzad.
Sandy hat die Hand im Trockengerät und ist in Plauderlaune. Sie könne sich noch genau an ihre erste India-Wedding erinnern. Da sei unter den Gästen eine Inderin gewesen und sie habe die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und nachgefragt “Did I do India right?” Sie verstehe bis heute nicht, warum die Befragte seinerzeit solchermaßen eingeschnappt* reagiert habe.
Ich schon. Mann, bin ich froh, daß ich nur zehn Zehen habe und schon fertig bin.
* “I still don’t get it why she was, like, so upset.”