Im Silcion Valley gibt es jede Menge Nerds und die haben bekanntermaĂen eine Neigung zu Computer-, Brett- und Rollenspielen. Gerade neulich erst, so erzĂ€hlt ein Kollege, sei er bei “Logan’s Run” in den StraĂen von San Franciso mitgelaufen. (http://logansrun2274.com/)
Ich hatte ja von nichts eine Ahnung, und muĂte erst mal aufgeklĂ€rt werden, daĂ es sich um einen Science Fiction Film aus den Siebzigern handelt, der in einem computergesteuerten Utopia spielt, in dem es Menschen an nichts fehlt. Sex, Schönheit, Drogen. (Wie gesagt: aus Siebziger). An ihrem 30. Geburtstag besteigen sie ein Karussell und fliegen zur “Erneuerung” gen Himmel. Wer nicht rechtzeitig beim Ringelspiel ist, gilt als “Runner” und wird von “Sandmen” eliminiert. Dann aber wird der Sandman Logan (Michael York) selbst zum Runner und macht sich auf die Suche nach dem legendĂ€ren “Sanctuary” auĂerhalb der Stadtmauern, wo er auf den elendiglich wirren und tattrigen Peter Ustinov trifft. “The Old Man” lebt in den Ruinen des Capitols, zwischen Lincoln Denkmal und Obelisk, umgeben von Katzen, rezitiert T. S. Eliot (noch vor Andrew Llyod Webber) und preist die Segnungen des Alters. (Falten, Erinnerungen.) Und weil’s eh keiner anschauen wird, verrate ich den SchluĂ: Vereint besiegen sie den Computer, brechen aus ihrem Utopia aus und machen sich daran, die Erde wieder ĂŒberzubevölkern. Ăbrigens spielt wie in jedem Film der Siebziger Farrah Fawcett eine vielhaarige dekolletierte Blondine.
Ich hatte gerade nichts besseres vor und mir den Film angesehen und wurde voll in die Vergangenheit zurĂŒckkatapultiert. 1976. Da war MitschĂŒlerin Bettina gerade zur Modeavantgardistin der Schule geworden, weil sie vom Einkaufen – in Stuttgart – (Wow!) eine Rundhose mitgebracht hatte. Mit ReiĂverschluĂ hinten. (Doppel-Wow!) Im Kultusministerium BaWĂ wurde die reformierte Oberstufe und im selben Atemzug der Untergang des Abendlandes diskutiert: Grundkurse. Und Leistungskurse. Wie an der Uni. Viel zu frĂŒhe Spezialisierung, damit geht die Allgemeinbildung vollends vor die Hunde. Wehrlose Referendare konnten ihre Chancen auf Festanstellung verbessern, wenn sie eine der gerade als GegenmaĂnahme in Mode gekommenen nachschulischen Arbeitsgruppen betreuten. SelbstverstĂ€ndlich freiwillig und ohne Bezahlung. (SchwĂ€bisches Gymnasium.)
Und genauso sieht Logan’s Run mit heutigen Augen betrachtet aus. So, als ob die Schulleitung zur Einweihung der brandneuen Mehrzweckhalle einen Thementag anordnet, zu dem jedweder sein SchĂ€rflein beizutragen habe. Die MĂ€rklin-AG baut einen futuristischen Parcours mit gehĂ€uteten BĂ€llen als GewĂ€chshauskuppeln, liebevoll gestalteten Landschaften mit einzeln ins (in GrĂŒnvariationen gestrichene) Styropor gerammten PlastikbĂ€umchen, KlorollenhochhĂ€uselchen und einem HightechtzĂŒglein (Leihgabe vom MĂŒller Schorsch und auch nur von ihm persönlich zu betreiben). Die Theater-AG ist leider auswĂ€rts auf Gastspiel, aber die Mitglieder der Theater-Förder-AG sind mit vollem Einsatz dabei und rezitieren die Dialoge der AG-Holzwerken direkt vom Blatt. Die Musik-AG bringt ihr ganzes Archiv ein, mit einer Spannweite von Kraftwerk bis zum Lassie-Soundtrack und die Super-8-AG hĂ€lt im Afri-Cola Rausch drauf. Nach dem Motto: Film ist teuer, was im Kasten ist, ist im Kasten.
Weiah! In Hollywood feiern die Siebziger gerade fröhliche UrstÀnd (Argo, Dallas Buyers Club, American Hustle). Man fragt sich wirklich warum? Frisuren, Klamotten und Brillen können es beim besten Willen nicht gewesen sein.