Irgendwann musste es ja soweit kommen: die solidarische Begleitung meiner Gäste bei ihren Stützkäufen für den notleidenden US-Textileinzelhandel, mein Status als Eddie Bauers “Friend” sowie die überraschend geringe und noch dazu kleinräumige Anzahl von Closets (Einbauschränken) im Häuschen führten zu akuter Stauraumverknappung. Ich hatte erwogen, demnächst Ikea (2 Autobahnausfahrten vom neuen Büro entfernt) aufzusuchen. Ist hinfällig.
Heute nämlich kam ich an einem Garage-Sale vorbei und dachte im Vorbeifahren noch, dass das Möbelangebot doch dem sehr nahe käme, was ich beim Zurückgehen oder Weiterziehen verkaufen würde. So eine Mischung aus liebgehabt und mitgebracht, Ikea und Salvation Army. Und da war SIE. Die Kommode, die ich bei Ingvar erstanden hätte. Mit dem Vorteil, dass sie schon komplett zusammengeschraubt sowie den Griffen meiner Wahl versehen war. (Ich bin kein Ikea-Jünger der ersten Stunde. Ich ziehe Möbel, vor allem mit Schubladen und Unmengen von Schräubchen und Nägelchen, im Endzustand vor.) Umdrehen und Davorstehen war eins. Die Besitzerin pries das gute Stück an, hatte sogar den Kassenzettel parat und ihr Akzent klang so vertraut. Und ja, sie ist Deutsche, vor eineinhalb Jahren hergekommen, um erst mal zu bleiben. Ihr Mann wurde aktuell überraschend nach Asien versetzt, also fliegen sie am 1. September und was heute im Lauf des Tages nicht verkauft wird, bekommt die Heilsarmee. Das hätte sie nun mir, die jahrelang Trainingscamps von Marrakesh bis Damaskus besucht hat, nicht unbedingt erzählen sollen – wir haben also eine ganze Zeit hin- und hergefeilscht und dabei Erfahrungen ausgetauscht. Sie ist, zum Beispiel, wie ich, an einen Garten gekommen, wie die Jungfrau zum Kind, und hat, wie ich, die Freude daran entdeckt. Sie hätte auch gerne ihre sozialen Kontakte mit Kursen in der Erwachsenenbildung erweitert. Das ist, wie ich aus eigener Kenntnis weiß, unmöglich, wenn man nicht nine to five arbeitet, denn der späteste Kurs fängt um 18:00 Uhr abends an. Und dann das antiquierte Bankwesen… Und die Waschmaschinen… Und die Putzmittel…
Sehr schade, dass wir uns nicht früher kennengelernt haben, ich glaube, wir hätten einander sehr gut leiden können.
Wir sind uns (zu meinem Preis) handelseinig geworden und ihr Mann und dessen Buddy haben das schwere Möbel in den Kombi verladen (hach, ist das ein tolles Auto, 3 Handgriffe und eine Ladefläche wie ein großer…). Erst beim Wegfahren habe ich angefangen, mir Gedanken zu machen, wie ich (ich hab ja schließlich noch Rücken) das Ding je aus dem Auto und dann auch noch an den vorgesehenen Platz bekommen soll.
Manchmal stehe ich einfach unter einem guten Stern: Sam und Francisco unterhielten sich, gerade als ich ankam, draußen auf der Straße. Sie wollten nur wissen, was wohin soll. Gracias!