Bay Bridge is closed

Die Bay Bridge ist aus Renovierungsgründen über das ganze Labour Day Wochenende, beginnend mit gestern Abend, 20:00 Uhr, geschlossen. Alle Zeitungen sind voll davon, an den Autobahnen stehen seit Wochen blinkende Warnschilder, und heute morgen im Radio konnten sich die Kommentatoren gar nicht mehr beruhigen, angesichts der tapferen Haltung der Pendler (“our brave commuters”) zum  “Armageddon”. Für den Öffentlichen Personennahverkehr allerdings bestand überhaupt kein Grund längere oder mehr Züge auf den Alternativstrecken einzusetzen. Die meisten Sonst-Die-Brücke-Nutzer haben das sehr pragmatisch gelöst und einfach ihr Labour Day Wochenende um den Freitag verlängert und fahren dann halt Dienstagfrüh erst über die dann hoffentlich reparierte Brücke wieder zur Arbeit. Mal gucken wie sie bauen?

http://baybridgeinfo.org/construction-cams

Ich für meinen Teil werde einfach die Stadt verlassen und erst ganz spät am Montagabend zurückkommen.

“If You Need Heroes, Send In The Basterds”

soweit zu Quentin Tarantinos neuestem Film “Inglourious Basterds”.

Es ist schon hinreichend kontrovers darüber geschrieben worden, und nachdem ich jetzt endlich im Kino war, finde ich, wenn man es so gut macht wie Tarantino, dann darf man Geschichte verfälschen. Er hat wunderbar besetzt, seine Schauspieler geben alles (Brad Pitt habe ich seit “Snatch” nicht mehr so gut gesehen) und der Sprach-Mischmasch (darunter Deutsch, Österreichisch, Französisch, Britisch, Amerikanisch und Tenneseeisch) hat mir richtig Freude gemacht. Ob es jeden Tropfen Filmblut wirklich gebraucht hätte – ich weiß es nicht. Und wer immer Tarantino bei der Musikauswahl berät ist ein Guter.

Reingehen, bei Baseballschlägern und Messern im Einsatz ab und zu mal weggucken, vor allem bei den Farben und den Filmzitaten genau hinsehen (Christoph Waltz drückt eine Zigarette im Sahnehäubchen auf seinem Apfelstrudel aus, das ist Hitchcocks Eidottern unbedingt ebenbürtig, außerdem habe ich noch nie einen Menschen so infam kauen sehen wie Waltzens SS-Mann. Oder wenn Mélanie Laurent, in feuerroter Robe und mit feuerrot geschminkten Lippen, mehrfach gespiegelt, vor einem Filmplakat sich fertigmacht zur Feuersbrunst – das ist ganz groß!), hinhören und sich knapp 2 Stunden lang wirklich gut unterhalten lassen.

Tribut

Irgendwann musste es ja soweit kommen: die solidarische Begleitung meiner Gäste bei ihren Stützkäufen für den notleidenden US-Textileinzelhandel, mein Status als Eddie Bauers “Friend” sowie die überraschend geringe und noch dazu kleinräumige Anzahl von Closets (Einbauschränken) im Häuschen führten zu akuter Stauraumverknappung. Ich hatte erwogen, demnächst Ikea (2 Autobahnausfahrten vom neuen Büro entfernt) aufzusuchen. Ist hinfällig.

Heute nämlich kam ich an einem Garage-Sale vorbei und dachte im Vorbeifahren noch, dass das Möbelangebot doch dem sehr nahe käme, was ich beim Zurückgehen oder Weiterziehen verkaufen würde. So eine Mischung aus liebgehabt und mitgebracht, Ikea und Salvation Army. Und da war SIE. Die Kommode, die ich bei Ingvar erstanden hätte. Mit dem Vorteil, dass sie schon komplett zusammengeschraubt sowie den Griffen meiner Wahl versehen war. (Ich bin kein Ikea-Jünger der ersten Stunde. Ich ziehe Möbel, vor allem mit Schubladen und Unmengen von Schräubchen und Nägelchen, im Endzustand vor.) Umdrehen und Davorstehen war eins. Die Besitzerin pries das gute Stück an, hatte sogar den Kassenzettel parat und ihr Akzent klang so vertraut. Und ja, sie ist Deutsche, vor eineinhalb Jahren hergekommen, um erst mal zu bleiben. Ihr Mann wurde aktuell überraschend nach Asien versetzt, also fliegen sie am 1. September und was heute im Lauf des Tages nicht verkauft wird, bekommt die Heilsarmee. Das hätte sie nun mir, die jahrelang Trainingscamps von Marrakesh bis Damaskus besucht hat, nicht unbedingt erzählen sollen – wir haben also eine ganze Zeit hin- und hergefeilscht und dabei Erfahrungen ausgetauscht. Sie ist, zum Beispiel, wie ich, an einen Garten gekommen, wie die Jungfrau zum Kind, und hat, wie ich, die Freude daran entdeckt. Sie hätte auch gerne ihre sozialen Kontakte mit Kursen in der Erwachsenenbildung erweitert. Das ist, wie ich aus eigener Kenntnis weiß, unmöglich, wenn man nicht nine to five arbeitet, denn der späteste Kurs fängt um 18:00 Uhr abends an. Und dann das antiquierte Bankwesen… Und die Waschmaschinen… Und die Putzmittel…

Sehr schade, dass wir uns nicht früher kennengelernt haben, ich glaube, wir hätten einander sehr gut leiden können.

Wir sind uns (zu meinem Preis) handelseinig geworden und ihr Mann und dessen Buddy haben das schwere Möbel in den Kombi verladen (hach, ist das ein tolles Auto, 3 Handgriffe und eine Ladefläche wie ein großer…). Erst beim Wegfahren habe ich angefangen, mir Gedanken zu machen, wie ich (ich hab ja schließlich noch Rücken) das Ding je aus dem Auto und dann auch noch an den vorgesehenen Platz bekommen soll.

Manchmal stehe ich einfach unter einem guten Stern: Sam und Francisco unterhielten sich, gerade als ich ankam, draußen auf der Straße. Sie wollten nur wissen, was wohin soll. Gracias!

Heute auf dem Restaurantbeleg

ein Zitat von Frank Lloyd Wright: “Dining is and always was a great artistic opportunity.”

Es dauert bestimmt nicht mehr lang, bis sie anfangen, Fortsetzungsromane draufzudrucken.

Scheuermilch

hatte ich schon eine ganze Weile gesucht. Gehört hier wohl nicht zu den gängigen Reinigungsmitteln, deren wichtigste Eigenschaft ohnehin zu sein scheint, den Duft von “frisch geputzt mit hochwertigem Keimbekämpfer” (“germs” sind ganz was böses) zu verbreiten. Wie ich es gerne nenne: “olfaktorisch rein.”

Im mexikanischen Supermarkt bin ich fündig geworden, sogar mit “Blanqueador”. Ja dann. Frisch aufgeputzt!

Es bumpert an der Tür

Wieder ist es Abend, und ich rumpelstilzche gerade durch die Küche (vor lauter “Aua” und “Autsch” und Hitzewallung meine Müslischüsseln zu Boden fegend – es war wie immer: die mit dem Sprung ist heilgeblieben, eine aus dem neuen Viererset in Scherben zerprungen), da bumperts an der Tür.

Nein, heute nicht die Sicherheitsdame, sondern der Nachbarsbub: die Eltern hätten ihn ausgeschickt zu fragen, ob ich denn wohl gerne frische Tomaten hätte. Hätte ich. Also bringt er: vier orangengroße Ungetüme mit dem Hinweis, dass es morgen mehr gebe.

Habe spontan den Speiseplan umgestellt: wenn ich mit Schreiben fertig bin, gibt es (eine) Tomate mit dem unaussprechlichen mexikanischen Streifenkäse und rotem Basilikum aus meinem Garten. Yummie.

witch shot

Ein Hexenschuss heißt im Amerikanischen ganz langweilig “Lumbago”. Andererseits ist es mir gerade auch herzlich egal, wie man nennt, was den Glöckner von Notre Dame im Gegensatz zu mir einer bewegungsfreudigen Gazelle gleichen läßt.

Als Hausmittel empfehlen sich heiße Bäder. Was sich nicht empfiehlt, ist das Auftragen von “Extra Hot Muscle Rub” (das mit dem XXL Chili-Anteil) auf den vom Bade erhitzten Körper. Sollte ich je mal in einem Kinderstück das Rumpelstilzchen zu besetzen haben, werde ich den Darsteller zu genau dieser Maßnahme zwingen – die folgenden Bewegungsabläufe sind eigenartig genug, um den Charakter sehr authentisch abzubilden. Ach wie gut, dass niemand weiß…

Darüber hinaus stinke ich kilometerweit gegen den Wind nach Kampher. Motten werde ich also keine kriegen,,,

Ich plädiere dennoch dafür, den hiesigen Wortschatz um “witch shot” zu erweitern – auch wenn es möglicherweise, speziell in der Gegend um Salem, nicht ganz p.c. ist. Aber es klingt einfach schmerzhafter.

“You gotta go down and join the union”

Die Gewerkschaften der kalifornischen Staatsangestellten finanzieren zur Zeit Radiospots, die den aktuellen Gouverneur des Verrats zeihen. Sie hatten mit ihm im letzten Oktober eine Art Stillhalteabkommen getroffen; keine Lohnerhöhungen, keine Steigerung bei irgendwelchen medizinischen Leistungen oder dergleichen, dafür aber keine weiteren Einschnitte von Bundesstaatsseite. Und dann kam Schwarzenegger mit den “Furlouhg Days” (unbezahlter Zwangsurlaub), die für jeden betroffenen Mitarbeiter eine 14%ige Einkommenseinbuße bis Mitte 2010 bedeuten.

Der Radiospot, angekündigt als bezahlter Beitrag der Sowieso-State-Union geht so: Eine Schulklasse wird von ihrer Lehrerin über die Verdienste von Gouverneuren abgefragt. Gouverneur X hat das Bildungssystem verbessert, Gouverneur Y die Sicherheit des Bundesstaates. “And what about Governor Schwarzenegger?” Und dann geht’s los: “Lügner, Verräter, Vertragsbrecher…” Als die Lehrerin eingreift, das seien doch recht harte Worte, referiert ein Herr mit einer wunderbaren Radiosprechstimme die Fakten.

Danach kommt Werbung für Seepferdchen in Monterey.

Gerade auf der Straße,

als sich einer an einer schmalen Stelle unbedingt an einem älteren Paar vorbeidrängeln muss; der Senior, mit Grandezza: “I’m retired. You’re still working and need to rush. Go ahead.”

Spiel, Satz und Sieg.

Why not?

Lyn hat mich heute früh abgefangen, weil sie wissen wollte, ob mich denn das laute Pfeifen der Züge in den frühen Morgenstunden auch geweckt habe. Das käme nämlich daher, dass sich dumme Menschen zum Zwecke der Entleibung vom Zug überrollen ließen. Und das sei doch ganz schrecklich. Zum Beispiel für die Zugführer, die bekämen im Anschluss an einen solchen Vorfall oft eine ganze Woche frei “to compose themselves”.  Und für die Leute in der Nachbarschaft, die arbeiten gehen müssen, und wegen des Lärms nicht genügend Nachtschlaf bekämen. Ihre Schlussfolgerung:

“Why don’t they just throw themselves from the bridge?”