In der Warteschleife

Anruf bei der Autowerkstatt, um einen Service-Termin zu vereinbaren. Statt eines Klingeltones dudelt irgendwas und eine guturale Stimme raunt mir zu: “Enjoy the music while holding”. Sofort grölt Brenda Lee aus vollem Halse “I’m sorry, so sorry / That I was such a fool…” (dass ich hier anrufe oder was?). Das von den Menschen, die meinen Wagen reparieren sollen – ich habe schallend gelacht.

Und mußte mich erst wieder sammeln, um der auftragannehmenden Dame am anderen Ende später mein Anliegen vorzutragen.

Rinder, Rehe, Rentner, Raser

Eine Reise in den Norden ist gleichermaßen auch eine Fahrt durch den Schilderwald. Dass man in einer Gegend, die mit Milchwirtschaft und Steaks protzt vor freilaufenden Kühen warnt, kann ich verstehen. Vorsicht vor Rotwild im Wald ist sicher auch angebracht, wobei die paar klatschnassen Bambies, die wir gesehen haben, ordentlich am Straßenrand warteten und wie ABC-Schützen (leider ohne gelbe Mützen) vorschriftsmäßig nach rechts und links blickten, bevor sie – wenn keine Gefahr mehr bestand – die Straße überquerten. Das Schild “Trucks Xing” wirkte eher handgemalt und trat nur einmal auf, das könnte auf einen Redneck hinweisen, der einfach immer freie Fahrt aus seiner Ausfahrt haben will. Und schreiben kann.

Warum allerdings mitten im Nirgendwo im tiefen Wald kreuzende Senioren von Unheil künden, das hat sich mir nicht erschlossen…

Meteorolgie

“Die Meteorologie ist ein Teil der Atmosphärenwissenschaften und konzentriert sich hierbei unter anderem auf die Dynamik der unteren Erdatmosphäre und das dadurch hervorgerufene Wetter.”

Genau. Landläufig sind das die Jungs von der Wettervorhersage. Also die, die seit Karfreitag hier ordentlich Regen vorhersagen. Demzufolge haben wir am Freitag erst mal abgewartet, keine großen Pläne gemacht, waren, mild besonnt, in der näheren Nachbarschaft unterwegs und haben uns einen “Asseltag” gegönnt, gefaulenzt und das Viertagewochenende ruhig angegangen. Ganz ruhig.

Am Samstag wollte die Sonne es dann richtig wissen und wir mit ihr – ab in den Süden, mit Stop an jedem zweiten Pazifikstrand von Pacifica bis San Gregorio (und das sind viele) mit Ah und Oh und Seelöwen und überbordenden Blüten und angerösteten Nasen und Picknick und einem dermaßen kitschigen Sonnenuntergang an Bluff-Beach – sah auch wirklich eher aus wie Technicolor und nicht wie simple Natur…

Na dann, wenn “heftiger Regen” so aussieht… dann fahren wir am Sonntag in den Norden, schön auf dem Highway Number One über die Golden Gate und bis Bodega Bay mit dem insgeheimen Wunsch, Mr. Hitchcock zu treffen (oder wenigstens ein paar Vögel…) mit dem Ziel, die Hot Springs in der Gegend um Calistoga auszuprobieren oder ein paar gut temperierte Schlammbäder zu nehmen. Dass es im Moment der Abfahrt schon leicht nieselt, ignorieren wir erfolgreich – ach was, die wollen uns sicher bloß ärgern… Dass der Regen an Intensität zunimmt und die Golden Gate Bridge in dem Nässeschleier schlecht erkennbar ist – ach was, das wird besser, da vorne ist es schon viel heller. Wir sind an Muir Beach ausgestiegen, haben Fleece- und Regenschichten angelegt, kurz den aufgewühlten Pazifik beguckt und sind klitschenass wieder eingestiegen. Mit dem Wissen, unsere Heldentat für heute erledigt zu haben, gefühlt hatten wir jeweils Anspruch auf den “Pour Le Mérite” mit Eichenlaub am Bande in Gold erworben. Himmel, war das kalt und nass! Man möcht’s kaum glauben, es war sogar ausbaufähig. Irgendwann auf den schönen Serpentinenschleifen des Number One, durch herrliche Wälder, Küsten- und Wattlandschaften, und an Weiden voller nasser Rinder und Schafe vorbei (die Lämmchen waren so nass, die sahen aus wie Shaun ohne Pulli), liefen die Scheibenwischer und das Gebläse auf Hochtouren und unsere Nerven lagen blank (nix Picknick, also Hunger, nix trockene Picknick-Area, also kein Klo) und kurz vor Calistoga ein Schild, dass man auf dem 101 in knapp 80 Meilen wieder in San Francisco sei. Wir haben uns nur kurz angesehen, den Blinker gesetzt und sind heimgefahren. Zum Haus mit Pumpe und Heizung.

Nun ist Montag, Wettervorhersage wie an jedem Tag, heute morgen hat uns einer jener tropischen Regenschauer geweckt, seitdem scheint die Sonne, die Vögelein zwitschern und wir versuchen’s gleich mal wieder Richtung Süden.

Gegen Meteorolgie ist Astrologie eine sehr handfeste Wissenschaft.

Full House

Ich habe schon ein Riesenglück: am Sonntagabend ist Uli abgereist und wieder gut zu Hause angekommen und schon am Mittwoch bin ich wieder zum Flughafen gefahren, um Bruni abzuholen.

Wir werden ein richtiges Osterfest haben (also nix Kirche, Eier suchen oder so – aber vier ganze freie Tage am Stück und bezahlt… – das ist hierzulande keine Selbstverständlichkeit) und heute beim Karfreitagsfrühstück überlegen, wonach uns der Sinn steht. Leider hat irgendwer beim Frühling zugunsten des Programms “Wasser für Kalifornien” auf die Pausentaste gedrückt. Das mit dem Wasser ist ja gut, aber muss es denn gleich so viel sein, dass die Pumpe unterm Haus schon wieder anspringt? Unser Bundesstaat ist glücklicherweise reich an Natur und zwei Autostunden von hier gibt es heiße Quellen und Wellnesshotels – ich seh uns schon in einem gutgeheizten Jacuzzi sitzen und dem Regen durch gut isolierte Fenster beim Regnen zuschauen…

Vieleicht komme ich ja auch dazu, die Photos aus Ulis Zeit hier endlich online zu stellen – da wärs dann auch wieder sonnig.

Restaurant-Tip

Ich habe einen Newsletter abonniert, der mich über kulinarische Neuheiten aus der Gegend auf dem laufenden hält. Heute war ein echtes Schmuckstückchen dabei: “Christine L is smitten over the burgers at Godfather’s Burger Lounge in Belmont, gushing that “if it were possible to make love to a burger, I would find a way at this restaurant. I only order the one with garlic sauteed mushrooms, onions and crispy bacon on top. It is so delicious. I tend to bite off more than I can chew, then I finished this bad boy.”

Wenn überhaupt, dann will ich da an einem Tag hingehen, an dem die Dame keinen kosenden Zugriff auf Nahrungsmittel hat… Einfach nur genußvoll essen langt doch völlig.

Heimgeleuchtet

In den letzten Tagen war ausgesprochen schönes Wetter, aber am Montagabend wollte es umschlagen und mal wieder regnen. Allerdings noch unentschlossen, und so bin ich auf dem Highway 280 in vollkommen unterschiedlichem Licht heimgefahren, in einem Wechselspiel von untergehender Sonne und dicken, dünnen, schleirigen und anderen Wolken, Spiegelungen in den den Stauseen und ungemein variationsreichen Brechungen in Grün (Wälder (Laub-, Nadel-, Misch-), Wiesen, Auen, auf Böschungen, Erhebungen, Hügelchen und anderen Anhöhen. Mit kleinen Regenbögen und allen Formen von Regen, Nieselstaub bis Wallewasser.

Wenn’s die Academy hätte miterleben dürfen: dafür hätte sie den Beleuchtungs-Oscar verliehen.

Uli in Kalifornien

Erst mal (und ganz wichtig): schön, dass du warst – ich habe unsere Zeit sehr genossen!

Für alle, die noch anreisen: Uli war ein großartiger Scout und hat für die Nachkommenden viel Infomaterial gesammelt, Karten und Fahrpläne besorgt und jede Menge gute Tips weiterzugeben.

Wir wissen jetzt, wie man 40 Dollar geschenkt bekommt, wenn man ein Paar Socken kauft (Levis in Gilroy), dass sich der Begriff “Brückentag” davon herleitet, dass man an einem Tag die Bay auf drei verschiedenen Brücken (Golden Gate-, Richmond-, Bay Bridge) überquert, dass es nicht nur in Berkeley eine Telegraph Avenue gibt, sondern auch in Oakland und das Navi (der Depp) die beiden nicht unterscheiden kann. Wir kennen den Thrill, genau über dem San Andreas Graben zu stehen (und zu hoffen, dass THE BIG ONE uns nicht genau in dem Moment verschlingt). Darüber hinaus haben wir alles über das Krabbenfangen in der Bay erfahren,  können männliche von weiblichen Tieren unterscheiden (China Camp State Park und Pacifica) und den Beweis antreten, dass es sich bei Bagels um Meeresfrüchte handelt (Moss Beach). Vom Nachbarn beschallt, konnten wir unsere Spanisch-Kenntnisse ausbauen, von “!applauso” zu “pistola”, was unweigerlich wieder mangels “suerte” zu “muerte” führt, mit einem freundlichen Walzertakt und dramatischen Bläsern unterlegt. Wir haben riesige Klumpen New York Steaks (mit Smokey Joe und großem Stolz) selbst gegrillt und mit großem Genuß verspeist (es hilft, wenn man den Salat wegläßt), und uns dabei ständig von einer intensiven kalifornischen Frühlingssonne bescheinen lassen. Es hätte nicht besser sein können.

Come again.

PS: Bilder dazu gibts demnächst.

Zyklus

Ob die Dame mit dem Nummernschild ISPRUNG wohl nach dem Rotationsprinzip vorgeht und in 2 Wochen die license plate PMS NOW anschraubt? Und hat das möglicherweise Auswirkungen auf ihren Fahrstil?

Da ist man noch nicht mal ganz wach frühmorgens auf der Autobahn und soll schon solche existentiellen Fragen bedenken…

Feierabendphilosoph

Schnell mal zum Rauchen runter auf die Straße, die letzte vor Feierabend. Seit wir umgezogen sind, habe ich aber leider keinen Robert mehr, der mit mir eine Zigarettenlänge lang das Leben an sich diskutiert, und das fehlt mir schon sehr. Vorhin war mir das Glück hold: ein Herr sprach mich an, ob ich wohl sechs Fragen für ihn hätte. Bidde? Ach nein, anders, er habe sechs für mich. Interessante Fragen, ich habe jedes Mal kurz in mich gehen müssen, bevor ich antworten konnte. Als wir fertig waren, wollte ich aber doch wissen, warum er das alles überhaupt wissen will: Er ist Software-Ingenieur und der Austausch mit dem Computer reiche ihm nicht mehr. Menschen seien einfach spannender Deswegen besucht er jetzt die Abendschule und hat Philosophiekurse belegt.

Und ich habe ihm bei seinen Hausaufgaben geholfen.