Vom Bloggen in der Heimat (da, wo die anderen auch wohnen)

Früher, als ich noch vom Küchentisch in San Bruno aus meinem Gastland erzählte, waren die Inhalte exotischer und der Großteil meiner Leser weit weg und meist längst im Tiefschlaf, wenn ein neuer blogpost rauskam.

Inzwischen ist das anders, viele lesen den flockblog fast in Echtzeit. Das ist zum einen ein großes Kompliment, vielen Dank dafür, hat aber auch einen Effekt auf die dichterische Freiheit der Autorin (“Wie? Du hattest Wurschtbrot zum Abendessen? Du hast doch geschrieben, du machst dir Salat…”), macht mich aber dafür zu einer besseren Zuhörerin. Was bleibt mir denn auch übrig, wenn ich eine Geschichte anfange mit “Neulich, in diesem Jazzkeller…” und mein Gegenüber mich mit einem wissenden Lächeln unterbricht “Ja, hab ich gelesen. Die Unterfahrt wieder, gell? Und du hast ja wohl ein Faible für Blechbläser…”

Vielleicht sollte eine Frau doch ein Geheimnis haben. Oder mindestens zwei. Oder drei.

Neu im Kino: Suicide Squad

Im DC Universum scheint es inzwischen zu reichen, wenn Zack Snyder auf dem Weg zur Kantine einmal über das Set bummelt, damit wieder ein Zack Synder Film rauskommt und wenn man mit dieser Erwartung ins Kino geht, wird sie voll erfüllt. Als Leckerle bekommt man noch einen Will Smith oben drauf, der richtig Spaß daran zu haben scheint, den coolen schwarzen Ghetto-Gangsta-Sniper “Hat-in-seinem-ganzen-Leben-noch-nie-danebengeschossen” Deadshot zu geben – und diesen, weil er doch so ein breites darstellerisches Spektrum hat, in Personalunion mit einen liebevollen Kindsvater. Außerdem herausstechend: Margot Robbie. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich draufkam, an wen mich ihre Harley Quinn erinnert – es ist die sehr junge Nina Hagen. Ohne deren Stimmumfang, dafür akrobatisch.

Sehen müssen tut man den Film nicht. Aber als unterhaltsame Spätvorstellung nach dem Biergarten taugt er allemal.

Tempus fugit oder Ist das jetzt echt schon ein Jahr her?

Vor einem Jahr bin ich, gestresst vom Abschiednehmen und dem Dauerkonflikt Wegwerfen/-geben oder Mitnehmen & Einpacken, einem Container mit Hausstand auf dem Schiff und der Aussicht auf eine noch ungewisse Zukunft, mit meinen beiden Koffern in den Nachtflieger von San Francisco nach München eingestiegen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren ohne Rückflugticket.

Und dann war ich hier. Um zu bleiben.

Was macht der Mensch dann? Einen Plan. Wo wohnen? Die Übergangsphase wurde mir leicht gemacht und ich werde dafür immer dankbar sein; ich war eingeladen, so lange im Gästezimmer von Annette und Otto zu bleiben, bis ich was Eigenes habe. Wie großartig, nicht mit Sack und Pack auf wechselnden Freundescouchen surfen zu müssen, sondern schon mal wo zu sein – nicht, dass es an Angeboten gemangelt hätte, für die ich ebenfalls für immer dankbar sein werde.

Was aber nichts an der Frage ändert: wo wohnen? Und sollte ich das wirklich entscheiden, bevor ich weiß, wie und wo ich meinen Lebensunterhalt verdienen werde? Nein. Also erste Priorität: Arbeit finden. Nicht gerade wenig herausfordernd, mitten in den Sommerferien in Bayern, und es wurde auch nicht leichter, als ich entdecken mußte, dass die Festplatte, auf der alle meine Zeugnisse und sonstigen bewerbungsrelevanten Unterlagen gespeichert waren, den Flug nicht überstanden hatte und irreparabel gecrashed war. Himmel, kann denn bei mir nicht einmal irgendwas einfach einfach sein?

Das Jammern bleiben lassen, zurückgelehnt, auf meine Stärken besonnen, tief durchgeatmet und einen Drei-Monats-Plan aufgestellt:

  1. Die Welt* wissen lassen, dass ich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe.
  2. Den richtigen Job finden.
  3. Die richtige Wohnung finden, möglichst mit Balkon, möglichst in U-Bahnnähe (dieser im Nachhinein weise Entschluß stand schon fest, bevor ich ein Vierteljahr Spaß mit der S7 hatte) und, nach der Erfahrung von sieben Jahren viel zu langem zeitverschwendendem Commute, nicht zu weit von der neuen Arbeitsstelle entfernt.
  4. Langsam in Panik ausbrechen, wenn bis Ende November noch überhaupt keine Erfolge zu verzeichnen sind.
  5. Ganz wichtig: Punkt 4 gründlich beachten: “Langsam …”.
  6. Sollte sich bis Ende November wirklich nichts getan haben, Ferienpläne für Dezember machen. In der Vorweihnachtszeit tut sich eh nichts und es lohnt nicht, dann im kalten Deutschland zu sitzen und das Feuer unter dem Panikkessel zu schüren.
  7. Ein erster Panikausbruch mit Weltuntergangsstimmung (“das wird nie was, oh mein Gott, ich werde mit einem Einkaufswagen unter einer Isarbrücke enden”) ist zulässig, wenn Ende Januar immer noch weder die Aussicht auf einen Arbeitsplatz noch eine Wohnung besteht.
  8. Panikausbruch beenden. Danach sofort Ansprüche überprüfen, ggfs. reduzieren und Anstrenungen in jede Richtung verdoppeln. In diesem Fall: Ohren steifhalten, Zähne zusammenbeißen und an Monaco Franze denken.

Ja, und dann?

Dann haben sich die Puzzlesteinchen zu einem Bild gefügt: einer meiner Ex-Chefs empfahl mich meinem neuen; das Vorstellungsgespräch war eher eine Aufgabenbeschreibung, auf die ich mit “kann ich, weiß ich, mach ich gerne” antworten konnte. Erster Arbeitstag am 1. November. Damit war das Thema Jobsuche erledigt und der Zeitplan geradezu lässig eingehalten. Als nächstes war die Wohnung dran, in U-Bahnnähe, mit über die ganze Wohnungsbreite gehenden Balkon. Da hat es einem meiner ansonsten wohlwollenden Götter gefallen, sich ein kleines Späßle zu erlauben (s. https://flockblog.de/?p=29155), aber nachdem es letztendlich keinen Einfluß auf den Mietbeginn am 1. Dezember hatte, sei es ihm gegönnt. Auch hier: Vorpanikzeitplan eingehalten. Wenn auch knapp.

Was bleibt zu tun?

Nach einem guten halben Jahr** mit eigenem Herd finde ich das meiste, das ich eingeräumt zu haben glaube und weiß, was wo stehen, liegen, hängen soll. Demnächst werde ich jemanden mit gut sortiertem Werkzeugkasten anheuern, mir bei den Abschlußarbeiten zu helfen und dann wird die Wohnung um ein paar Provisorien ärmer sein; ganz ohne geht bei mir eh nicht.

Ich werde ein paar lang aufgeschobene Besuche machen, die, die bisher mit ordentlich Aufwand verbunden waren (“Meine S-Bahn kommt dann und dann an und wo soll ich auf dich warten und wie komme ich später wieder heim, wenn wir alle was getrunken haben werden?”). Der Corolla freut sich schon, endlich wieder Auslauf zu haben. Und ich erst.

Ich kann gar kein anderes Fazit treffen, als dass meine Heimkehr unter einem guten Stern steht. Ich Glückspilz ich.

 

* “Welt” ist sogar wörtlich zu nehmen, immerhin habe ich lange genug auf zwei Kontinenten gearbeitet.

** Doch, doch, die Rechnung stimmt ungefähr: ich war ja nicht immer zu Hause, sondern habe schon angefangen, mir meinen Wunsch nach Reisen zu Zielen in Europa zu erfüllen.

Fahr’n, fahr’n, fahr’n

Die Szene ist die A94 Passau-München, also eine bunte Mixtur von Autobahn, Landstraße und Ortsdurchfahrten, teilweise mit einem Tempolimit von (Achtung!) 30km/h, an einem Tag wie aus der Sommerferien-in-Bayern-Werbung: am weiß-blauen Heimathimmel grasen Schäfchenwolken, auf manchen Feldern steht noch Mais, von anderen lachen dicke Sonnenblumen oder leuchtende Silageballen und ein Düftepotpourri aus frischem Heu und Odel weht durch die Fenster.

Der Soundtrack: Winterreifenpfeifen (wenn’s ihnen zu schnell geht, und das ist oft), überlagert vom “Sound of the Seventies”*, wiederum überlagert von der Stimme der aus vollem Halse mitsingenden Frau am Steuer. Die versteht zwar besser Englisch als damals, als sie diese Hits noch (aufgemerkt, Jugend!) auf Kassetten aufnahm, was die Texte aber kein Stück sinnvoller werden läßt. (“The Road is my Driver” – WTF?) In den Augenwinkeln blinken Ortsnamen wie “Manholding” auf und erinnern an obangetränkte Diskussionen vom Vorabend, wo von den Absichten der Cock GmbH berichtet wurde, sich im Rahmen der zu erwartenden Globalisierung in Cock Holding umzubenennen und die Spekulationen über die damit erzeugte Erwartungshaltung in der angelsächsischen Sprachwelt wild ins Kraut schossen.

Wieso ich das erzähle? Im Haushalt eines Freundes war ein PKW überzählig geworden und der ist jetzt meiner. Ein älteres Modell aus Zeiten, wo Autos noch Aschenbecher und Zigarettenanzünder hatten, ohne viel neumodischen Tech-Schnickschnack, aber mit allem, was meinen eher geringen Anspruch an Komfort bedient, zum Beispiel Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber sowie Lenkrad, vier Räder, die bis zum Boden reichen und Blech drumrum. Hinzukam ein kostenfreier Lehrgang zum Aus- und Einbau einer Autobatterie, was wir, unterstützt von guten Ratschlägen von Leuten, die sich mit sowas auskennen (beim Ausbauen immer erst Minus abklemmen, beim Einbauen kommt Plus zuerst dran) ganz prima hinbekommen haben. (“Darf die neue Batterie nach dem Festschrauben wackeln?” “Eher ned.” “Fangen wir noch mal neu an?” “Eher ja. Gib mir den Elfer.”)

Und dann bin ich unter dem Motto “Kimm guad aufi” nach München gebraust und hatte dabei einen Höllenspaß. Das war neu. Ganz neu. Ich habe mein Leben lang geglaubt und postuliert, dass ich die geborene Beifahrerin bin und am Autofahren keinen Spaß habe. Ich fahr halt, weil es sich nicht vermeiden läßt. Und nun stelle ich zu meiner ganz großen Überraschung fest: es hat mir gefehlt. Sogar sehr. Ein Grund dürften die Eigentumsverhältnisse sein. Meins. Wenn ich jetzt eine Beule hineinfahre, ist das meine Beule und nicht die an einem geliehenen Auto. Mit der hatte ich schon fast gerechnet, als ich zum ersten Mal in meinen engen Tiefgaragenstellplatz gleich neben der Säule einparke. Okay, es waren mehr Anläufe, als es in ein paar Wochen sein werden, okay, das Auto ist ein, zwei Mal abgestorben, aber dann: steht da wie eine Eins, geparkt wie mit dem Schuhlöffel.

Jetzt gilt es nur noch, mich nach sieben Automatikjahren an die Wiederentdeckung des Jahres zu gewöhnen, das Pedal ganz links außen. Die Kupplung. Aber das wird werden und dann werden wir ganz viel Spaß haben und die neue Unabhängigkeit sehr genießen, der Corolla und ich.

Es scheint, als hätte ich zum Einjährigen** ein Auto bekommen.

 

* Die Kompilations-CD kam als Bonus (?) mit dem Fahrzeug.

** Dazu gleich mehr.

Neulich in Niederbayern

sah ich mit dem kulinarischen Konzept “Dampfnudeln mit Gurkensalat” konfrontiert. Das hätten schon dr Vattr und dr Großvattr gegessen, das sei eine ernstzunehmende Mahlzeit. Mir war das nicht vertraut. Zu einer Dampfnudel gehört für mich eine Vanillesoße und sonst gar nix. Schon gar keine Gurken!

Darum frage ich in die Runde: kennt das irgendwer außer denen?

Spätheimkehrer

Die Münchener Verkehrsbetriebe schaffen es vielleicht nicht, meine U-Bahn auch nach Mitternacht im 10-Minuten-Takt fahren zu lassen, aber dafür haben sie als Unterhaltungsprogramm für die Wartezeit ein Dutzend possierlicher Dunkelfellwinzmäuse engagiert, die um den Rischart-Backwarenstand im Untergeschoß des Marienplatzes herumwuseln und aus dem Stand – ungelogen – bis zu 30cm hoch springen, in der Luft einen Salto schlagen und dann flachbäuchlings ganz knapp vor der Mausekonkurrenz auf einem Breznfetzen landen können.

Das ist zwar nix gegen die verpaßten 20 Minuten Schlaf, stimmt aber versöhnlich.

Och, Mönsch!

Da bin ich jetzt auch endlich einem Computerspiel verfallen und spiele mich innerhalb kürzester Zeit auf ungeahnte Punktezahlen (zweieinhalb Millionen – besser als der beste Spieler in der Bestenliste, nämlich) und schon weit jenseits Level 50 hoch und dann installiert mir Windows ungefragt über Nacht Updates und startet noch ungefragter den Rechner neu und ich kann wieder ganz von vorne anfangen. Manno!

The name of the game: Bookworm. Das Suchtpotential? Hoch. Sehr hoch.

Bückware

Jaja, ich habs verstanden, die Relation “Für-Münzen-bücken” zu “Dabei-Knochen-und-Sohlen-abnutzen” ist nicht die beste (s. http://bit.ly/2aQzAgm). Hebe ich halt, wie heute, einen nett zusammengefalteten Schein auf und bekomme dafür den Salat fürs Abendessen und die Bürobrotzeit für morgen und eine Portion Eis für gleich auf dem Balkon* und hab immer noch Geld übrig.

Da lohnt sich das Bücken dann doch. Davon gerne mehr.

(Dass es, wenn ich meiner geschätzten Ex-Physiofolterdomina glauben darf, ein sehr schlechtes Zeichen für die Beschaffenheit der Knochen ist, wenn der Blick beim Gehen eher bodenwärts als nach vorne gerichtet ist, ignoriere ich dabei einfach mal.)

 

* War’n Witz. Wihitz! Es ist schließlich August und da ißt frau ihr Eis drinnen. Vorzugsweise mit heißen Himbeeren oder so.

Hoit amoi, Sommer!

Abends statt mit Buch aufm Balkon mit Strickjacke aufm Soffa und dann am Morgen Licht anmachen und der Garderobenauswahl ein Unterhemd zufügen müssen.

Um es mit den Worten des unsterblichen Häbbät G. zu sagen: Was soll das?

Vorhin im Bus

Eine Gruppe Kinder kommt offensichtlich von einem Ausflug zurück und damit die sehr aufgedrehten lieben Kleinen was zu tun haben, schlägt eine der Betreuerinnen Klatschspiele vor. Der Lieblingsreim der beiden Mädchen auf der Sitzbank vor mir geht so:

Auf einer bayrischen Bank, Bank, Bank,
da saß ein bayrischer Mann, Mann, Mann.
Und dieser bayrische Mann, Mann, Mann
der sagte: Himmeldonnerwetter,
Herr Professor mit dem Messer
in der Hand. Löwenzahn. Stopp!

Ein Ohrwurm wie aus einem Alptraum. Nach zwei Stationen im Regenstau kann ich ihn auswendig. Als ich nach fünfen endlich aussteige, könnte auch ich klatschen. Und zwar die Betreuerin.