Fahr’n, fahr’n, fahr’n

Die Szene ist die A94 Passau-München, also eine bunte Mixtur von Autobahn, Landstraße und Ortsdurchfahrten, teilweise mit einem Tempolimit von (Achtung!) 30km/h, an einem Tag wie aus der Sommerferien-in-Bayern-Werbung: am weiß-blauen Heimathimmel grasen Schäfchenwolken, auf manchen Feldern steht noch Mais, von anderen lachen dicke Sonnenblumen oder leuchtende Silageballen und ein Düftepotpourri aus frischem Heu und Odel weht durch die Fenster.

Der Soundtrack: Winterreifenpfeifen (wenn’s ihnen zu schnell geht, und das ist oft), überlagert vom “Sound of the Seventies”*, wiederum überlagert von der Stimme der aus vollem Halse mitsingenden Frau am Steuer. Die versteht zwar besser Englisch als damals, als sie diese Hits noch (aufgemerkt, Jugend!) auf Kassetten aufnahm, was die Texte aber kein Stück sinnvoller werden läßt. (“The Road is my Driver” – WTF?) In den Augenwinkeln blinken Ortsnamen wie “Manholding” auf und erinnern an obangetränkte Diskussionen vom Vorabend, wo von den Absichten der Cock GmbH berichtet wurde, sich im Rahmen der zu erwartenden Globalisierung in Cock Holding umzubenennen und die Spekulationen über die damit erzeugte Erwartungshaltung in der angelsächsischen Sprachwelt wild ins Kraut schossen.

Wieso ich das erzähle? Im Haushalt eines Freundes war ein PKW überzählig geworden und der ist jetzt meiner. Ein älteres Modell aus Zeiten, wo Autos noch Aschenbecher und Zigarettenanzünder hatten, ohne viel neumodischen Tech-Schnickschnack, aber mit allem, was meinen eher geringen Anspruch an Komfort bedient, zum Beispiel Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber sowie Lenkrad, vier Räder, die bis zum Boden reichen und Blech drumrum. Hinzukam ein kostenfreier Lehrgang zum Aus- und Einbau einer Autobatterie, was wir, unterstützt von guten Ratschlägen von Leuten, die sich mit sowas auskennen (beim Ausbauen immer erst Minus abklemmen, beim Einbauen kommt Plus zuerst dran) ganz prima hinbekommen haben. (“Darf die neue Batterie nach dem Festschrauben wackeln?” “Eher ned.” “Fangen wir noch mal neu an?” “Eher ja. Gib mir den Elfer.”)

Und dann bin ich unter dem Motto “Kimm guad aufi” nach München gebraust und hatte dabei einen Höllenspaß. Das war neu. Ganz neu. Ich habe mein Leben lang geglaubt und postuliert, dass ich die geborene Beifahrerin bin und am Autofahren keinen Spaß habe. Ich fahr halt, weil es sich nicht vermeiden läßt. Und nun stelle ich zu meiner ganz großen Überraschung fest: es hat mir gefehlt. Sogar sehr. Ein Grund dürften die Eigentumsverhältnisse sein. Meins. Wenn ich jetzt eine Beule hineinfahre, ist das meine Beule und nicht die an einem geliehenen Auto. Mit der hatte ich schon fast gerechnet, als ich zum ersten Mal in meinen engen Tiefgaragenstellplatz gleich neben der Säule einparke. Okay, es waren mehr Anläufe, als es in ein paar Wochen sein werden, okay, das Auto ist ein, zwei Mal abgestorben, aber dann: steht da wie eine Eins, geparkt wie mit dem Schuhlöffel.

Jetzt gilt es nur noch, mich nach sieben Automatikjahren an die Wiederentdeckung des Jahres zu gewöhnen, das Pedal ganz links außen. Die Kupplung. Aber das wird werden und dann werden wir ganz viel Spaß haben und die neue Unabhängigkeit sehr genießen, der Corolla und ich.

Es scheint, als hätte ich zum Einjährigen** ein Auto bekommen.

 

* Die Kompilations-CD kam als Bonus (?) mit dem Fahrzeug.

** Dazu gleich mehr.

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