6. November 2016

  1. In MĂŒnchen fĂ€llt der erste Schnee im Winter 2016.
  2. Die Wettervorhersage fĂŒr meinen Steg in Pacifica: 20° (Celsius!) und sonnig.

 

HimmelkruzitĂŒrken! Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Neu im Kino: Doctor Strange

Marvel hat wieder keine Kosten und CGI-MĂŒhen gespart, um noch einen Comicbuchhelden in bewegte Bilder zu transponieren und weil ausgezeichnete Schauspieler, nĂ€mlich His Arrogance, Benedict Cumberbatch, den Doktor und Her WandlungsfĂ€higkeit, Tilda Swinton, The Ancient One geben und mit Mads Mikkelsen jemand einen Schurken spielt, an den man sich als Zuschauer sogar erinnert, macht es richtig Spaß, sich den Film anzusehen. Noch dazu, wo die Story Sinn ergibt, mit rotem Faden und alles und die Computertechniker in Höchstform waren. Magie, Spiegeluniversen, Astralleiber – alles da. Außerdem reichlich Wortspiele mit dem Nachnamen des Herrn Doktor.

Wer bis zum Ende des Abspanns durchhĂ€lt, sieht nicht nur einen, sondern sogar zwei Trailer fĂŒr die nĂ€chsten Produktionen, wobei mir dafĂŒr schon die letzten 10 Filmminuten gereicht hĂ€tten, da gings nicht mehr um Auflösung, sondern nur noch um Fortsetzung. Marvel halt.

Man kann sich Dr. Strange gut ansehen (vor allem wg. Ms. Swinton und Mr. Cumberbatch), sollte aber ein anderes Kino wÀhlen als das CineMaxx am Isartor. Wenn schon Blockbuster, dann lieber im MatthÀser.

Wir fegen. Wir fe-he-gen.

FrĂŒhmorgens, in Hadern. Die Kirche gegenĂŒber hat ihrem Hausmeister einen laut röhrenden LaubblĂ€ser spendiert, dazu Mundschutz und Helm (!) und der Mann blĂ€st BlĂ€tter, als ginge es um sein Leben. Ein wenig weiter die Straße runter ist in jeweils drei Metern Abstand ein Feger in orangeroter Stadtwerkeweste zugange. Erst fegen sie die BlĂ€tter aus ihrem ZustĂ€ndigkeitsbereich vom Gehweg unter die parkenden Autos, dann unter den Autos hervor und dann zu kleinen HĂ€ufchen zusammen. Die werden auf der viel zu engen und zugeparkten Straße umgehend von ausweichenden Kraftwagen zu Flachblattfladen gefahren. Das schert die Herrn in Oranje nicht. Sie sind inzwischen – die Augen geradeaus! – einen ZustĂ€ndigkeitsabschnitt weiter marschiert und werfen keinen Blick zurĂŒck. (Besser ist das.) Von ganz ganz weit hinten kommt ein Wagerl mit einem ganz ganz großen MĂŒllkĂŒbel angetuckert. Der Fahrer stoppt, der Schaufler schaufelt. FĂŒr diesen einen kurzen Moment ist dieser kleine Perimeter so gut wie laubfrei.

Der BlĂ€ser hat inzwischen seine BlĂ€tter auf einen einzigen ganz großen Haufen zusammengetrieben, in dem gerade der Laster der MĂŒllabfuhr wendet. Ist ihm aber wurscht – er zieht einen riesigen Sack auf das Hinterteil seines GerĂ€tes und kippt den Schalter einfach auf “Saugen” (noch lauter röhrend).

FĂŒr die Nacht ist Wind angesagt. Ich schĂ€tze, der Glaubenskrieg geht morgen in die nĂ€chste Runde.

Reise in die Vergangenheit

WĂ€hrend ich im Eßzimmer meine Mutter beim Domino bescheißen lasse, verbringt mein Vater nebenan im Wohnzimmer den Nachmittag mit seinen Freunden im Fernseher. Wenn man dort die Rentner nicht mit Doku-Soap-Dreckzeug berieselt, zeigt man uralte Serien, solche, in denen die Bösen am Ende immer erwischt werden oder die Protagonisten gemeinsam in kĂŒnstliches Lachen ausbrechen. Oft beides.

Ich habe mich angesichts der fuhurchtbar schlechten Synchronisation mehrfach beim Grinsen erwischt; ich meine, wann erlebt man es denn heute noch, dass der Tölpel den Simpel im DĂŒffelmantel einen Tolpatsch heißt?

Herbstreise

Wie immer Ende Oktober mache ich mich auf den Weg, mit meinen Eltern ihre drei Tage auseinanderliegenden Geburtstage zu begehen, was, nachdem sie in diesem Jahr nach einigen SchlaganfÀllen und Herzinfarkten ihren Achtzigsten feiern, im wesentlichen darin besteht, Mamas Wunschzettel* abgearbeitet zu haben und anwesend zu sein.

Ich bin zum Mittagessen einbestellt und “gegessen wird um Viertel nach elf” und weil ich weiß, dass ZuspĂ€tkommen als Ausdruck mangelnder Kindesliebe gewertet wird, habe ich schon am Vortag aufgetankt und bin um 08:00 Uhr frĂŒh auf der Autohbahn. Obwohl wenig Verkehr ist, will kein rechter Spaß am Fahren aufkommen; der Himmel drĂŒckt schwer und naß, es ist neblig, grau und ÀhbĂ€; Scheinwerfer und Scheibenwischer im Dauereinsatz. Richtig greislig wird es auf der SchwĂ€bischen Alb, die paar ausgewaschenesfensterledengelben BlĂ€tter, die sich an den fast schon kahlen BĂ€umen festklammern, kann ich selbst mit allerbestem Willen nicht als fröhlich herbstliche Farbtupfer gelten lassen. Hinzukommt, dass Bayern 2 (ich hatte die handverlesene CD-Auswahl vergessen) eine Zweistundensondersendung ĂŒber den Tod bringt. Die ist dann aber so gut und interessant, dass es sich anfĂŒhlt, als habe man mindestens drei Wochenendfeuilletons + Seiten Zwei der SZ gelesen.

Dann bin ich da, gut zu frĂŒh (altes Familienleiden), dann essen wir, waschen ab und sitzen rum. Ich zeige die Bilder aus den Ferien in Schweden (“wir kommen ja nicht mehr zum Reisen”), erzĂ€hle in sehr lektorierten AuszĂŒgen aus meinem Alltag (“wir waren ja das letzte Mal im Kino, als “Vom Winde verweht” gezeigt wurde”), spielen ein Brettspiel mit Mama, dann ist es auch schon halb fĂŒnf und Zeit zum Abendessen. In der ganzen Zeit lief der Fernseher mit an geriatrisches Hörvermögen angepaßter LautstĂ€rke und wird noch einmal lauter gestellt, als mit der Tagesschau das gemeinsame Abendprogramm beginnt. Nach dem Spielfilm ist der Abend zu Ende und wir gehen ins Bett. (Ich habe was zum Lesen mitgenommen und mache das Licht nach Mitternacht aus.)

Am nĂ€chsten Morgen haben wir alle schlecht geschlafen und die Suche nach dem Grund fĂŒhrt zur ersten von zwei lebhaften Diskussion. Schuld ist der Neumond, nein, die Zeitumstellung, ach Quatsch, der Erbseneintopf, weil ich sowieso immer nicht schlafen kann, wegen dem abschĂŒssigen GĂ€stebett, wegen der Marder draußen, wegen der Fliege drinnen, weil im GĂ€stezimmer noch Licht war, weil dein Vater schnarcht. Bei der anderen geht es um die jeweiligen Gesundheits-, nein KrankheitszustĂ€nde und wer wem was vererbt hat und dass sowohl mein Bruder wie ich “mit sowas viel frĂŒher dran” sind, als unsere Nachkriegs- und Aufbaugenerations-Eltern.

Dann trudeln die ersten Muttergeburtstagsgratulanten ein, Bruder, SchwĂ€gerin, Nichte mit Gatten und Tochter und das arme Kind wird vorgefĂŒhrt und soll der Omama ein StĂ€ndchen bringen (“des hemmer g’iebt”) und mag nicht und dann sitzen wir alle rum und haben einander auch in der großen Runde nicht viel zu erzĂ€hlen, außer, dass meine Mutter die Gelegenheit nutzt, darauf hinzuweisen, dass sie sehr glĂŒcklich ist, dass mein Bruder (im Gegensatz zu ihrem anderen Kind) vom Fernweh verschont geblieben ist und dann wĂŒnsche ich mir wie schon als Teenager, dass ich ein Adoptivkind wĂ€re. Bin ich aber nicht. Wir kommen aus demselben Genpool, haben dieselbe Körperhaltung, dieselbe Mimik, sind alle kurzsichtig und neigen zu Gelenkerkrankungen. Und wenn heute das Mittagessen vorbei ist, habe ich schon mehr als die HĂ€lfte meiner Anwesenheitspflicht erfĂŒllt.

Nachmittags schauen die wenigen noch lebenden bzw. mobilen Nachbarn sowie Nichte Nr. 2 mit Mann vorbei. Man erzĂ€hlt vom HĂ€uslebauen. Ein Lebensentwurf ohne Eigenheim und Partner stĂ¶ĂŸt auf UnverstĂ€ndnis und bestenfalls Bedauern; in dieser Welt ist halt die Kehrwoche doch das Maß aller Dinge. Ich meine, Kupfer zu schmecken – blutet meine Zunge eigentlich schon? Wieviele Stunden noch? Wieviele davon schlafen?

Endlich darf ich heim. Die Fahrt wird mit zunehmender Distanz schöner; der Himmel blau, die Sonne strahlt, ein Indian Summer leuchtet um mich, ich muss diese Reise dieses Jahr nicht mehr machen und als ich mir dann an einer RaststĂ€tte noch einen Kaffee mit Geschmack und Koffein hole (“wir haben noch nie Kaffee aus so einem Pappbecher getrunken”) und auf einem BĂ€nkle ins Licht blinzle und weiß, dass mir immer noch ein freier Tag bleibt, fahre ich den Rest, ohne stĂ€ndig die Geschwindigkeitsbegrenzung zu ĂŒbertreten.

Der trotzige Vorsatz “Ich will nicht werden, was mein Alter ist” ist mit den Jahren der resignierten Erkenntnis gewichen, dass ich in den Spiegel schaue und meine Mutter sehe. Es sei denn, es fĂ€nde sich im Nachlaß doch noch diese verdammte Adoptivurkunde.

* “Ein Schlemmerkorb, aber nicht mit den komischen Sachen, die du magst.”

Aktenzeichen XY gelöst

Wer sich schon immer gefragt hat, was wohl aus Ede Zimmermann und seinen Mannen in der Schweiz bzw. Österreich geworden ist, dem kann ich helfen. Die haben nĂ€mlich klammheimlich den Beruf gewechselt und stehen jetzt WĂ€rmepumpenverbĂ€nden vor. Hier das Beweisphoto.

gelost

Böse AbkĂŒrzung

Es gibt so Buchstabenkombinationen, die verheißen nix Gutes. “SEV” ist eine davon und ganz weit oben im Olymp der Bösen Akronyme.

FĂŒr die Nichtnutzer Öffentlicher Verkehrsmittel: SEV steht fĂŒr Schienenersatzverkehr und bedeutet, dass die U-Bahn in der Mitternacht von Sonn- auf Montag auf einmal vier Stationen vor zu Hause “hier endet” und der geneigte Fahrgast auf den wartenden Bus umsteigen muss, der ihn dann in mehr als der doppelten Zeit zu einer Haltestelle hinter der Wohnanstalt schaukelt, wo die Könnerin mit der Ortskenntnis aussteigt und doch schon gegen 01:00 Uhr frĂŒh Richtung Bett schwankt.

Die Schienenreparaturarbeiten sollen noch bis Mitte November anhalten. Da hilft wohl nur Augen zu und durch.

Saure Wochen

Beinahe hĂ€tte ich auf die Frage, wie meine Woche so war, geantwortet, dass mein Freitagnachmittagschnelleinkaufstrip zu Aldi den Höhepunkt darstellte. Dann ist mir aber zum GlĂŒck wieder eingefallen, dass ich diese Woche in den Genuß der  “Untold Stories” gekommen bin, einer  CD-Vorstellung des Shai Maestro Trios. Da gings mir gleich besser.

Mehr hier: www.youtube.com/user/shaimaestroofficial

HottehĂŒ

Wir haben im Moment vier Stellenangebote ĂŒber eine erkleckliche Anzahl von Jobbörsen draußen. Mit einem erfreulich hohen RĂŒcklauf, was dazu fĂŒhrt, dass ich am Tag an die 20 Bewerbungen auf den Schreibtisch bekomme und ganze Tage mit Erstrundeninterviews verbringen. Nach ĂŒber drei Wochen macht mir das inzwischen gar keinen Spaß mehr und ich möchte einstimmen in den Chor derer, die das Aussterben der deutschen Hochsprache beweinen.

Wenn ich mir diese Anschreiben ansehe, ist sie schon tot. Der Unterschied zwischen “das” und “dass”? Wird nicht mehr gemacht, warum auch? Was schert den Millennial der Konditionalsatz? Dass es durchaus seine Bedeutung hat, bei der Anrede auf Groß- und Kleinschreibung zu achten? Ach, woher denn? “Ich ĂŒberreiche ihnen heute meine werte Bewerbung**” Satzzeichen finden sowieso nicht mehr statt. Zu umstĂ€ndlich. Von einem, der ein Meister in Geologie ist, hĂ€tte ich angenommen, dass er um die Schreibweise seines Studienfaches weiß. Nix is. Bei uns haben sich “Gologen” und “Goelogen” beworben – und nein, sie schrieben es nicht konsistent immer gleich falsch, was immerhin auf einen copy/paste-Fehler hĂ€tte hindeuten können. Und soweit ich das beurteilen kann, endet die SchullektĂŒrepflichtliste* dieser Tage bei Hesse. Zu dem Schluß komme ich, weil der Bewerber neulich, nach seinen Freizeitgestaltungsvorlieben* befragt, weit ausholt und alle seine erklĂ€rten “Steppenpferde” aufzĂ€hlt: Rafting, Canyoning, Skifahren (aber nur Schwarze Pisten), Mountainbiking, Thaiboxen, hingegen die Frage, ob Reitsport auch dazu zĂ€hle, etwas irritiert beantwortet. Nein, mit Tieren habe er es nicht so.

Man muß Grammatik und Rechtschreibung nicht als Hobby betreiben, das kann gerne so seltsamen Menschen wie Bastian Sick oder mir vorbehalten bleiben. Aber sich ihrer Beherrschung ganz und gar zu verweigern: das ist nicht schön.

* Hach! Diese Möglichkeit, unendliche Komposita zu bauen…

** Ich zitiere wörtlich.

Wer die Wahl hat

Immer, wenn man in Amerika wen fragt, warum um Himmels Willen von gleichwertigen Produkten immer zig, ach was, zig hoch drei verschiedene Varianten angeboten werden, bekommt man (und zwar wirklich jedes Mal) die von einem von einem von UnverstĂ€ndnis zeugenden Blick und einem Schulterzucken begleitete Antwort: “Americans love choices.” Wenn man’s recht bedenkt ist das wenig verwunderlich in einer Nation, in der Shopping als legitimes Hobby gilt und der homus americanus ohne Kaufnot, -bedĂŒrfnis oder gar -bedarf ganze Wochenenden in der Mall (Einkaufszentrum) abhĂ€ngt. Irgendwas Kaufenswertes aus der zig hoch drei-Auswahl wird ihn dann schon anspringen. Soweit dazu.

ZurĂŒck nach Deutschland: Ich war ja in den SupermĂ€rkten in der Bay Area anfangs total verblĂŒfft von der Dosenbohnenauswahl, die umfaßte nĂ€mlich immer mindestens soviel laufende Meter wie in einem deutschen LebensmittelgeschĂ€ft die gesamte KonservengemĂŒseabteilung zusammen. Wenn man nun davon ausgeht, dass es einen direkten Zusammenhang mit dem hohen Anteil hispanischer Anwohner gegeben haben muß, kann man im Umkehrschluß nur annehmen, dass es in MĂŒnchen gar keine Hispanics gibt. Ich habe in drei SupermĂ€rkten nĂ€mlich nur Kidneybohnen in hĂ€ĂŸlicher roter Westernsauce gefunden und frage mich, wie ich mit denen (lang wĂ€ssern, damit der eklige Westerngeschmack weggeht und wie schmeckt eigentlich Western?) einigermaßen originalen karibischen Schmorochsenschwanz mit R&B (Rice and Beans) kochen soll? Hmmm?

A bisserl a Auswahl hĂ€tt ich dann schon auch gern g’habt. Oder wenigstens noch eine Portion von Carmens Mammitas twice cooked beans im TiefkĂŒhlfach. Die tĂ€t’s auch.