Guten Morgen Deutschland

Sendersuchlauf im Autoradio. 1. Stop: Helene reitet atemlos durch die Nacht. Weiter. Nächster Halt: Herbert knödelt von Kommandokindern. Hrrgggn! Weiter. 3. Stop: Jemand mit einem bayerischen Dialekt wie ein Discounterdirndl macht ganz furchtbar schlechte Wortspiele mit den Namen von FC Bayern Spielern. (Warum ist der FCB Torwart immer besoffen? Weil ständig irgendwer “Prost Neujahr” sagt.)

Morgen packe ich CDs ein.

Gelesen: Ramez Naam – Nexus Trilogie

Goldman Sachs habe ich, wie wahrscheinlich die meisten, bisher vorwiegend mit globalen Finanzkrisen in Verbindung gebracht. Die können aber auch anders. Sie fragen nämlich alljährlich ihre Executives weltweit nach Buchempfehlungen. Da kommt viel Mist raus, Schlimmratgeber, Angebergelese von der New York Times Bestsellerliste und Langweilerzeugs über Geld und noch mehr Geld. Kann man getrost ignorieren.

Eine Bankerin allerdings empfahl mit den Worten “Not for the faint of heart” die Nexus Trilogie (Nexus, Crux, Apex) von Ramez Naam; Science Fiction im besten Wortsinne. Es geht um eine bewußtseinserweiterende Nano-Droge (Nexus 5), die im von den jungen Silicon Valley Entwicklern geplant-gewünschten best case das Leben der Menschheit bereichert (autistische Kinder und ihre Eltern können auf der nunmehr nicht mehr von Sprache abhängigen Ebene endlich kommunizeren, der Schwarm lernt schneller und mehr als das Individuum) und im worst- und Mißbrauchsfall Menschen zu willenlosen Handlangern übelgesonnener Schurken macht (ferngesteuerte Attentäter, devote Sexsklaven). Die Szenen aus dem amerikanischen Präsidentenwahlkampf im Jahre 2042 lesen sich sehr erschreckend wie aktuelle Zeitungsberichte und zukünftige Whistleblowers sterben schneller und mieser, als sie “Asyl” sagen können.

Ich habe ich an den letzten beiden Wochenenden alle drei Bücher verschlungen (Nexus ist das beste, dann Apex, dann Crux) und falls wer trübe Herbsttage mehr fürchtet als mitteldüstere Nahzukunftszenarios seien ihm/ihr die knapp 1800 Seiten schwer empfohlen.

Als Zuckerl berichtet Naam übrigens im Anhang immer über die neuesten Entwicklungen in Gehirnforschung und Nanotechnologie. Sooo weit weg ist das alles gar nicht. Really not for the faint of heart.

Schuster, bleib bei deinen Leisten

Erinnert sich noch wer an den Slogan “Intellektuelle in die Produktion” bzw. wie es zu meiner Zeit seinerzeit hieß “Geisteswissenschaftler in die Industrie”?

Das ist dabei herausgekommen:

verweildauer1

(Diese Meldung bekommt man angezeigt, wenn man sich bei einer Flugbuchung auf der website der Lufthansa von einem Telefonat ablenken läßt und der Texter – höchstwahrscheinlich – mehr Göthe als Wöhe gelesen hat.)

Hard Rain

Montag: ich bin verabredet. Konzert. Schon auf dem Weg vom Büro zur häuschenlosen Bushaltestelle hagelt es und hört auch nicht auf, schon gar nicht, als sich der Bus um über eine Viertelstunde verspätet. Erst als ich tropfnaß und mit Restreif in den Haaren den letzten Sitzplatz erobere. Ich komme zu spät.

Dienstag: ich bin verabredet. Zahnarzt. Schon auf dem Weg vom Büro zur häuschenlosen Bushaltestelle hagelt es und hört auch nicht auf, schon gar nicht, als sich der Bus um über eine Viertelstunde verspätet. Erst als ich tropfnaß und mit Restreif in den Haaren den vorvorletzten Sitzplatz erobere. Ich habe eine halbe Stunde Puffer eingebaut und komme pünktlich.

Mittwoch: Ich nehme das Auto. Kein Hagel. Nicht mal Regen.

Gut, dann weiß ich jetzt, wie man besseres Wetter macht.

Nachdem jetzt nun wirklich fast jeder was dazu gesagt hat,

komm’ ich auch noch daher. Herzlichen Glückwunsch, your Bobness, zum Gewinn des Literaturnobelpreises. Das hat mich richtig gefreut.

Außerdem ein großes Kompliment an Kurt Kister von der SZ, der den Begriff vom “Leitfossil” wortgeschöpft hat. Hätt’ ich nicht schöner sagen können.

Neu im Kino: Tim Burtons “Die Insel der besonderen Kinder”

Wer regelmäßig den flockblog liest und außerdem noch ein gutes Gedächtnis hat, der mag sich erinnern, dass ich von Ransom Riggs “Miss Peregrine’s Home for Peculiar Children” (s. https://flockblog.de/?p=21329) recht angetan war und schon im Januar 2014 empfohlen hatte, das Buch quasi vom Blatt weg zu verfilmen. Das hat Tim Burton nun getan und es besser bleiben gelassen. Nicht nur, dass seine Miss Peregrine (Eva Green) anmutet wie eine sehr strenge Gouvernantendomina, die es versehentlich ins Kinderheim verschlagen hat, nein, auch seine Auflösung der Geschichte, also fast das ganze letzte Drittel des Filmes ist eine reine quietschbunte CGI-Schlacht ohne Sinn und Verstand.

Ich bin wirklich ein Tim Burton Fan und ich habe sogar seine Alice gemocht. Von den Peculiar Children hätte er besser die Finger gelassen.

Nicht anschauen.

I can hear music

Mein Musikgeschmack ist irgendwann mal hängengeblieben, was aber nicht heißt, dass ich Neuem gegenüber nicht offen bin – nur: man muss es mir vorstellen, sonst bekomme ich es eher nicht mit. (Keine langen Autofahrten mehr zur Arbeit, kein Radio und irgendwie auch nicht der gleiche Hunger wie nach Büchern oder Theater oder Filmen.) Macht aber nix, dafür sind Freunde da.

Einer hat mich am Samstag zum großen BaVarious Voices Konzert im Gasteig eingeladen: ein Rudel Chöre aller Art und ein Orchester. Und eine Big Band (hach, die Big Band!). Das Bindeglied zwischen allen: Vortragende wie Komponisten gehören zur großen LGBT (und was auch immer noch für Buchstaben dazugekommen sind) -Familie. Wobei ich mich (und den einladenden Freund) ja schon frage, ob es nicht auch Ausgrenzung ist, wenn Heteros nicht mitspielen dürfen, aber das ist eine andere Frage, die ein anderes Mal diskutiert werden soll. Ich kann für mich nur feststellen: es gibt Chöre, die sich ernst nehmen und andere, die es nicht tun. An letzteren hatte ich mehr Spaß. Zum Beispiel die Philhomoniker – sie hatten zwar nicht einen Indianer dabei, dafür aber knapp 30 Mann in ganz knapp sitzenden kurzen Latzhosen, Stiefeln und roten Schutzhelmen, die sehr schön singen konnten, Spaß hatten und machten. Oder eine sehr junge Truppe aus Odessa, die Querty Queer, gerade mal zu siebt, mit herrlichen Stimmen und einer sehr klaren politischen Botschaft – auch wenn ich die Worte nicht verstanden habe (Ukrainisch ist nicht meine Stärke).

Montag wars dann ganz anders: eine Frau, ihre Gitarre und ihre Sansula (ein Lamellophon, das zu den Zupfidiophonen gehört*). Guðrið Hansdóttir von den Färöer-Inseln (50.000 Menschen, 100.000 Schafe, viel Nebel) stellte auf der kleinen Bühne im Volkstheater ihre neue CD “Painted Fire” vor und ich schließe mich der Meinung meines Begleiters an, das war so richtig Musik für die Seele – die wollte nichts von ihren Zuhörern, kein Mitdenken, nur da sein. Und das war auch sehr schön. Wer mag, darf sich die CD ausleihen.

 

* Ich red auch nur so gscheit daher, weil es mir so gut gefallen hat, dass ichs inzwischen nachgeschlagen habe. Ich erwäge das Erlernen.

Gut gemeint

Seit ich hier eingezogen bin, fordert der windschiefe Restaufkleber auf meinem Briefkasten dazu auf, “bit ung einwerfen”. Der Postler scheint den Code zu verstehen und – noch viel wichtiger – ich finde meinen aus den Unmengen von Anstaltsbriefkästen immer mit einem Blick heraus. Ein – vermutlich wohlgesinnter – Nachbar konnte den Anblick offensichtlich nicht mehr ertragen und hat jüngst dieses propere Schildchen

keine-werbung1

appliziert. Und ich an diesem Abend meinen Briefkasten aber sowas von gesucht.

Lieber Herr Nachbar, liebe Frau Nachbarin: bitte nicht einem Menschen wie mir die Landmarke nehmen. Jetzt muß ich tatsächlich abzählen: 2. Reihe von unten und sowievielter von links.

Neu im Kino: Ice Age – Kollision voraus!

Es ist schon saupraktisch, wenn man ab und zu ein Leihkind zur Verfügung gestellt bekommt und dann besten Gewissens einen dessen Alter gerechten Zeichentrickfilm im Kino angucken kann. Ich scheine ein paar Ice Ages verpasst haben, denn Mammuts haben nicht nur eine Tochter, sondern sogar eine im heiratsfähigen Alter, der Tiger ist mit Tigerin unterwegs und sogar das Säbelzahneichhorn mit der Nußobsession hat es vom Vor- und Abspann in die Handlung geschafft und das ist gut so.

Meine Empfehlung: Kind ausleihen, anschauen.