Typisch

Ich hab immer gedacht, ich bin halt so. Zuverlässig. Pünktlich und lieber zu früh als zu spät. Gründlich bis zur Pingeligkeit. Ehrlich, auch wenns wehtut. Erst, als ich in Amerika lebte, wurde mir regelmäßig attestiert, ich sei “typisch deutsch”*.

Ja. Und nachdem ich das Land ein paar Tage durch die Augen meines amerikanischen Gastes gesehen habe, bin ich geneigt zu bestätigen: so sind wir. Belege? Aber ja doch, mannigfach:

Gewaschen wird in der Anstalt zwischen 8 und 8. Davor und danach ist Nachtruhe, uns doch egal, wie berufstätige Bewohner das lösen. Und sie kriegen es irgendwie hin. Der Öffentliche Nahverkehr funktioniert. Wenn auf dem Fahrplan steht, dass der Zug kommt, dann kommt der Zug; das hat den Gast schier umgehauen. Gut, er denkt, Zug ist gleich CalTrain, ich bin aber auch mit Absicht nicht mit ihm S-Bahn gefahren… und der innerstädtische MVV hat sich wirklich von seiner besten Seite gezeigt. (Es hilft, wenn man direkt an einer U-Bahn-Station wohnt.) Was ihm gar nicht in den Kopf wollte, ist, wie wir angesichts der für seine Verhältnisse frühen Ladenschlußzeiten und bei sonntags geschlossenen Geschäften nicht verhungern. Und dann die Sache mit der “Public Health Insurance” auf die wirklich jede/r Anspruch hat – er ist ein denkender Mensch und findet das toll. Es ja eine Versicherung, genau, wie man sie auch für sein Auto oder Haus oder Boot abschließe – eben in der Hoffnung, sie nicht nutzen zu müssen – aber das verstünden seine Landsleute einfach nicht. Als ich ihm sagte, wieviel von meinem Bruttoverdienst übrig bleibt, wenn ich in alle Töpfe eingezahlt habe, wurde ihm doch erst einmal anders. Aber trotzdem, besser als daheim. Total begeistert war er von einer Einrichtung wie dem TÜV und der regelmäßigen Prüfung der Fahrsicherheit von Autos – wobei wir uns einig sind, dass es nix bringt, wenn zwar das Auto fahrtüchtig ist, der Mensch aber nicht mehr. Ich glaube aber, dass die Unfälle der geburtenstarken Generation hier eine Regelung bringen werden.

Seine größte Verbeugung gilt einem “Masterpiece of German engineering”: den Rolltreppen mit wechselnder Laufrichtung. Moment. Haben Toni und ich nicht vor Jahren schon festgestellt, dass die in amerikanischen Augen an Teufelswerk grenzen müssen?

Doch, haben wir. Hier: https://flockblog.de/?p=917. Und hier: https://flockblog.de/?p=10571. Und da: https://flockblog.de/?p=29151.

 

* Das größte Lob, zu dem sich mein damaliger CEO glühend vor Stolz hinreißen ließ, war, dass wir für den Firmenverkauf “the most German Due Diligence ever” geliefert hätten. Das bedeutete: keine Frage unbeantwortet und für jedes Detail die korrekten Zahlen und ca. 15 laufende Regalmeter Akten, die das untermauerten.

Zwischen Traum und Tag…

… ein Käuzchen schuhut 3 x nacheinander. Wie auf Kommando verstummen alle anderen frühmorgendlichen Lärmvogel. Totenstille.

Zum Glück bin ich nicht abergläubisch.

There’s an app for that

Weil mein Gast nicht nur Amerikaner, sondern verschärfend auch noch Kalifornier ist (born and raised in LA), kennt er jeden Gesundheitstrend mit Vor- und Zunamen und hat mindestens jeden zweiten auch mitgemacht. Vor ein paar Monaten hat ihm seine Krankenversicherung nun eine App geschenkt (“for free”, man denke), mit der er seinen gesunden Lebensstil dokumentieren kann. Und so tippt er täglich ein: was wann gegessen? Welche Nahrungsergänzungsmittel zu sich genommen, von Fischöl- bis Knoblauchkapseln? Welche Medikamente, wenn überhaupt? Aber, und das sei das ganze besonders Awsome an der App, sonst müsse er nichts mehr selber machen. Die Gute zählt seine Schritte, mißt Blutdruck und Puls und erinnert ihn daran, rechtzeitig schlafen zu gehen. Die Frage der paranoiden Deutschen, ob die App seine Daten denn an die Versicherung weitergebe und was die damit wohl mache, beantwortet er mit einem Schulterzucken. Das sei doch egal. Ich konnte vor lauter Schreck nicht einmal mehr “Datenschutzgrundverordnung” sagen.

Was ich aber gelernt habe, ist, dass ein mittelgroßer Spaziergang durch den Park von Schloß Nymphenburg sowie ein Bummel über die Leo von der Münchner Freiheit bis zum Odeonsplatz nach dem Abendessen für über 10.000 Schritte gut sind. (Freitag) Dasselbe gilt für einen ausgedehnten Marsch über das Olympiagelände (mit Turmfahrt und Kindersportfest) plus Besuch der UniCredit-Festspielnacht. (Samstag)

Letztere war was ganz Besonderes. Die Lesungen haben wir ausgelassen, dafür spricht der Besuch noch nicht genug Deutsch, aber wir haben die letzten (und einzig wichtigen) fünf Minuten des Spiels gegen Schweden public geviewed, anschließend kurz bei Wayne McGregors Boderland Performance vorbeigeschaut, dann im Nieselregen gestaunt, wieviele Münchner fröhlich und begeistert zu OPERcussion goes Salsa wippten, hüpften, tanzten. Kurz vor Mitternach wurden wir in der Salvatorkirche Zeugen eines ganz besonderes Bach-Konzertes: Yves Savary spielte die Suite für Violoncello Solo Nr. 3 in C-Dur und auf dem Heimweg schenkte Amalfi Swing uns noch ein paar Nummern bayerisch-mediterranen Pop. Sehr schöne Sache, das.

El Knie fand die Marschierei doof und mupperte rum. Bekam ein Eis und Weisung, die Schnauze zu halten. Ist darüber so erschrocken, dass es am nächsten Morgen wieder einsatzbereit war. Braves Knie. Ich möchte nicht drohen, liebes Neugelenk, aber durch die App kennen wir dein aktuelles Tageslimit. Da geht bestimmt noch mehr…

Wazzup?

“Schreibt sie eigentlich ihren blog noch oder ist sie verreist oder wie oder was?” mag sich der eine oder die andere treue Leser/in gewundert haben. Antwort: Ja, nein, ui wei, oh je.

Also der 21. Juni hatte es dieses Jahr bei mir in sich. Nicht nur fing, wie für jedem anderen Menschen auch, der Sommer an und war die Nacht die längste, nein, es war darüber hinaus mein letzter Arbeitstag bei meiner aktuellen Firma und ein sehr stressiger noch dazu, weil ja doch immer noch mehr Arbeit übrig ist, als man eigentlich geglaubt und geplant hätte. Warum? Mei, es war halt wie es immer ist in einem Start-up: wenn der Investor den Glauben verliert, dann ist es vorbei. Im allgemeinen recht schnell und das ist dann auch gut so. Langes Hingewürge ist nicht gut fürs Gemüt. Vor mir liegt nun ein langer heißer Sommer (gefälligst!) mit der Aufgabe, die richtige Arbeit für die nächsten Jahre zu finden. Außerdem viel Schwimmen, viel Lesen, viel Biergarteln.

Ach, und der 21. Juni war natürlich ganz besonders der Tag, an dem Wes ankam und mir gar keine Minute Zeit zum Grübeln und für schwarze Gedanken ließ, weil, ich mußte ja sofort anfangen, München herzuzeigen. Und wenn er nächstes Wochenende von seiner Edelweißtours-Alpenrundfahrt-Motorradtour zurückkommt, dann erweitern wir das Programm um Gesamtbayern und vielleicht a bissele Österreich. Darauf freuen wir uns jetzt schon.

Mitbringsel aus Amerika

Bei mir ist gerade ein Freund aus den USA zu Besuch. Er ist ein sogenannter “ABC” = “American Born Chinese” und wir reden uns die Köpfe heiß über Rasse und Profiling und Politik bzw. das, was der aktuelle Präsident seines Landes treibt und weil wir bei den wesentlichen Themen doch sehr einer Meinung sind und beim Rest viel voneinander lernen, macht es einen Höllenspaß.

Gestern Nacht hat er mich mit diesem nachdenkenswerten Video über Privilegien überrascht, das ich hiermit mit meiner Welt teilen will: https://www.youtube.com/watch?v=awGctTODPBk

Hundsgemein

Zur Entscheidung, wer die letzte Portion Nachtisch bekommt, eine Runde Schere-Stein-Papier vorschlagen, wenn der Wettbewerber Edward mit den Scherenhänden ist.

Wie hoischd jetztad du?

Die deutsche Sprache ist ja nicht gerade arm an schönen Worten. Aber eben ist mir aufgefallen, dass noch mindestens eines fehlt. Oder kennt irgendwer aus der geschätzten Leserschaft den Begriff für den seltsam satten Klang, mit dem aus shamponiertem Schopf gedrückter Schaum auf dem Badewannenboden aufplatscht?

Eben.