Korpsgeist

Meiner lieben aus Kroatien stammenden Kollegen gings bisher wie mir: Fußball, das sind die Anderen. Nicht mehr. Wie ich gestern erfahren habe, spielen WIR (ja, in ganz großen Buchstaben) heute gegen England und hoffen auf ein Endspiel gegen die Grande Nation.

Da schau her, diese seltsame WM macht irgendwas mit den Menschen – selbst ich finde es inzwischen spannend, die Phase vor dem Elfmeterschießen anzuschauen.

Wie der Angelsachse so schön sagt: “It has grown on me.”

On the Romantic Road

Von Dunklebung über Rottenbuck nach Didliho, ja, so verläuft sie, die Romantische Straße, die Wes am Montagmorgen unter die Räder nimmt, um irgendwann abends in einem Fachwerkhaus-Airbnb gleich beim nurenburring zu landen. Dinkelsbühl (okay, das ist wirklich schwer) wurde wg. Zeitmangel ausgelassen, von Rothenburg ob der Tauber war er total begeistert (“gorgeous”), nur Heidelberg hatte seine Altstadt unauffindbar versteckt. Dafür ist er gestern mit einem Co-Piloten vier Mal über den Nürbugring gerast und ich müßte mich sehr täuschen, wenn das in seiner Top-Ten-Liste nicht knapp vor dem Besuch in Pinakothek gelandet ist. Ganz knapp, natürlich.

Have a safe trip back, say hello to the Bay Area and my friends over there and come back soon, Wesley!

Rumgekommen

Nachdem mein Gast seiner Aufgabe als amerikanischer Tourist nachgekommen war und die King-Ludwig-Schlösser bewertet hatte; nämlich, dass man Linderhof schon sehr ansehe, dass es eher Projektcharakter habe, Neuschwanstein hingegen “immaculate” (= tadellos, einwandfrei) sei, starteten wir am nächsten Tag die Museumstour.

Nein, ganz alte Bilder mit “fat ladies and roosters” wolle er sich nicht anschauen, da klinge die Beschreibung der Neuen Pinakothek schon besser. Dass er nach dem Besuch befand, dort sei aber zu seiner Überraschung doch “seriously old stuff” ausgestellt, hat uns zu einer längeren Diskussion über die Relation zwischen dem Alter der Herkunftsnation und dem Verständnis von “Was ist eigentlich Geschichte?” geführt. Die USA sind noch nicht einmal ein Vierteljahrtausend alt. Gemessen daran, ist eine aufgelassene Mine aus dem Jahre 1920 durchaus eine “historic site” (so ein Schild habe ich selbst irgendwo in Nevada gesehen) und ein Gemälde aus der Zeit Karls des Großen würde nicht in der Neuen, sondern in der SVFOS*-Pinakothek hängen. Dabei hatte ich erst noch gedacht, ich hätte mich vertan und wir seien in der Pinakothek der Moderne gelandet, weil schon im Eingangsbereich eine sehr interessante Installation aus halbtransparenten Kunststoffcontainern, gefüllt mit Papierknäulen in einer Art Gänsemarsch arrangiert war. Es war aber nur das Dach des Lichthofes undicht und der vorausgegangene Wolkenbruch sehr heftig gewesen.

Auf dem Weg zum Atzinger versehentlich ein hawaiianisches Poke-Restaurant gefunden und wieder wars nix mit bayerischen Spezialitäten – es ist der Cuisine Bavaroise nicht gelungen, meinen Gast zu überzeugen. “Probiere doch mal Leberkäse. Nein, enthält weder Leber noch Käse, aber du kannst ein Spiegelei drauf haben. Oder Schweinebraten? Richtig, die Soße ist mit Bier gemacht, das zwischen Fleisch und Krusterl ist reines Fett und die Knödel sind aus altem Brot und bestehen aus Kohlehydraten. Aber im Krautsalat ist bestimmt noch ein versprengtes Vitamin enthalten. Bestimmt. Oder Kaiserschmarrn? Genau, Kohlenhydrate, Fett, Zucker – aber immerhin sind Restproteine nicht auszuschließen. Außerdem Obst. Wie? Rosinen sind kein Obst? Dohoch! Oder ein Schnitzel? Lecker mit ordentlich Panade? Und dazu Kartoffel-Gurkensalat. Ja, das sind gekochte Kartoffel- und rohe Gurkenscheiben, mit Salzpfefferessigöl zusammengemanscht. Nein, ich mag nichts davon ab. Ich muß das nicht essen, ich bin hier nicht der Tourist.”

Samstag waren wir im Buchheim-Museum in Bernried am Starnberger See und ich möchte einem und einer jeden die Sutemi Kubo-Sonderausstellung sehr arg ans Herz legen. Ich habe noch nicht oft Kunst gesehen, die mir so schnell so nah war. Der See hat selbstverständlich vorbildlich in der Sonne geglitzert, außerdem Flora und Fauna, und wir haben gelernt, dass ein Eiskaffee fast genau dasselbe ist wie eine Root Beer Float, außer, dass man halt Malzbier statt Kaffee übers Eis gießt und das Ganze mit Sprühsahne, sehr viel Sprühsahne sowie ggfs. bunten Sprinkles krönt. Aber sonst? Quasi kein Unterschied. Anschließend Elfmeterschießen.

Sonntags: Deutsches Museum. Erfreulich wenig Kinder, daher selbst viele Knöpfe drücken dürfen. Glücklich abmarschiert. Abends kein Fußball. Daher Gespräch gesucht und gefunden.

Morgen reist Wes ab. Und wir haben noch lange nicht die ganze Liste abgearbeitet.

 

* SVFOS*-Pinakothek = “Seriously Very Effing Old Shit”-Museum

Urlaub machen, wo andere Urlaub machen

Mein Gast und ich haben seinen Aufenthalt inzwischen sehr schön organisiert. Ein über den anderen Tag zieht er auf eigene Faust los und macht tagsüber viele Bilder von Dachau, Salzburg und Königsschlössern. Die schauen wir abends gemeinsam an und dann ist Elfmeterschießen.

An den anderen Tagen zeige ich Bayern her und drum waren wir gestern auch am Chiemsee, haben aber das Schloß auf der Herreninsel nur von der Weite bewundert, damit er nicht etwa irgendwann “over-castleled” und stattdessen viel Zeit auf der Fraueninsel verbracht. Unsere bayerische Heimat Bayern hat sich wieder so recht in Zeug gelegt, mit vorbildlichem Himmi weiß und blau, Fluren, Aue, von mir aus auch Gaue, grüne satte Wiesen, kuhgesprenkelt, Schneereste auf Berggipfeln, bayerische Wasser, Sonne, Grantler, Dampflocks und Schifferl, Duckies und Baby-Duckies (sind schon mehr Halbstarke, aber wer wird kleinlich sein) und das Gewitter fing tatsächlich erst an, als wir gerade die Rückfahrt angetreten hatten.

Scho sche.

Bilderrätsel zum 4. Juli

Worauf spielt der Mann mit der Orangenhaut hier an?

Uncle Sam

Genau. Onkel Donald referenziert ganz offensichtlich auf Onkel Sam.

Uncle Sam2

Es wird wirklich immer schlimmer.

Abgezogen

Zu Mittag rühre ich mir zur Zeit immer gerne einen kleinen vietnamesischen Snack mit Reisnudeln an. Während ich darauf warte, dass das Wasser kocht, studiere ich die Anrühranleitung. Seitdem weiß ich, dass von den beiden ehemaligen Besatzungsmächten immerhin die kombinierte Wortschöpfung “soup poudre” hinterlassen wurde.

Size matters

Gestern habe ich meinem Gast zuliebe ein Fußballspiel peripher mit angeschaut. Belgien gegen … wart’ fällt mir gleich wieder ein … gegen … gegen Japan. Genau. Das mit dem belgischen Siegtreffer in der Nachspielzeit, dabei hatte ich mich schon so auf Verlängerung und Elfmeterschießen gefreut.

Kommentiert hat Claudia Neumann. Ich lebe nicht in einer Höhle und auch wenn ich von der WM sonst nicht viel mitbekomme, das Theater um und die unterirdischen Angriffe auf eine weibliche Fußballkommentatorin sind selbst an mir nicht vorbeigegangen. In meinen Augen hat sie ihre Sache gestern nicht besser und nicht schlechter gemacht als ihre männlichen Kollegen. Was mir allerdings auffiel: sie wußte immer ganz genau, welcher Spieler wie lang ist und wurde nicht müde, die Maße ständig zu erwähnen. Es hat ihr gar keine Ruhe gelassen, dass Takashi Inui schlank, zierlich und 1,69m groß ist und sie hat es in der ersten Hälfte gefühlt mehr als fünf Mal erwähnt. Nun frage ich mich: ist das ihr ganz persönlicher Fetisch oder macht man das beim Fußball einfach inzwischen so?

Sagts mir wer oder muß ich mir für die Antwort tatsächlich noch ein Spiel ansehen?

Perpetuum Mobile

Die Osbournes waren eine der ersten Familien, die ihr Privatleben im Reality TV mit jedem teilte, der einen Fernseher laufen hatte. Das Modell “Guck uns einfach immer bei allem zu” hat sich inzwischen zwar ziemlich totgelaufen, doch die Osbournes schreckt das nicht. Ihre neue Fernsehpräsenz mit dem Titel “Cultureshock – The Price of Reality” ist soeben in den USA angelaufen und verspricht einen schonungslosen Blick darauf, was es mit einem Osbourne macht, wenn immer die Kamera mitläuft.

Nicht auszudenken, welche vielen Formate hier noch folgen können. Man muß den Hut ziehen: die Osbournes haben die mediale Endlosschleife erfunden.