Gelesen: KlĂŒpfel/Kobr “Himmelhorn”
Als “Milchgeld” rauskam, 2003, da fand ich das Konzept Regionalkrimi noch nett. Ein klassischer “Whodunit”, Isny statt Chicago, KĂ€sspĂ€tzle statt Burger* und der ermittelnde Kommissar ein schwĂ€bischer Sturkopf. “Das hat Potential”, dachte ich damals. “Das Ungelenke, Hölzerne, das verschreibt sich sicher noch und mit der Zeit werden bestimmt auch die Figuren von Archetypen zu Menschen werden.”
Ich habe mich verdacht. Verschrieben hat sich gar nichts, zumindest nicht in diesem 9. Band der nunmehr schon zehnbĂ€ndigen Kluftinger Saga, den ich neulich fĂŒr kleines Geld im Supermarkt zwischen Fleischtheke und Partybedarf aus einer Remittendenkiste gefischt habe. Die beiden hĂŒbschen Ideen in “Himmelhorn”, nĂ€mlich den Kapiteln EintrĂ€ge aus GipfelbĂŒchern voranzustellen und den Kommissar Kluftinger mithilfe von Zitaten aus einer Daily Soap ĂŒber die Klippen zwischenmenschlicher Beziehungen zu navigieren, tragen nur bedingt lange und nicht ĂŒber die knapp 500 Seiten. Die Dialoge sind nĂ€mlich kein StĂŒck weniger hölzern als damals, und die Protagonisten nunmehr vollends zu Karikaturen verkommen. Da hilft auch die neue japanische (huiuiui!) Schwiegertochter und der Doktor-Watson-Verschnitt nicht. Selbst meine wohlwollende Geduld war im Verlauf der Lesenacht arg ĂŒberstrapapziert. Arg schad.
Ganz schlimm ist, dass die Autoren ihre Hauptfigur verraten und mit dem Finger auf sie zeigen. Der Kluftinger, der ist doof, lachen sie, der kann nicht Computer (hahaha) und nicht Englisch (hihihi). Totaldemontage fĂŒr ein paar billige Leserlacher. Und es reicht ihnen nicht, ihn zu verhöhnen. Nein, sie verderben seinen Charakter, indem sie ihn sich ĂŒber die Englischkenntnisse eines anderen mokieren lassen. Ausgerechnet den Kommissar Kluftinger, der sich bisher fĂŒr keinen Zweifel zu schade war.
Die Angelsachsen nennen dergleichen “Cozy mystery”. Cozy ist sowas wie neudeutsch “hyggelig” und “Himmelhorn” weit davon entfernt und braucht nicht gelesen zu werden.
* Das Gegensatzpaar hat mich sehr grĂŒbeln lassen. Gibt es eigentlich ein amerikanisches Hauptgericht, das kein Fleisch enthĂ€lt und wenn ja, welches? (Nein, ein “Grilled Cheese” gildet nicht.) Und was sagt uns das?
Nachtkritik: Sons of Kermet in der Unterfahrt
Was geschieht, wenn man 1 Saxophon bzw. auch mal Klarinette (Shabaka Hutchings), 1 Tuba (Theon Cross) und 2 (zwei) Schlagzeuge (Tom Skinner und Eddie Hick, den wir – sehr liebevoll – den Rastafakir nannten) auf die BĂŒhne lĂ€Ăt?
Dann tobt durch die Unterfahrt ein solchener Megahypersuper-Groove, dass es manche Menschen in dem mal wieder bis an die Schmerzgrenze ausverkauften Jazzkeller nicht mehr auf ihren Sitzen hÀlt und selbst Ungeborene in den BÀuchen tanzen.
So sche scho. Da gemma wieda hi!
Der dritte Mann
Die Noise-Boys unten haben Zuwachs bekommen. Der neue LÀrmkaschperl hat seinen Traktor mitgebracht. Vor lauter Krach hört man den Krach nicht mehr.
Geschenktip
Es soll vorkommen, dass man Menschen, die man gar nicht leiden kann, was schenken muĂ. Trumpy Bear (made in China) ist die perfekte Lösung fĂŒr dieses Problem.
(Unbedingt die Kommentare auf youtube lesen.) Und falls wer noch nicht genug davon und Lust und Zeit hat: ich habe mich bei der Kommentarspalte auf amazon.com weggeschmissen: https://www.amazon.com/ask/questions/asin/B077P1W9FS/1/ref=ask_ql_psf_ql_hza?isAnswered=true
Meine Ruh’ ist hin
Wahrscheinlich ist es nur damit zu erklĂ€ren, dass die NLA* wie eine Sekte organisiert ist, und jeder JĂŒnger zum Wachstum des eigenen Heils neue Rekruten bringen muĂ. Die blasen da unten jetzt schon zu zweit. Wenn es, wie zu vermuten steht, ihre Mission sein sollte, den unten am Spielplatz neu errichteten Blattpferch mit den drei Meter hohen ZaunwĂ€nden zu fĂŒllen (Fassungsvermögen: vier bis sechs Schafe), dann gehen wir hier lauten Zeiten entgegen. Sehr lauten.
* NLA: fĂŒr die, die sichs nicht eh schon selbst zusammengereimt haben: National LaubblĂ€ser Association (hier: Ortsverband Hadern).
Rabimmel, Rabammel
Laut singend marschieren ein paar HĂ€nde voller Zwergerl mit selbst gebastelten Laternen durch den Innenhof, dann werden die Leuchtelichter im Sandkasten in einen Kreis gesteckt und sich selbst ĂŒberlassen. Ist das nicht gefĂ€hrlich? I wo. In den Zeiten von Helikoptereltern gilt die Devise LED-Lamperl statt Teelicht, da kann der Kinderpunsch in Strömen flieĂen.
Aber a bissele fad ist das schon im Vergleich zu frĂŒher, wo immer wenigstens eine Laterne im Umzug in Flammen aufgegangen ist.
Go with the Flow
Die MĂŒnchner Stadtwerke und ich fĂŒhren, was man in Expertenkreisen eine Schnapszahlenbeziehung nennt. Meine monatliche Abschlagszahlung liegt bei 33 Euro und der Jahresrechnungsnachzahlungsbetrag dazu passend bei 11,33.
Ich kann mir das nur damit erklĂ€ren, dass die einen ganz komplizierten Algorithmus haben, der sicherstellt, dass der Flow nicht gestört wird…
Hut ab, Jack Ma!
Das muĂ man erst einmal können: erst den 11.11. wegen der vielen Einsen zu einer Art Valentinstag fĂŒr Alleinstehende hochjazzen (“kauf ein teueres Geschenk fĂŒr den Menschen, der dir am nĂ€chsten ist: dich selbst”) und dann an diesem Tag mit Alibaba im Onlinehandel ein paar Phantastillionen Kohle scheffeln.
Kein Wunder, dass die RossmĂ€nner dieser Welt auch ein paar Brösel vom groĂen Kuchen abhaben wollen:
(Gestern Nacht in einer MĂŒnchner U-Bahnstation entdeckt.)


