Jam Session in der Unterfahrt

Die session-betreuende Hausband (Moritz Stahl Quartett – Moritz Stahl (sax), Sam Hylton* (p), Nils Kugelmann** (b), Zithong Xu (dr)***) war heute ausschließlich mit Schülern der Musikhochschule besetzt und ein jeder dieser doch noch sehr jungen Männer einzeln und gemeinsam ein rechter Ohrenschmaus und sie sind ganz offensichtlich auch als Komponisten sehr begabt.

Ich freue mich schon drauf, deren weitere Wege zu mitzuverfolgen und irgendwann sagen zu können: “Den kannte ich ja schon, da war der noch ganz jung…”

 

* Komposition: “Poor – Wise Man”

** Komposition: “No Time”

*** Hatte heute rote Puschelbesen im Einsatz, die aussahen, wie vom Room-Service eines hawaiianischen Tiki-Hotels geklaut.

Aus der Rubrik “Mythologie und Niedertracht”

“Kassandra! Hera! Michaela!”, unterbricht die alleinsitzende Dame im Vierersitz das fröhliche Fangerlesspiel im Waggon, “kommt zur Mama. Wir steigen die nächste aus.” Während ich noch kontempliere, welches der Mädchen mit seinem Namen am meisten geschlagen ist, wird die Kleinste mit den Worten “Hera, du stinkst!” in ihren Kinderwagen geschnallt.

Dann wäre das auch geklärt.

Versteckt auf Amazon Prime: The Scottish Play

“The Scottish Play” ist ein in Theaterkreisen bekannter Euphemismus für “Macbeth”. Wenn der angeblich mit einem Fluch belegte Klarname im Theater (außerhalb des Stückes selbst, wo er als Anrede oder dergleichen ausnahmsweise fluchfrei verwendet werden darf) ausgesprochen wird, droht allerlei Unbill und es bedarf komplizierter Rituale, um das Haus vom Bösen zu läutern.

Vor dieser Prämisse hat Weetus Cren eine lustige kleine Serie (sechs Folgen à 25 Minuten) und sich selbst die Rolle des Haustechnikers auf den Leib geschrieben und so viele hübsche kleine Details versteckt (T-Shirt-Aufdrucke, Poster, Handzettel und die ultimative Parodie auf Starbucks. Hach!), wie gerade noch reinpaßten.

Wer Stücke über Stücke, wie zum Beispiel den “Nackten Wahnsinn”, mag, ist damit einen Abend lang sehr gut unterhalten.

“Nehmen Sie eigentlich immer noch Drogen?”

Hmmm. Das ist jetzt eigentlich keine Frage, die ich gerne in der Öffentlichkeit von mir wenig bekannten Menschen gestellt bekomme. Auch und gerade, wenn’s die Demirsche aus dem Dritten wissen will, die mir ganz offensichtlich an den Briefkästen auflauert. Also erst einmal nachgefragt: “Wie meinen?”

Gebeugten Rückens und schmerzverzerrten Gesichts manövriert meine Gesprächspartnerin daraufhin ihre Hand Richtung Lendenwirbelsäule (ihrer eigenen, wohlgemerkt) und teilt mit, sie “hobe solche Schamerrzen. In Riiiiieckn.” Ah ja. Schlimm. Und das hat mit meinem vermeintlichen Drogenkonsum wie zu tun? “No, wie Sie sind gehangen an der Kriiiecke, hobben Sie doch genommen Drogen? Mit kleine Kugerl drin? Und hobben mir gägäbn, wie ich auch gehobt Schmerrrrzen. Und donn war Schmerrrrz wäck. Wie Bliiietz!”

Jetzad. Wir sprechen von der Zeit, als ich Entzündungshemmer gefressen habe, wie andere Leute Smarties und die Dinger immer und überall an der Frau hatte. Brauch ich nicht mehr, hab ja jetzt El Knie. Der leidenden Dame kann trotzdem geholfen werden. Wie Bliiietz (Kunststück, nemmich Aufzug) eile ich nach oben, und bringe der guten Frau eine Diclo sowie eine leere Packung, auf dass sie die ihrem Arzt oder Apotheker vorlege. Und ab sofort ihre eigenen Drogen nehmen kann.

Dealerin ist einfach nicht mein Traumberuf.

Weißer Dreck

Mir ist es heute mit geradezu militärischer Präzision gelungen, zwei Mal bei dichtem Schneegestöber nur noch die Rücklichter des Busses zu sehen und dann beim Warten auf “Dennächstenkriegenwirbestimmt” jeweils 10 Minuten lang an einer Haltestelle ohne Wartehäuschen zur Schneefrau zu mutieren. Es hat nur noch die Mohrrübe gefehlt.

Ich hab ja schon wieder so dermaßen genug von dieser Winterei!

Neu auf Netflix: The Kominsky Method

Chuck Lorre, der “King of SitComs” (zB The Big Bang Theory und Two and a Half Men) tritt in seiner neuen Serie an, die Ehre der weißen alten Männer und Hollywoods zu retten. Das ist gar nicht so schwer, der Schlüssel ist Selbstironie. In acht an-einem-Abend-gut-wegguckbaren ca. 20-minütigen Folgen, macht er sich mit Alan Arkin (84) als erfolgreichem Produzenten und Michael Douglas (74) als gescheitertem Schauspieler und darum jetzt Lehrer (s. die gleichnamige Methode und viele Grüße an Herrn Strasberg) einen ganz großen Jux.

Die beiden alten Knacker haben erkennbar Spaß daran, alte Knacker zu spielen und walzen alle Unschönheiten (die Frau stirbt nach mehr als 40 Jahren glücklicher Ehe) und Zipperlein (ein ganz besonderer Genuß: Danny DeVito als Uruloge) dieses Lebensabschnitts gründlich breit. Das hätte auch in einer Dokumentation über Trauerbewältigung und Prostatabeschwerden enden können. Tut es aber nicht. Lorre und seine Protagonisten kriegen den Spagat zwischen Drama und doch lieber Komödie sehr punktgenau hin. Auch das Elend der Nachgeborenen bekommt ausreichend Raum: die Agenten-Tochter (ganz wunderbar: Lisa Edelstein) wird zum nunmehr hmpfzigsten Mal in eine Rehab-Einrichtung eingeliefert, die Schauspiellehrertochter (herrlich: Sarah Baker) ist ihrem nicht altern könnenden Vater mehr Mutter als Kind. Gerade und besonders, als er es, nach drei gescheiterten Ehen, wieder mit einer Frau (klug und komisch: Nancy Travis, 57) versucht, die nicht seinem üblichen Beuteschema (“nicht älter als meine Tochter”) entspricht. Es schadet der Serie auch nicht, dass Lorre und sein Ensemble Hausnamen sind – ich glaube, man hat sich um die Gastrollen gerissen.

Also falls wer sich einen netten Abend machen will und guten Schauspielern dabeizusehen, wie sie vom Blatt spielen (ein amerikanischer Kritiker hat das Konzept sehr treffend mit “Malen nach Zahlen” beschrieben), nur zu. Unterhaltsamer als vieles, was gerade so läuft, ist die Kominsky Methode allemal.

(Ich habe viel mehr lachen müssen als bei den trüben Münsteräner Tatorten. Nämlich. Und ja, die haben sich das Nachtreten verdient.)

Früher war mehr Klamauk

Geplant. Gekauft. Geschleppt. Geschnipselt. Geviertelt. Geachtelt. Gestückelt. Gehackt. Gemessen. Gewogen. Gerührt. Geschüttelt. Gefüllt. Gerollt. Geknetet. Gebacken. Gebraten. Gesotten. Gekostet. Gekühlt. Gewärmt. Geräumt. Gestellt. Gedeckt. Gegessen. Getrunken. Geredet. Gefeiert. Gedankt. Gewaschen. Gespült. Getrocknet. Geräumt.

Dann war ich müd & matschig und wollte nur noch vor dem Fernseher wegdämmern (“have the TV watching me”, wie die wesentlich treffendere angelsächsische Formulierung lautet). Konnte mich auch ganz leicht für die passende Einschlafhilfe entscheiden – die Mediathek hatte bündelweise ungesehener Tatorte auf Halde. Österreicher waren keine vorrätig, dafür zwei aus Münster und die Witze gehen erfahrungsgemäß auch bei mattem Hirn immer. Von wegen. Sowohl “Herrenabend” wie auch “Der Fluch der Mumie” waren halbwegs ernst zu nehmende halbwegs stringente Kriminalfälle und nicht besonders komisch. Dabei sollen die nicht lösen, sondern mich zum Lachen bringen.

Wer’s war? Mir doch egal. Also echt.

Noch nicht mal das?

So ein Wintergeburtstag hat nicht viele Vorteile. Das fängt an mit dem elterlichen Spruch “das Geschenk gilt für Weihnachten mit” an und hört noch lange nicht damit auf, dass eben jene Geschenke schon mal gleich in Weihnachtspapier verpackt übergeben werden. Außerdem darf man nie nie nie draußen feiern. Zu meinen Lebzeiten darf ich darauf höchstens hoffen, wenn die Erderwärmung schwer an Tempo zulegt.

Das einzig Gute ist, dass am Vortag schon vorgekocht werden kann, weil es so kalt ist, dass alles auf dem Balkon schön frisch bleibt. Denkste. Weil nämlich nichts bleibt, wie es war, hat der real existierende Klimawandel extra das Sturmtief Marielou angeheuert, damit es die Schüsseln und Töpfe lustig verträgt und neu arrangiert und sich ins Fäustchen lacht, wenn ich mitten in der Nacht schlaftrunken das Abendessen meiner Gäste retten muß. Pah!

Es ist ein Mädchen!

Dass es der furchtbare Spahn nicht wird, war zu erwarten. Dass die Entscheidung in der Stichwahl zwischen Merz und Kramp-Karrenbauer wenn auch knapp für AKK ausfiel, hat mich positiv überrascht. Nach Angela führt nun also Annegret die Christdemokraten an.

Ich bin gespannt, ob sie eine Merkel2.0 wird oder eine eigene Handschrift hat. Wenn letzteres, dann fürchte ich, stehen uns einige Rückschritte ins Haus. Die Frau ist so katholisch. (Da ist mir eine bekenntnislose Physikerin aus der Uckermark lieber.)