Wunderkisten

Am Freitag war der Bremerhavener Zoll wohl doch meines Containers überdrüssig geworden und hatte ihn mit ungebrochenem Siegel zur Verladung auf den Zug und Fahrt nach München freigegeben. Und so traf es sich, daß ich meine Kartons, Kisten, Möbel gestern kurz traf, bevor sie in ihr Lager in Forstenried einzogen. 3. Stock, mit Lift und Aussicht aufs Industriegebiet – für meine Sachen ist mir nichts zu schade. Ich hatte mir ausbedungen, vor dem Verräumen noch in die Kleiderkartons zu schauen, um meine Hier-ist-es-aber-kalt-brrrhhh-Garderobe mit warmen Jacken, Schuhen, Pullovern zu ergänzen. Das wäre sicherlich auch eine leichte Übung geworden, hätten nicht die amerikanischen Einpacker jeden Karton, der auch nur entfernt Tuche, Stoffe, Textilien enthielt, mit “Linnen” (Bettwäsche) beschriftet. Wäre ich jemand, der gerne bei schneidendem Ostwind in einer zugigen nicht überdachten Einfahrt dick verpackte “Linnen”-Kisten, Kasten, Körbe aufritzte, um herauszufinden, was wirklich in ihnen verborgen ist, hätte ich bestimmt einen Heidenspaß gehabt. Mit zunehmend steiferen Fingern und großem Frust angesichts des Anblicks luftiger Kleider, T-Shirts, leichter Jäckchen und doch, ja, dem einen oder anderen Laken hielt er sich jedoch in Grenzen. Glücklicherweise bin ich zwischendrin doch noch fündig geworden und habe einen molligen Anorak mit Fleecefutter (das Modell “Fisherman’s Wharf” für den wagemutig leichtbekleideten San Francisco-Touristen), ein paar langärmelige Pullis und alle meine Rage-against-the-Klimaanlage-Strickjacken eingesackt. Im wahrsten Sinne des Wortes übrigens, denn ich war mit dem besten Transportmittel der Neuzeit, nämlich stabilen Gartenabraummülltüten angereist. Wo allerdings meine Schuhe und Stiefel abgeblieben sind, wissen die Götter bzw. ihr Bodenpersonal, die San Franziskaner Packer.

Die Münchener Umzugshelfer und ich haben gestern herausgefunden, daß ich laut Packliste außer einer Unzahl an Bettlaken- und bezügen offensichtlich ebenfalls über mehrere halbmannshohe und sauschwere Kisten voller Weingläser (ich kann mich bestenfalls an eine Gesamtzahl von 15 Gläsern (nicht Kartons!) erinnern) sowie angeblich wenigstens sieben Großkartons “pots and pans” (Töpfe und Pfannen) verfüge. Das Auspacken wird wie Weihnachten werden. Höchstwahrscheinlich wie Wichtelweihnachten mit Geschenken von zwangsverpflichteten Weihnachtshassern.

Es kann natürlich auch sein, daß mein nächster Karriereschritt die Eröffnung einer Frühstückspension ist.

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