Meine erste Spontankritik beim Verlassen des Kinos war “Zack, der Sack. Das war wieder so ein Sucker Punch Moment!”
Ich weiß auch nicht, was ich erwartet habe. Von allen Superhelden ist mir Superman eh der unsympathischste, weil er so ein unsäglich langweiliger All-American-Gutmensch-Boy-Scout ist, aber nach einem überraschend intelligenten Interview mit Zack Snyder im Time Magazine (muß an den Fragen gelegen haben) und einem richtig bösen Verriß in der SZ wollte ich mir eine eigene Meinung bilden (oder mein Vorurteil, ach was, mein Urteil über beide, Zack und Clark, bestätigt sehen) – wie gesagt, ich weiß nicht, was ich erwartet habe. Bestimmt nicht dieses zweieinhalbstündige seelenlose Pyromanen-Destroyer-Machwerk. (Ich habe zum ersten Mal nach knapp einer Dreiviertelstunde auf die Uhr gesehen und dann noch oft.)
Wer sich’s ansehen will, höre auf zu lesen, denn im folgenden wird hemmunglos gespoilert.
Snyder fängt die Geschichte auf Krypton an, wo Superman (Kal-El) unter Schmerzen vom Weibe geboren wird. Auf natürlichem Wege, unten aus einer Frau ‘raus, worüber sich Zack Snyder gar nicht einkriegen kann und es im Laufe des Films ohne jeden dramaturgischen Grund häufig erwähnen läßt. Seine Mutter darf noch den Knopf für die Rakete drücken, die Junior vom dem Untergang geweihten Krypton ausfliegt. Danach wird sie nicht mehr gebraucht und stirbt (Frauenrollen sind Snyders Stärke nicht). Seinen biologischen Vater spielt Russell Crowe und wenn man den mal unter Vertrag hat, muß man alles aus ihm herausholen und er darf fortan sein eigenes Hologram geben. Der Bub wird von guten Kansasser Farmersleuten geborgen und zum guten aufrechten Edel-Sei-Der-Mensch-Hilfreich-Und-Gut-Amerikaner großgezogen (in den Rollen “Salz der Erde” Kevin Costner und Diane Lane).
Klein-Clark von der Kansasser Kuhfarm hats nicht leicht, ist anders als die anderen Kinder, stärker und besser, keiner will mit ihm spielen. Erst recht nicht, wenn er einen ganzen gelben Schulbus voller Blagen aus dem Fluß zieht. (Dann wird das dicke Kind aus Rache später Geschäftsführer im Pfannkuchenrestaurant.) Als er heranwächst will er, wie jedes Adoptivkind, mehr über seine Herkunft erfahren. Also läßt er sich einen Bart stehen, zieht um die Welt (Amerika) und tut Gutes. (Kevin Costner darf in Rückblenden immer wieder grundgute Ratschläge geben. Wenn man den schon mal unter Vertrag hat…)
Ich erzähle chronologisch, der Fim tut das nicht. Da treffen wir sehr früh auf die toughe Reporterin Lois Lane (selten gesehen, wie man Amy Adams’ Talent solchermaßen vergeudet. Sie darf ein bißchen Schwanzvergleich-Sprüche klopfen und ansonsten die Augen weit aufreißen, weil sie überrascht ist oder fasziniert oder Angst hat. Sehr schön die (neidvolle?) Beobachtung eines Praktikanten beim Mittagessen mit den Kollegen, der die Szene, in der Superman Lois vor den bösen Kryptoniern rettet und mit ihr im Cape* mit sowiesovielen g in die Erdatmosphäre eintaucht, stehend landet and “than they start making out immediately”). Lois Lane also sehr früh, und der kryptonische Schurke General Zod, der droht, die Erde zu vernichten, wenn man ihm Superman nicht ausliefert.
Es ist nicht so, daß die Menschen das nicht gerne täten, sie wissen bloß nicht, wo er ist. Superfrau Lois Lane stellt ihr investigatives Reportertalent unter Beweis und spürt ihn auf (natürlich derzeit in Ungnade beim Besitzer des “Planet”, aber mit indirekter Untersützung des Chefredakteurs, es muß schon jedes Klischee sein, gell, Herr Snyder?). Sämtliche strategischen Entscheidungen in dieser Auseinandersetzung trifft Laurence Fishburne in ansprechender Camouflage-Uniform, einen Präsdenten als Obersten Befehlshaber braucht der nicht. (Entweder weiß Snyder mehr über militärische Realität als ich oder die Befehlskette ist ihm schlicht wurscht. Wundert mich eh, daß nicht alle Nase lang einer brüllt: “This is Sparta!”)
Es gibt in diesem Film drei größere Frauenrollen, zwei davon sind Supermans Mütter, die dritte seine zukünftige Gattin. Alle drei sind fürchterlich geschrieben, jede dieser Schauspielerinnen ist gnadenlos unterfordert. Aber was interesssieren Herrn Snyder Frauen, wenn er Planeten und Städte in die Luft jagen und seine Helden in organisch-wild designten Raumschiffen Space-Schlachten schlagen lassen kann. Er betreibt schamloses Product Placement, klaut aus anderen Filmen, was nicht niet- und nagelfest ist (pars pro toto die Menschenbrutanlagen aus der Matrix) und läßt es krachen. Das ist wieder so ein adoleszenter feuchter Traum mit Special Effects. Grrrgggghhhh! Und all dieses teure Zeugs läßt einen vollkommen unberührt. Die Zerstörung von Metropolis wird zelebriert. Ausnahmsweise in einer vorher nie dagewesenen Ästhetik der Vernichtung. Und sie geht mir am Arsch vorbei. Vollkommen. Läßt mich eisekalt. Kein Sekündchen emotionaler Berührung. Die einzige Figur die das schafft ist der Schurke von Krypton, General Zod, der versucht, das Unheil, das durch natürliche Geburt (da! schon wieder!) über seinen Planeten gekommen ist, durch Vernichtung des so entstandenen Geschöpfs und Gründung einer Kolonie auf der Erde (einhergehend mit der Auslöschung ihrer Bewohner) aufzuheben. Klappt natürlich nicht.
Und warum? Tjahhaaa, schauen wir uns das ganze doch mal reduziert auf das Wesentliche an: da wird in den Sternen vom Weibe (unter Schmerzen!) ein Kind geboren. Es wächst bei Adoptiveltern auf (wobei die Mutter für die Dauer des Gesamtfilmes ausschließlich dafür zuständig ist, auf der Farm zu wohnen, damit der Bub einen Platz zum Nachhausekommen hat). Als Kind ist er auffällig, weil seine innere Kompaßnadel immer nur auf GUT steht. Herangewachsen und vollbärtig geht er herum, tut Gutes und die, denen dies wiederfährt, legen Zeugnis ab (bei Lois Lane). Schließlich, in seinem Dreiunddreißigsten Jahr (doch, echt!) erlöst er die Menschheit vom Bösen.
What?
Das muß man sich nicht antun. Das sind zweieinhalb Stunden vergeudete Lebenszeit + noch ein paar mehr, wenn man dieses krude Produkt mit einem Verriß würdigt.
* Als ob diese Szene aus “The Incredibles” nicht zum Standardwissen über Superheldenkostüme gehörte: No capes: http://bit.ly/SZeYG