“Ain’t over til it’s over”

Gestern habe ich nach genußvoller Lektüre in der prallen Sonne, Spaghettihemdchen, Strohhut und alles, die Sitzmöbel zwengs Regenschutz unter das Vordach geschoben, wie immer, und bin dann meinen Resttagestätigkeiten nachgegangen.

Heute früh weckt mich der erste Drecks-Guruh-Guruh-Scout mit der Meldung, dass ich dabei vergessen habe, die Beseninstallation auch wieder vollständig aufzubauen und deswegen nun der Wiederbesiedlung meines Balkons mit gleichgesinnten Schlackern nichts mehr im Wege steht (Schlacken = schlafen + kacken – ich bin sicher, dass das Schließen der Augen bei Tauben den Schließmuskel löst).

Denkste, Freundchen. Noch im Nachthemd (geht ja bei dem Wetter) alles wieder an seinen Platz gerammt und vorsorglich mit dem Scheuchhandtuch gewedelt. Bleibt weg!

Verhörte Intelligenz

Es gab in den späten dreißiger Jahren einen jüdischen Witz und der ging so:

Cohen hat es geschafft, Deutschland zu verlassen und ist in New York gelandet. Er geht Lebensmittel einkaufen, dies und das und ein Pfund Orangen. Der Obsthändler fragt: “For juice?” Cohen kann es nicht fassen: “Was, hier auch?”

Die VI ist noch jung und kennt den Witz nicht und weil sie auch nichts von Kontext versteht, verwechselt sie bis heute “juice” (Saft) und “jews” (Juden).

Verhörte Intelligenz

Ein Herr im feinen Tuch wedelt Kühe fort (kenn ich, ich hatte das auch mal, mit Tauben), eine sehr geschminkte Dame fächert und klappert und stampft in ihrem schönen Kleidchen und über allem liegt die guturale Stimme eines Spanisch sprechenden Herrn, und weil die VI nicht weiß, dass ich das auch ohne sie verstehe, übersetzt sie, dass das schöne Spanien nicht nur das Land sei, in dem es Stierkampf und Flamingo gibt, sondern so viel mehr.

Wie sagt der Römer in solchen Fällen? Si tacuisses.

Gestern Abend in der Unterfahrt: “Wolfgang Schmid & The 77 Birthday Band”

Herr Schmid, seines Zeichen Bassist, feiert Geburtstag und, wie Hausherr Stückl bei der Einführung erzählt, ist mitverantwortlich für dessen Karriere als Konzertveranstalter, weil er schon seinerzeit als ganz Junger im Hochzeitssaal der väterlichen Wirtschaft in Oberammergau und im Pfarrsaal dortselbst Musikveranstaltungen organisiert… wo war ich?

Ach ja, Herr Schmid hat sich zu seinem Geburtstag junge Musiker eingeladen, um mit denen, wie es mein Begleiter so treffend nennt, ein “Spaßkonzert” zu spielen. Das ist es auch geworden. In der schon wieder voller als vollen Unterfahrt – ich bin sicher, wer sich dort als Bedienung bewirbt, muß ein Diplom in fortgeschrittener Anorexie nachweisen und wer von denen auf die Idee gekommen ist, zwischen den gut besetzten Hockern an der Bar noch Stehplätze zu reservieren, kriegt irgendwann Ärger mit dem Brandschutz, nein, es ist nicht mehr schön. Wenn die Zuschauer schon so dermaßen in die Bühne hineinsitzen, dass die Dame neben dem Keyboarder aussieht, als wolle sie in der nächsten Minute vierhändig mit ihm spielen, dann… schon wieder abgelenkt. Zefix.

Also gespielt haben sie alles, was die nun schon sehr lange Karriere des Jubilars hergibt, alle zusammen, Jakob Manz am Sax, Hannes Stollsteimer an Keyboard und Piano, Christoph Neuhaus, Gitarre und Daniel Mudrack am Schlagzeug oder, auf Wunsch des Herr Schmid, auch mal Solo oder im Duo. Sehr schön, mein Favorit war, was ich den “Paul-Simon-Moment” nennen möchte, mit dem Titel “Soweto”… – aber der Keller war einfach zu voll. Gesehen habe ich hauptsächlich Säule, und meine Beine sind heute noch verbogen und steif.

So wie ich das hinter meinem Sichtschutz gehört habe, ist Manz noch besser geworden und das war dann doch schön.

Verhörte Intelligenz

Auch wenn die VI das nicht so hört: es ist schon ein Unterschied zwischen einem Reiter (“rider”) und einem Schreiber (“writer”). Und wenn es nur das Pferd ist.

Gelesen: Kate McKinnon – “The Millicent Quibb School of Etiquette for Young Ladies of Mad Science”

Kate McKinnon ist eine begnadete Komikerin und wer sie noch nicht kennt, möge sich auf YouTube davon überzeugen. Eine begnadete Autorin ist sie nicht. Leider. Es ist nicht so, dass sie es nicht nach Kräften versucht, ihr Buch ist vielmehr ein großer Kessel ganz Buntes: viktorianische Ambiente in der Stadt Antiquarium, in der drei Waisenmädchen, die bei ihren bös-ignoranten Verwandten und deren vorbildlich braven Töchtern, die alle “Lavinia” heißen, im Gartenschupppen untergekommen sind, fliegen – einmal wieder mißverstanden – von der nächsten Feine-Damen-Schule und landen stattdessen im Institut von Millicent Quibb (Tarnname: “Marjory Questions”). Dort lernen sie in den drei Tagen, die die Geschichte dauert, neben kritischem Denken auch Selbstbewußtsein und decken eine Verschwörung (ja, Keller, Capes, Masken, Kerzen, dumpfe Gesänge) der Stadtoberen auf – und bewahren die Stadt vor dem Untergang, was ihnen natürlich nicht gelohnt wird. Soweit, so vorhersehbar, mit allerlei komisch-sein-sollenden Wendungen und Formulierungen und Fußnoten und allem an Schrifttypen und -größen, das man sich nur vorstellen kann. Außerdem Illustrationen. Hmmm.

Das Buch ist so dermaßen bemüht, witzisch zu sein, dass ich manchmal aus Mitleid gelächelt habe, aber für die über 200 Seiten konnte ich meine Empathie dann doch nicht strecken. Vielleicht sollte man es an sehr jungen Menschen mit wenig Leseerfahrung ausprobieren, vielleicht finden die es komisch.

Als erwachsener Mensch kann man sich die Lektüre sparen. Nicht lesen!

Grad mach ich’s Maul zua*

…und wupps sitzt auf dem äußersten westlichen Ende des Balkongeländers schon wieder so ein Guru-guruh-Mistvieh und guru-guruht. Oh Mann! Zum Glück weiß ich mich zu wehren. An der östlichen Balkontür stehen Besen und Wegwedelhandtuch griffbereit, nun hier, im Osten, der Schrubber. Wirkt. Vieh fort.

Man stelle sich vor, ich hätte auf so einen kleinen runden elektronischen Selbstsauger umgestellt. Die sind doch allerhöchstens für maximal einen Diskuswurf gut – und dann?

* Das ist die schwäbisch-herbe Variante des norddeutschen “und eben sach ich noch”.