War einmal ein Filibuster,

im Zivilstand US-Präsidentschaftskandidat und, obzwar Mitglied der Republikanischen Partei, ein “Libertarian”. Einer von denen, die nichts von allmächtigen Geheimdiensten und Vorratsdatenspeicherung halten und der darum gestern mit einer zehneinhalbstündigen Rede (über Mitternacht hinaus, das war das entscheidende) im US-Senat eine Abstimmung verhindert und damit sozusagen die NSA kaltgestellt hat.

Was das bringt? Für den Kandidaten Rand Paul, daß seine Parteifreunde ihn jetzt von Herzen hassen und behaupten, er habe die nationale Sicherheit auf dem Wahlkampfaltar geopfert. Das Wahlvolk hält ihn nun erst recht für einen Nestbeschmutzer und im Talk Radio wird schon zu “Einfach-Abknallen-Den-Verräter” aufgerufen. Immerhin seinem Stehvermögen zollt man Respekt, also wohlgemerkt der rein physischen Leistung. Warum er die Abstimmung unbedingt verhindern wollte, begreifen viele nicht. Ihnen erschließt sich einfach nicht, warum es Menschen gibt, die geradezu hysterisch auf Datenschutz bestehen. Dabei ist es ihn ihrer Weltsicht doch ganz einfach: wer “nix zu verbergen” hat, ist durch so gute Gesetze wie den “Patriot Act” oder seinen leicht reformierten Nachfolger mit dem klangvollen Namen “Freedom Act” gegen terroristische Anschläge gefeit. Punkt. (Schutz vor Amokschützen ist nicht inbegriffen.)

Sonst? Nicht viel. Dann wird halt morgen oder übermorgen zugestimmt, daß statt eines Geheimdienstes nunmehr Telefongesellschaften die Daten aufheben und erst auf richterliche Andordnung herausgeben dürfen. Es sei denn, es ist Gefahr im Verzug. Oder Mittwoch und Vollmond. Oder irgendein anderer billiger Grund, mit dem sich die Vorschrift aushebeln läßt.

Man könnte es auch so sehen: Mr. Paul hat’s hier für wenige Tage zu einer Art inländischem “No Spy”-Abkommen gebracht.

Neu im Kino: Mad Max – Fury Road

Vielleicht bin ich zu alt für so ein Krach-Bumm-Feuer-Explosion-Wilde-Masken-Irre-Kostüme-Schnelle-Schnitte-Grelle-Farben-Laute-Musik-Spektakel. Oder ich war nie jung genug für sowas. Ich weiß es nicht. Ich bin nach zwei Stunden Film ratlos. Habe ich den feuchten Traum eines Nascar-Aficionados wahr werden gesehen? Oder eine überwältigende dystopische Endzeitvision mit großen Bildern, die ohne viel Sprache auskommt? (Bei Max (Tom Hardy) hatte ich den Eindruck, der ist mit abgezählten 200 Worten ins Geschehen geschickt worden und hatte den Ehrgeiz, dieses Limit zu unterbieten.) Oder gar, wie in einer Kritik zu lesen war, einen Lobgesang auf den Feminismus, weil Charlize Theron, als “Imperator Furiosa”, eine einarmige (ist die Amazonenassoziation da nun zu weit hergeholt?), kahlgeschorene Kriegerin in Camo, nur mit einem Make-up aus Motorschmiere einen Monstertanktruck besser durch Wüsten kariolt als jeder Mann?

Ich habe immer noch keine Ahnung. Wenn wer eine Meinung hat und die mich überzeugt, dann nehme ich sie gerne.

Wetterwendisch

Heute früh wollte ich mit der Überschrift “The sun ain’t gonna shine anymore” noch rumjammern, daß wir hier am Nordzipfel der Peninsula “in Flughafennähe” wohnen und damit in einem Nebelloch, denn viel häufiger Waschküchennebel scheint weltweit eine der vorgeschriebenen Voraussetzungen bei der Standortwahl für Airports zu sein. Wie immer zu dieser Jahreszeit steigen die Schwaden gleichermaßen von der Bay wie vom Pazifik auf und nehmen urbs et orbis (d. h. San Francisco bis zum Nordende des Silicon Valley) in ihren feuchten dunklen Klammergriff.

Beim Dicke-Damen-Spratzeln hatte der himmlische DJ nachgelegt und ich habe in meinem molligen Neoprenjackerl zu  “Here comes the sun, dubi dubi…” ordentlich schwitzen müssen. Für den Rest des Tages lief zu wolkigem Himmel mit gelegentlichen Sonnenstrahlen in einer Endlosschleife “Stormy Weather.”

Hey Man: Let the sun shine!!

Die Hüte hoch!

Neben einem dicken Bündel von mindestens 20 oder mehr Luftballons ist quer über Nachbars Garagentür ein großes Banner gespannt: “Congrats! Grad 2015!”. Als Dustin Hoffman noch jung war, hieß eine/r, der/die gerade eine weiterführende Schule abgeschlossen hatte, “Graduate”, das Umfeld gratulierte mit den besten Wünschen (congratulations) fürs Erwachsenenleben und gut war. Heutzutage langts nicht mehr für ganze Worte, dafür ist jede/r, dem/der es gelingt, Krabbelgruppe, Kindergarten, Pre-, Elementary-, Middle-, High- oder Hochschule zum vorgesehenen Zeitpunkt abzuschließen, ein “Grad”. Alle Eltern, die ich kenne, drehen in diesen Tagen am Rad und kaufen sich dumm bei Anbietern wie http://www.littlegraduates.com/, weil natürlich a) die anderen es tun, man b) das beste für seine Brut will und c) die Kleinen gar so “cuuuute” aussehen mit Capes und Gowns, Tassels, Sashels und Hoods.

Eltern, deren Kinder wirklich die eigentliche Reifeprüfung bestanden haben, blicken auf ein anstrengendes Jahr mit Bewerbungen für Colleges, Stipendien und “College Tours”* zurück, immer in der Hoffnung, daß das Guthaben auf dem College-Sparbuch, in das sie seit der Geburt ihrer Kinder einzahlen, für deren akademische Bildung ausreicht und schlagen sich zusätzlich mit den Wunschzetteln ihrer postpubertierenden Studenten in spe herum.

Aufgemerkt: Eines der Gesprächsthemen, die man als Ausländer zur Zeit besser vermeidet, ist die Höhe des jährlichen “Schulgeldes” für den Besuch einer deutschen Universität.

 

* Häufig reist übrigens traditionell die ganze Familie an, um an eigens als solchen ausgewiesenen “Family Days” den zukünftigen Studienort, die Uni und die Dorms (Studentenwohnheim) zu besichtigen.

Hiobsbotschaft

Ein Vorteil dessen, daß ich einen viel zu großen Anteil meines Lebens auf der Straße verbringe, ist der, daß ich schon fast sicher sagen kann, ob ein Autoaufkleber wohl flockblog-Potential hat. Wenn ichs recht bedenke, ist das aber auch schon der einzige.

Aber zurück zum Thema. Aufkleber. Auf Autos. Die überwiegende Anzahl aller Menschen, die hier berechtigt sind, ein Kraftfahrzeug zu führen, haben einen immensen Mitteilungsdrang. Informationen! Umsonst und gratis für alle, die mit ihnen hier im Stau stehen! Anzahl und Beschaffenheit ihrer Familienmitglieder via “stick figure family” plus Hund, Katze, Maus, Lieblingssender (ungeschlagen an der Spitze “Catholic Radio”), schulische Erfolge des “Honor-Student”-Nachwuchses, Meinung (für Frieden, gegen Staudämme, unentschieden hinsichtlich Seelöwen und ganz klar dafür, daß Tahoe blau bleiben muß) und vor allem Zugehörigkeit zu irgendeiner Gruppe. Ob einer Alumnus einer Hochschule ist, Unterstützer oder Gegner einer Partei, in einem Arbeitsverhältnis befindlich (unglaublich, wie viele Menschen hier die Logos ihrer Arbeitgeber zur Schau stellen), aktiv in einem Sportverein oder – häufiger – in einem Fanclub oder eine von “Job’s Daughters International” – Hauptsache, der Welt mitgeteilt.

jobs daughters1Das ist genau die Art Aufkleber, bei der mein flockblog-Radar ausschlägt – wer um Himmels Willen sind Hiobs* Töchter, was machen die, wenn der HErr sie nicht mit Aussatz schlägt und wo, warum, weswegen?

Hiobs Töchter sind eine Jugendorganisation der Freimaurer, 1920 gegründet von Ethel T. Wead Mick, deren Vorfahren beidelterlicherseits seinerzeit mit der Mayflower zugereist waren. Zu diesem Schiff sag ich nix mehr. Nie mehr. Der Verein heißt zuallererst mal nicht Verein, sondern Orden und steht jungen Mädchen und Frauen zwischen 10 und 20 Jahren offen, auf daß diese durch Moral und Gottesfurcht sowie Freimaurerbeziehungen (!) ihren Charakter bilden und außerdem Fahne, Vaterland, Eltern und Vormünde und zwar in dieser Reihenfolge ehren. (“The purpose of the Order was to band together young girls with Masonic relationship for character building through moral and spiritual development by teaching a greater reverence for God and the Holy Scriptures: loyalty to the Flag and the Country for which it stands, and respect for parents and Guardians.”**) Irgendwie drängt sich der Eindruck auf, als habe die gute “Mother Mick” da eine Art Schulorden für zukünftige brave folgsame Freimaurerehefrauen gegründet.

Klingt das jetzt so, als könnte ich die nicht leiden? Das mag daran liegen, daß ich sonst ja nie wen in solchen Organisationen kenne, aber mit Freimaurern schon sehr viel Spaß hatte. Und ja, das ist ironisch gemeint. Unsere alte Bürogarage lag im Untergeschoß eines sehr verwinkelten Gebäudes, unser – im Hause wohnender – Vermieter war der Palo Alto Masonic Temple. Jeden Dienstag, den Gott werden ließ, also einen pro Woche, rückten die Logenbrüder über unseren Köpfen die schweren Eichenmöbel an die Wand, um ab frühem Nachmittag zu seltsamen Weisen das Tanzbein zu schwingen. Leider waren die meisten mit altersbedingten bewegungseinschränkenden Leiden geschlagen und das hieß für uns, eine Etage drunter: arhythmischem Gehumple zu mißgestimmter Musik. Das ist nicht gerade konzentrations- und schon gar nicht sympathiefördernd. Aber auch sonst war es schwierig, sie zu mögen: Selten mit einem Haufen solchermaßen mysogyner alter Männer wie denen in Lodge #364 zu tun gehabt. Das Gesocks sprach in Verhandlungen grundsätzlich mit dem nur zu Lehrzwecken mitgeführten männlichen Praktikanten, statt eine der beiden Frauen, die von Berufs wegen mit ihnen die Verlängerung des Mietvertrags diskutierten, auch nur eines Freimaurerblickes zu würdigen. So habe ich mich bisher nur im Krankenhaus gefühlt, wenn Arzt und Krankenschwester in meinem Beisein über mich in der dritten Person sprachen. Und die hörten immerhin gleich mit dem Unfug auf, wenn ich mich zu Wort meldete. Die Masons nicht.

Und deswegen, liebe Kinder, gibt es einen aus der Zeit gefallenen Verein wie die “Daughters” wohl heute noch.

Übrigens, falls jemand ein paar Minuten Zeit übrig hat: hier ist die aktuelle Präsentation der “Daughters” zu den Themen Sicherheit & Achtsamkeit http://www.jobsdaughtersinternational.org/YPP/DSAP/JDI-DSAP-03-2014.pdf – ein Paradebeispiel für die unheilige Allianz zwischen religiösem Fanatismus und amerikanisch-paranoider Kindererziehung.

 

* Frau ist ja bibelfest und weiß, daß der Hiob in angelsächsischen Bibelübersetzungen Job heißt.

** Quelle: http://www.jobsdaughtersinternational.org/AboutUs/Founder.htm

Eine Frage der Einstellung

Klimaanlagen können hierzulande nur zu. Zu kalt oder zu warm (als ob es das gäbe. Zu warm, pah! Aber das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll) oder, in Nerd-Sprech: “Hoth and Tatooine”.

Es trägt hier ungemein zum Verständnis bei, wenn man sich a bissele im Star Wars Universum auskennt.

Aus dem Vokabelheft

“Da bin ich ganz und gar bei Ihnen” oder, wie man im ehemals Wilden Westen noch heute zu sagen pflegt: “We are in violent agreement.”

Lost & Found

Dem ebenfalls deutschen Kollegen liegts auf der Zunge “wie sagt man nochmal auf angelsaechsisch wenn man nicht mehr weiss, welche Fragen noch gestellt werden koennen? d.h. man hat alle moeglichkeiten bis zum geht-nicht-mehr ueberprueft und ist nun …”. Ich biete einen bunten Vorschlagsstrauß von Formulierungen mit ungefähr der gleichen Bedeutung an, aber keine ist genau die, die er sucht. Nicht “out of options”, nicht “at the end of my wits” und schon gar nicht “beats me”. Endlich kommt er drauf, was er meint: “I am at a loss”.

Wir haben nach kurzem Überlegen noch ein paar mehr Synonyme gefunden – ist schon schön, wenn eine Sprache über einen täglich weiterwachsenden Wortschatz von weit über einer Million Wörtern verfügt.

Rat und Tat

Anscheinend braucht die Gilde der amerikanischen Personal-Berater dringend zahlende Neukunden, ich kriege nämlich zur Zeit täglich Angebote, Newsletter gegen Geld zu abonnieren. Meistens bedrohen mich die Absender, im allgemeinen damit, daß mir im Tagesgeschäft sowieso nie die Zeit bleibt, mich über neue Gesetze und Vorschriften zu informieren und daß mir, wenn mir einer draufkommt, was ich alles aus Unkenntnis falsch oder nicht gemacht habe, langjährige Haftstrafen drohen. Mindestens. Sowas lösche ich immer gleich. Hey, no risk, no fun.

Heute haben mir die freundlichen Menschen von “Ask a Manager” ihre Unterstützung in allen Fragen zum Umgang mit Human Resources angeboten. Ich pflege diese Ressourcen Kollegen zu nennen, aber was weiß ich schon? Gleich der erste Beitrag war voll aus dem Leben gegriffen: “Hilfe, mein Chef denkt, er sei ein Maya-Schamane”*

Ich denke, ich werde den RSS Feed abonnieren. a) Der ist umsonst und ich bin Schwäbin. b) So leicht komme ich doch nie wieder an Schwachsinn für den flockblog.

 

* Nein, ich habe das nicht erfunden. Leider, sowas hätte ich mir wirklich gerne selbst ausgedacht. Hier: http://www.askamanager.org/2015/01/my-boss-thinks-he-is-a-mayan-shaman.html

Aus dem Vokabelheft

Wenn einer vom Hundertsten ins Tausendste kommt, dann noch zu Pi abschweift und auf einmal von ganz was Anderem anfängt, dann heißt das hier seit neuestem: ” He goes full George RR Martin on me.”

Ich find’ das sehr hübsch und warte gespannt auf den Moment, wo ichs zum ersten Mal anbringen kann.