Hoppla, jetzt kommt ein Karton!

Abschnitt 1: Der Tatsachenbericht

Es kam nicht ein Karton, und auch nicht die vier oder fünf, an die ich mich bei Annette und Otto eingelagert und im Herbst schon vorsortiert (!) gehabt zu haben erinnern konnte, es kamen 14 (in Worten: vierzehn). Voller Bücher. Gestern, von Otto kunstvoll in Annettes Kleinwagen getetrist und von Annette treulich über schneebdeckte Straßen kutschiert und von uns beiden in einer halbstündigen Schleppaktion ausgeladen und nach oben verbracht.

Abschnitt 2: Umzugsphilosophie oder Lessons learnt

Man sollte niemals davon ausgehen, daß, was einem vor über sieben Jahren wichtig war, es auch heute noch ist. Ganz und im Speziellen bei Literatur. Vielmehr sollte man Bücher wie Gäste behandeln. Man wird erfahren, daß man sich bei manchen glücklich preist, ihnen zum schnellen Kaffee noch nicht mal einen Kuchen angeboten zu haben und sie nur so kurz wie möglich mit einem verweilen, bevor sie in der U-Bahn ausgesetzt werden; mit anderen hingegen zieht man zusammen. Vielleicht sogar fürs Leben, das wird sich weisen, wie bei allem, das fürs Leben sein soll. Dazwischen gibt es, wie bei allen Gästen, von Kurz-und-intensiv bis Ich-hab-mich-so-an-dich-gewöhnt jede Variante des Zusammenseins. Und das ist gut so.

Abschnitt 3: Die Abbitte

Zuerst und allvorderst: bei Annette und Otto, die diese Kisten mehrfach mit mir hin- und hergetragen und sich damit sieben Jahre lang den Keller vollgestopft haben. Ich verspreche hoch und heilig: Das kommt nie wieder vor! Meine Bücher werden, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, durchreisende Gäste werden und von Hand zu Hand gehen, wenn ich glaube, daß noch jemand anderer an ihnen Freude haben kann.

Außerdem bei den Autorinnen und Autoren: it’s not you. It’s me. Dieser Umzug hat mich gelehrt, daß ich viel weniger brauche, als ich habe. Ich konnte drei Monate aus dem Koffer leben und komme jetzt noch in Schwierigkeiten, wenn ich was zum Anziehen aussuchen soll, das ich nicht in diesem Zeitabschnitt getragen hatte. Denn eigentlich hat diese bescheidene Auswahl gereicht (von kurzen und sehr überschaubaren “Ich-habe-nichts-anzuziehen-Anfällen” abgesehen).

Und ja, das ist nicht neu. Aber, und nun die hohe Schule der Philosophie: es gibt bekanntermaßen auch nichts Neues unter der Sonne. Manche (ich) brauchen halt nur etwas länger…

Ätsch, Paula!*

gimiiWollen hätte ich ja nicht gewollt, freitagabends noch einmal hinaus in Eiseskälte und Wind, aber mein Getränkevorrat war inzwischen sehr überschaubar, der Samstagmorgengreisentreff bei Edeka letzte Woche abschreckend genug und weit weg ist es wirklich nicht. Also warm eingepackt und meinen feuerroten Gimi (links) im Supermarkt bei den schwarzen, dunkelblauen, -braunen und beigen Einkaufstrolleys eingereiht (es gibt dort im Vorraum bei den Einkaufwägen tatsächlich eine Art Parkplatz für die Dinger). Zunächst deutsch verhalten, d. h. Einkaufswagen mit Markerl ausgelöst, Pfandflaschen zurückgebracht und dann zügig nach hinten, wo die Getränke stehen, unter beläufiger Mitnahme des un-glaub-lich reduzierten Siebenerpacks Tchibo-Kinderbiosocken (hat schon auch Vorteile, wenn man auf kleinem Fuße lebt) und gerade rechtzeitig dazugekommen, als ein Ladenschwengel sich anschickt, den ersten Sechserkarton “Grand Plaisir” seit Paulas Artikel ins Regal zu verräumen. Hab ihn gebeten, den Unfug bleiben zu lassen und den Champagner in meinen Einkaufswagen zu stellen.

Ja, die ganze Kiste! Aber hallo! Ich habe schließlich eine Einweihungsparty zu bestücken.

* s. https://flockblog.de/?p=29451

Stiefmuttersprache

Neulich, im Gespräch mit einem Freund, erzähle ich, daß ich in Kreisen* rumgerannt bin, um irgendetwas umgesetzt zu bekommen. Seine lapidare Antwort: “Du bist wieder in Deutschland. Einer langt.”

Auch schön, wenn man dabei ertappt wird, wörtlich aus der Sprache des Siebenjahregastlandes in die eigene rückzuübersetzen.

* http://bit.ly/1SWMV6M

Fishy

Groupon scheint von der Idee besessen zu sein, daß ich dringend eine Massage mit Preisnachlaß brauche und will mir heute diese verscherbeln.

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Och nö, Groupon, ich mag nicht mit kaltem totem Fisch geschlagen werden. Den esse ich lieber.

Schmeichler

Der Heizungsableser ist Osteuropäer und erteilt dem Heizungsableserhiwi Anweisungen in der Muttersprache. Ich bin von Natur aus neugierig und außerdem Linguistin, also frage ich nach, um welche Balkansprache es sich handelt. “Kroatisch” sprächen sie, also vielmehr “Jugoslawisch”. Aber Jugoslawien kennte ich wahrscheinlich nicht mehr, dafür sei ich noch zu jung.

So ein hübsches Kompliment habe ich schon lange nicht mehr bekommen.

Mehrfliegenklappe

Die Heizung sollte abgelesen werden, irgendwann am Freitagnachmittag zwischen 13:00 und 17:00 Uhr und was zunächst wieder klingt wie so ein frustrierenden Vierstundenzeitfenster, an dem man daheimbleiben muß und wo der Dienstleister ganz sicher genau dann klingelt, wenn man grad mal schnell bieselt, entwickelte sich heute Nachmittag zur veritablen Rush Hour.

Der beste Umzugsunternehmer von allen konnte es einrichten, endlich den Balkon von den restlichen Kartons zu befreien, womit ich nun vor dem Schlafzimmer eine Terasse habe. Der Vormieter kam vorbei, um seine Post abzuholen, und auch der Hausmeister hatte gut mitgedacht (“hab’ ich mir überlegt, Sie sind heute eh da, wegen der Heizung”) und nutzte die Gelegenheit, um mein Namensschild am Briefkasten anzubringen. (Die anderen hatte er längst ausgetauscht, aber für dieses letzte brauchte er den Schlüssel.) Nebenher wurde die Heizung abgelesen und in den Pausen zwischen all den Herrenbesuchen habe ich die ganze Wohnung gründlich gestaubsaugert.

Sowas nennt man Win-Win-Win-Win. Mindestens.

Happy Hour

Ich komme jetzt meistens so heim, daß ich noch vor den Ladenschlußzeiten von Bäcker und Metzger in meiner kleinen Fußgängerzone vor dem Haus einkaufen kann. Brot bräuchte ich, also rasch zu Pfisters, wo eine lange lange Schlange ansteht. Mist! Mit allem hatte ich gerechnet, vor allem mit langen Wartezeiten, aber nicht mit “Gengans nur vor, mir wortn auf die Häbbi Aua.” Das hatte ich vollkommen vergessen, daß beim Pfister das Brot nach 18:00 Uhr billiger wird. Und dann bin ich wegen meiner drei Semmelen tatsächlich “vor” gegangen – mir scheint, die Kalifornier haben irgendwas mit dem Sparschwaben in mir angerichtet…

Dann weiter zum Metzger und ganz schüchtern gefragt, ob sie noch Wurst aufschneiden täten oder ob die Maschine schon geputzt ist. Und dann sagt die nette Wurstverkäuferin doch glatt: “Wir haben bis halb sieben offen, und bis halb sieben wird bei uns aufgeschnitten.”

Waren die auch in Kalifornien?

Aus dem Vokabelheft

Eine “Abhyanga-Ganzkörpermassage” wird mir gegen allgemeines Verspannt- und Verfrorensein wärmstens empfohlen. “Ja”, denke ich, “abhängen klingt gut” und freue mich, wie nah Sanskrit am Deutschen ist, daß man das gleich so einfach versteht.

Ehrlich, ich hätte gar nicht aufgeklärt werden müssen, daß es bei Abhyanga um „Die Große (ayurvedische) Einölung“ geht. Jetzt stelle ich mir weniger genußvoll faul Abhängen, als vielmehr fürchterliches Rumbatzeln vor. Kannst du behalten, Groupon.

“Echt, Alter, voll die Megakacke!”

Die Kollegin, mit der ich das Büro teile, ist und spricht noch sehr jung und konnte es heute morgen gar nicht erwarten, bis sie mir von ihrem gestrigen Katastrophenabend berichten durfte. (Nämlich erst, wenn Sabine ihren Kaffee hat; und zwar am besten schon getrunken, vorher ist Ansprache nicht erwünscht. Und nicht erlaubt.). Nach drei Schlucken Kaffee habe ich eine Aufmerksamkeit vortäuschende Miene aufgesetzt und das Wort erteilt. Und da sprudelt es auch schon los:

“Also echt, das glaubst du nicht! Alter!” Die Kollegin war nämlich gestern mit ihren Mädels* verabredet, so für so Afterworkdrinks und die Miri hatte eigens einen Tisch in der Bar reserviert, weil, Alter, da kriegst du sonst keinen Platz. Abends ist es da echt immer sowas von voll voll. Total krazy. (Doch, die schreiben das inzwischen mit “k”. Ist cooler.) Und wie sie ankommt, ist es wirklich voll voll und kein Mädel in Sicht. Und wie sie dann mit der Miri telefoniert, stellt sich raus, sie ist falsch und die anderen sind in einer anderen Bar. Also, das geht doch nicht, dass es in München zwei Bars mit dem gleichen Namen gibt, Alter!

Befragt, wie das Etablissement denn heiße, stellt sich heraus, sie war im “Bandidos”, Miri und die Mädels im “Americanos”. Wo sie recht hat, hat sie recht. Vollkommen identisch. Das geht wirklich nicht. Alter!

Ich habe aus dieser zehnminütigen Suada zweierlei gelernt:

1. Was dem kalifornischen Girlie sein “like”, ist dem hiesigen Jungmädel sein/e “Alte/r”. Bei 10 angekommen, habe ich aufgehört, zu zählen.
2. Ich bin so alt, wie ich mich fühle. (Und das ist doppelt so alt wie das Kollegenkind.)

 

* “Meine Mädels” ist eine Gruppe offensichtlich ebenfalls femininer Gleichaltriger, mit denen sie den ganzen Tag hin und her wazzapt und auch immer mal telefoniert. Jedes Telefonat beginnt mit den Worten “Alte, ich bin im Büro. Müssen wir jetzt irgendwie schnell machen, hab voll viel zu tun…” Bis dahin ist sie in ihre Jacke geschlüpft und der Rest wird draußen besprochen.

Drausd auf am Land

Die Stodterer ham eana Metrobusse, aber wer in der Region Bus fährt, fährt mit dem Regionalbus, erkennbar an der Nummer über 200. Soweit, so gut. Aber was bitte hat die MVV-Oberen geritten, pünktlich zum Jahreswechsel die Haltestellen nurmehr von Carrrrolin Rrrrreiberrrrs Errrrbinnen ansagen zu lassen?

Das schallt durch den Bus wie der Königsjodler und ist gerade zu Feierabend, aber auch morgens, wenn eins noch müd und menschenfeindlich ist, eine rrrrechte Zumutung. Liaba bleim lassn!