Osterspaziergang

Ja, ich weiß, es dauert noch ein paar Tage, ich wollte ja auch nur erzählen, dass mich heute ein paar Dinge so richtig haben spüren lassen, dass ich wieder in Deutschland bin und da schien mir der Goethegang als Überschrift nicht ganz unpassend.

Was ich meine? Erstens spricht ein jeder von den gleich zwei “kurzen” Wochen und freut sich zweitens gar recht, dass von der ersten die Hälfte schon rum ist und wundert sich drittens gar kein bißchen, dass er zwei freie und bezahlte Tage geschenkt bekommt, obwohl ihm der Götterknabe, dessen Tod und Auferstehung da zelebriert werden, so recht am Arsch vorbeigeht. Vielleicht tue ich ihnen auch unrecht, und sie huldigen mit ihrem Eierfest der archaischen Göttin Eostre, zuständig für Morgenröte und Fruchtbarkeit.

Außerdem habe ich heute den ersten Krokus gesehen, sonnenbestrahlt mitten in einer winterlich entsafteten Wiese und da geht mir, auch wenn das Wetter vielen für die Jahreszeit zu mild und schneearm war, doch das Herz mit Frühlingshoffnung auf. Etwa nicht?

Krokus

Star Wars, Episode P

Vorhin im Supermarkt, es kreischt bei den Süßwaren: “Meins!” – “Nein, meins!” – “Ich will aber!” – “Meins! Ich habs zuerst gesehen.” – “Neiiinn!” – “ICH will den!” – “Nein, du kannst was anderes haben. Papi hat ihn zuerst gesehen, der gehört Papi!” Ich bin von Natur aus neugierig und darum stelle ich mich mal gaanz unauffällig daneben, und finde heraus, worum es geht. Ah: Um Darth Vader. Den will Papi, den gibt er nicht mehr her (und hat ihn schließlich, wie er mehrfach betont, auch zuerst gesehen). Bei jeder anderen Figur hätten die Mädchen sich vielleicht durchgesetzt und Papi zum Einlenken bewegen können, bei Vader klappt es nicht. Seiner!

Es scheint sich um den Tag im Leben der Kinder zu handeln, an dem sie lernen, dass die Klügere nachgibt. Darum wählt die Große aus dem möglichen Angebot von Stormtroopers, Frozen-Blondinen und sonstigem Disney-Merchandize den einäugigen Minion und die Kleine greift zu Yoda, der ist nämlich “grün und gesund wie Salat”.

Der glückliche Papi lädt übrigens gleich noch den Monsternachfüllpack PEZ-Bonbons in den Einkaufswagen. Ich hoffe, er ist nicht der Typ, der Modelleisenbahnen verschenkt, um dann selbst damit zu spielen und gibt den Kindern davon ab. Außerdem bin ich anscheinend die einzige, die sich fragt, ob Mami auch was kriegt.

Brave new world

Wie die überwiegende Mehrheit gehöre ich zu der Sorte Mensch, die berufstätig ist, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen und dabei zu der glücklichen Teilmenge, die an dem, was sie tut, meistens Freude hat. Heute zum Beispiel habe ich im Ausstellungsprogramm der Hannovermesse herumrecherchiert und weil ich schnell fertig war, mir noch ein paar Minuten mit dem Programm der Veranstaltungsreihe “Arbeitswelt 4.0” die Zeit vertrieben. Meine Fresse! Was man heutzutage alles werden kann… und bei manchen Berufsbezeichnungen habe ich sogar eine entfernte Vorstellung von dem, was die Leute möglicherweise tun.

Beim Scout im Social Web Dschungel zum Beispiel nehme ich an, dass der Stelleninhaber sich berufen fühlt, Sozialnetzwerksphobikern wie mir zu zeigen, wo es langgeht im Internetz. Kann man machen, muss aber nicht sein. Also nicht mit mir. Einen Mental Guard vermute ich in einem Mental Ward (die politisch korrekte Bezeichnung des Angelsachsen für eine Irrenanstalt) – vielleicht gibts solche Einrichtungen inzwischen virtuell und der Wächter ist der mit dem Masterpasswort? Ein Sustainable Matchmaker dürfte die Partnervermittlung im Internet auf die nächste Stufe gehoben haben, getreu dem Motto “Buy me once” (und behalte mich fürs Leben), außerdem biologisch abbaubar (wg. Nachhaltigkeit). Die Journalistin * Speakerin * Coach * Campus für kreative Chaoten ist offensichtlich eine Dame mit einer Vorliebe für Alliterationen, allerdings wenig entscheidungsfähig, welcher Sprache sie den Vorrang geben soll, wohingegen es mir beim Publizist, Politikberatung, ehem. Topmanager richtig leidtut, dass er in seinem Lebenslauf keine Station in der Unterhaltungsmusik aufzuweisen hat – Publizist, Politikberater, Popmanager klänge einfach viel superer. Er spricht beim WoMenPower-Karrierekongress, wo entweder Männer gesucht werden (Wo Men?) oder Arbeitskräfte (Wo Menpower?) oder der ehem. Topmanager grad flott auf den feministischen Zug aufspringt, jetzt, wo er nix mehr zu sagen hat und keine Einstellungsentscheidungen mehr fällt.

Meine Vier-Nuller-Auswahl möchte ich beschließen mit der selbsternannten Expertin für Selbstführung und Erfinderin des Kutschensystems, Anke von Platen, unterwegs auf Promotour für ihr anschauliches,  frisches und unterhaltsames, einprägsames und vom ersten Moment an anwendbares Ratgeberbüchlein “Kino. Kiffen. Und die neue Zügellosigkeit: Anstößiges für ein selbstbestimmtes, zufriedenes und erfolgreiches Berufsleben.”

Danke, es reicht.

Sprachfehler

Jetzt ist die deutsche Sprache so reich an wundervollen Baukastenwörtern wie Schweinefleischpflicht, Kunststoffborstenbürsten, monstermeisenmäßig oder Die örtliche Bratwurstkonkurrenz, aber ein Begriff für das Geräusch, das entsteht, wenn ein Eiswind Frostkrusten von Tannenzweigen auf abkühlende Motorhauben brettert, der fehlt.

“Trump unterliegt in Wyoming und Washington DC”

titelt Spon und folgert daraus “Donald Trump ist nicht unschlagbar.” Hmmm. Ich weiß nicht, ob ihr bei spiegel.de schon Internet habt? Wenn ja, dann hättet ihr die Möglichkeit gehabt, bei Wikipedia* herauszufinden, dass DC und Wyoming gemeinsam mit Vermont die bevölkerungsärmsten Bundesstaaten sind und zusammen gerade mal soviel Einwohner haben wie Manhattan, was die Trumpsche Niederlage vielleicht a bissele relativiert.

Falls man wirklich wissen will, wer denn eigentlich gewonnen hat, muß man – wie bei diesem blogpost – zum zweiten Absatz scrollen; bei den Cowboys war es Cruz (9 “delegates”), in der Hauptstadt Rubio (11). Um nominiert zu werden, braucht der republikanische Kandidat 1237 Wahlmänner. Ja dann. So sehen zwei fast sichere Sieger aus. Genauso!

Wie lautete nochmal der Titel des Artikels?

* s. hier: http://bit.ly/1N5sykl. Kein Thema, habe ich gerne für euch gegoogelt, Spiegel Online Redaktion.

Theater der Grausamkeit

Ganz ganz früher besuchten wir jungen Studenten der Theaterwissenschaften mit wohligem Gruseln alljährlich das Aubinger Bauerntheater und wir sonnten und suhlten uns beim Verkauften Großvater oder Da Beppi in dr Stodt im Wienerwald an der Limesstraße jedes Mal schon bei der Vorstellung und erst recht auf dem Heimweg in die Stadt in der kulturellen Überlegenheit knapp zwanzigjähriger Gscheithaferl gegenüber dem Dorfpublikum. (“Wenn das nicht Grand Guignol war, was dann?”)

Jetzt, wo ich auf dem Weg zur Alterweisheit bin, erkenne ich, wie grundlos überheblich wir uns aufgeführt haben müssen und dass wir es nur unserem Dusel und der Toleranz der Alteingesessenen mit uns Stadterern (nicht zwingend in dieser Reihenfolge) zu verdanken hatten, dass der Watschnbaum nie umfiel.

Wie ich darauf komme? Zum einen, weil mir eine langjährige Freundin dieser Tage erzählt hat, sie werde ihr Abo im Residenztheater nicht erneuern, weil sie keine Lust mehr habe, jedes Mal zuzusehen, wie die Bühne mit einer Variation von Körperflüssigkeiten eingesaut werde, wurscht, ob es dem Stück diene oder nicht und zum anderen, weil mir das Volkstheater heute eine Einladung zum Festival “Radikal Jung” geschickt hat, wo im Zuge der “Darstellung von struktureller Gewalt mit den Mitteln der Komik” gezeigt werden wird, wie “Dildosaurier mit einem blutenden Kopflosen durch die Orgasmuslandschaft tanzen und die Vulva singt”.

Ich bin ja jetzt schon eine Weile raus aus der Schule, und darum sei mir die Frage gestattet, ob inzwischen bei den Geisteswissenschaftlern möglicherweise Sinnfreie Exposition von Körpersäften als Pflichtfach auf dem Lehrplan steht? Weiß man ja mit dem ganzen Bologna-Zeugs nicht.