Theater der Grausamkeit

Ganz ganz früher besuchten wir jungen Studenten der Theaterwissenschaften mit wohligem Gruseln alljährlich das Aubinger Bauerntheater und wir sonnten und suhlten uns beim Verkauften Großvater oder Da Beppi in dr Stodt im Wienerwald an der Limesstraße jedes Mal schon bei der Vorstellung und erst recht auf dem Heimweg in die Stadt in der kulturellen Überlegenheit knapp zwanzigjähriger Gscheithaferl gegenüber dem Dorfpublikum. (“Wenn das nicht Grand Guignol war, was dann?”)

Jetzt, wo ich auf dem Weg zur Alterweisheit bin, erkenne ich, wie grundlos überheblich wir uns aufgeführt haben müssen und dass wir es nur unserem Dusel und der Toleranz der Alteingesessenen mit uns Stadterern (nicht zwingend in dieser Reihenfolge) zu verdanken hatten, dass der Watschnbaum nie umfiel.

Wie ich darauf komme? Zum einen, weil mir eine langjährige Freundin dieser Tage erzählt hat, sie werde ihr Abo im Residenztheater nicht erneuern, weil sie keine Lust mehr habe, jedes Mal zuzusehen, wie die Bühne mit einer Variation von Körperflüssigkeiten eingesaut werde, wurscht, ob es dem Stück diene oder nicht und zum anderen, weil mir das Volkstheater heute eine Einladung zum Festival “Radikal Jung” geschickt hat, wo im Zuge der “Darstellung von struktureller Gewalt mit den Mitteln der Komik” gezeigt werden wird, wie “Dildosaurier mit einem blutenden Kopflosen durch die Orgasmuslandschaft tanzen und die Vulva singt”.

Ich bin ja jetzt schon eine Weile raus aus der Schule, und darum sei mir die Frage gestattet, ob inzwischen bei den Geisteswissenschaftlern möglicherweise Sinnfreie Exposition von Körpersäften als Pflichtfach auf dem Lehrplan steht? Weiß man ja mit dem ganzen Bologna-Zeugs nicht.

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