Schöne neue Arbeitswelt

Heute habe ich gelernt, dass sich die Geologie häufig eines “Messmolchs” bedient. Das ist nicht, was sehr hübsch gewesen wäre, ein eigens abgerichtets Tier, sondern ein Werkzeug, gerne kugelförmig. Was es genau tut, konnte man mir allerdings nicht erklären. Messen, halt.

Neu im Kino

Mein Cineasten-Newsletter meldet neben schon wieder Marvel-Zeugs zwei neue Produktionen:

  1. Sharkansas Womens Prison Massacre
    Plot: Five escaped prisoners (Dominique Swain, Cindy Lucas)* use their guns and wits to battle prehistoric sharks that attack on land. 
  2. Pride and Prejudice and Zombies
    Plot: Five sisters in 19th century England must cope with the pressures to marry while protecting themselves from a growing population of zombies.

Ich nix Zielgruppe. Ich lieber Blumen auf Tapete zählen. Oder Löcher in Luft starren. Oder andere Dinge tun. Oder einfach mal nichts.

 

* Bei mir sind das nur zwei, aber vielleicht hat der Hai die anderen drei schon gefressen.

Fremdschämen

Irgendwo, auf einem der vielen freien Ablagepodeste in der Waschküche, liegt, was ich für einen ordentlich zusammengefalteten Stapel gewaschener und getrockneter Wäsche halte. Für einen anderen Nachbarn scheint es allerdings ein Dorn im Auge zu sein, denn er hat dem Stapel einen anonymen Brief geschrieben. “Das Zeug liegt schon seit einer Woche hier wenn das jeder täte wenn nicht bis Samstag verschwunden werde ich spenden Hochachtungsvoll.”

Mich dauert dieser Mensch, der offensichtlich nichts besseres zu tun hat, als den Waschkeller zu kontrollieren. Vielleicht könnte ich ihm für den Anfang ein paar Satzzeichen schenken?

Nathan der Weise im Volkstheater

Sehr geehrter Herr Stückl,

wir scheinen uns einig zu sein, dass der Herr Lessing kurz vor der französichen Revolution das große Stück der Aufklärung und ein Plädoyer für Toleranz verfaßt hat und sprachlich so sehr begabt war, dass Sie, Herr Stückl, in Ihrer Inszenierung auch einige Textzeilen im Original belassen konnten. Des weiteren, dass zu einer ordentlichen Weltreligion eine ordentliche Kleiderordnung gehört, weswegen Sie, Herr Stückl, die Muselmanen in Hängehinternharemshosen, Kaftan und Kopfwickeln auftreten ließen, die Christin im knitterfreien 50er-Jahre-Treviera-Kostüm in Madenbauchbeige und den Christen in der ebenso gräßlich beigen Hochbundhose aus dem Partnerlook-Ensemble für den Herrn und mit Uniformhemd, weil Tempelherr und den Juden schließlich im Mallorca-Rentner-Outfit mit Unfarbgraublouson und Bequemschuhen. Was sagen Sie? Nicht das Scheußlichgewand, die Yarmulke dazu sei die Botschaft gewesen? Ah so. Nun gut. Und darum trägt des Nathansche Ziehkind Recha auch so ein Ichweißnichtwas-Kleidchen mit riesigem Rückenausschnitt, weil sie zwar getauft und damit per definitionem Christin ist, aber im jüdischen Glauben großgezogen wird? Ja? Das hätte ich am Christenbeige des Modells erkennen können, wenn ich aufgepaßt hätte? Wenn Sie das sagen…

Manchmal bin ich anscheinend geradezu hartnäckig doof – erklären Sie mir doch bitte, Herr Stückl, was Sie uns mit der schwarzparkettenen Bodenwellenbühne sagen wollten? Sowas wie “meine Schauspieler schaffen es auch in hohen Schuhen auf dem Ding ohne Stürze rauf und runter zu rennen”? Wieso haben Sie im zweiten Teil so stark gekürzt, dass die Stimmungswandel des Tempelherren nur mit einer schweren Persönlichkeitsstörung zu erklären sind und warum wurde er keinem Arzt vorgestellt? Bedeutet Nathans stumme Zigarette danach, dass August Zirner (im übrigen ein brillianter Nathan!) es keine Minute länger ohne Nikotin ausgehalten hätte oder soll sie eine tiefere Bedeutung haben und wenn ja, welche? Und warum, Herr Stückl, können Sie einfach keine Frauen?

Ich verlasse das Theater so ungern mit offenen Fragen und sehe Ihrer Antwort daher freudig entgegen. Beste Grüße und so weiter.

Bisher nur in XRY

Aber wenn es nach mir ginge, hätte ich so einen kleinen Zufluchtsort, um sich mal eben zu sortieren, gerne überall. Auch zum Mitnehmen.

Repacking

Richtigstellung

Die Behauptung, ich sei nur des Essens wegen nach Spanien gereist, ist nicht zutreffend.

comer

Es ging schon auch ums Trinken.

Gut ist anders

In zwei Stunden und siebenunddreißig Minuten kann man entweder mit dem Flugzeug vom andalusischen Regenwind getrieben von Jerez de la Frontera bis München fliegen oder den Versuch unternehmen, mit Öffentlichen Verkehrsmitteln vom Flughafen München bis zum Haderner Stern zu kommen. Letzteres erweist sich als ehrgeiziges Unterfangen, da der MVV im Schienenersatzverkehr, d. h. Bus statt S-Bahn, den wörtlich zu verstehenden einen (1) Bus anstelle einer gesamten S-Bahn einsetzt, von ortsunkundigen Fahrern im 20- statt im 10-Minuten-Takt fahren läßt und dabei vollständig ignoriert, dass auch Menschen, die nach Einbruch der Dunkelheit landen, reichlich Gepäck mit sich führen. Eine Rüttelundschüttelfahrt über die unebenen Straßen bayerischer Dörfer bis nach Neufahrn und das Treppabtreppaufgeschleppe zum S-Bahnsteig, um dort nochmal fast 20 Minuten zu warten, macht es nicht besser.

Den meisten stand die nackte Mordlust ins Gesicht geschrieben. Zurecht.

On the road

cowWenn die Touristin angesichts eines solchen Straßenschildes mitteilt, sie möge die Bildchen mit den großen gemütlichen Kühen recht gerne, verdankt sie es nur der Toleranz ihrer Gastgeberin mit zugereisten Ignoratinnen, dass sie nicht umgehend des Landes verwiesen wird. In Andalusien gilt: wenn bovin, dann Stier! Ich finde immer noch, was dieses Tier zwischen den Beinen trägt, sieht eher aus wie ein Euter, aber ich bin ja hier auch nur zu Gast und sage das lieber nur leise.

toroGanz anders natürlich beim großen fetten Toro de Osborne, ehemals zuständig für Brandy-Reklame; bei dem ist die Stierigkeit doch recht augenfällig. Allein hier in der Provinz soll es noch acht davon geben, vielleicht sehe ich morgen (ja, morgen ist das schon!) auf dem Weg zum Flughafen wenigstens einen davon.

Das Schild Carretera Ondulada (leider kein Photo) bedeutet übrigens nicht, dass die vor einem liegende Straße gerade mit entsprechend schlechter Laune von einem Friseurbesuch zurückgekehrt ist, sondern nur, dass sie ohne Rücksicht auf Stoßdämpfer dem Verlauf der Topographie folgt.

kids1Abschließend noch dieses häufig vor Schulen und anderen Kinderaufbewahrungsanstalten angebrachte Schild, das offensichtlich darauf hinweist, dass die Kleinen trotz ihrer kurzen Beinchen auch mit Marschgepäck schon sehr schön schnell rennen und daher die Bremsbeläge geschont werden können.

Parque Natural de la Sierra de Grazalema

Die Schäferbeinprognose erweist sich als korrekt und es regnet. Das macht aber nichts, denn erstens hatte ich mir nach Karins drastischen Schilderungen (“wenn’s hier schüttet, steigen die Wolken von unten nach oben und die Welt ersäuft in Matsch”) gewünscht, das auch mal zu erleben und zweitens “haben wir die Sierra dann für uns alleine”.

Als wir gegen Mittag aufbrechen ist wieder andalusischer Frühling, die Sonne bricht durch und der Wind treibt ein paar versprengte Wolken über die Hügel. Wir packen aber trotzdem unsere Hoodies ein, denn in den Bergen weiß man ja nie (ach Déjà vu) und dann schrauben wir uns über kleine Sträßchen durch immer dichtere Wälder hinauf nach Grazalema. Hübsch ist das hier, direkt in den Karsthang hineingebaut, Gassen mit Kopfsteinpflaster schmal, eng und steil, Häuser weiß gestrichen, Kirche in Rot und Ocker mit freistehendem Glockenturm, Plaza del Toros, Fuente*, Ferretaria** und gleich auf den ersten Blick una, dos, tres Queserias, die neben (vorwiegend Ziegen-) käse auch Marmeladen, Honig, Trockenfrüchte, Wein, Essig und Öl verkaufen.

Paßt, Grazalema hat als “wieder ein pueblo blanco típico” bestanden. Sie unterscheiden sich nicht wesentlich voneinander, manchmal eher klumpenförmig, manchmal lang an in eine Schlucht gelegt, immer weiß, immer steil, immer mit Kirche, Fuente und Ferretaria; je höher gelegen, desto eher wird Käse angeboten, die mittleren Lagen sind Lederspezialisten und die drunten im Tal können besonders gut Wurst und Fleisch (carnicería).

Weiter gehts, wir sind inzwischen weit über 1000 Meter hoch und die Gipfel vor, um und neben uns reichen bis über 1600 Meter. Nein, ich möchte nicht im Winter mal herkommen, wenn sie schneebedeckt sind, nein, auch nicht, wenn das sehr schön aussieht. Die Vegetation wechselt schon wieder, inzwischen fast nur noch Nadelgehölze; die hiesig endemische Igeltanne (Abies pinsapo Boiss) müssen wir uns allerdings vorstellen, das letzte Gebiet, in dem sie wächst, kann nur mit einer Sondererlaubnis besucht werden. Dafür luftsurfen über uns Gänsegeier, in den Schluchten zu unseren Füßen grasen Schafe und Ziegen, alles was blühen kann, blüht und die Luft ist gefüllt mit Düften, mit Summen, Brummen, Zwitschern, Flöten – grad schee isser, der andalusische Frühling.

Zum café manchado (wörtlich: “getüpfelt”, sinngemäß con leche mit mucho mas leche) wollen wir nach Ubrique, aber dann ist Ubrique (wir fragen uns, ob es sich um die andalusierte Form der nordischen Ulrike handelt) auf einmal eine 15.000-Einwohner-Stadt mit lauter Hautverarbeitern (“piel”) und Fabrikverkauf und Feierabendverkehr. Feierabendverkehr? Oh ja, aber wie! Christi Himmelfahrt ist in Spanien überraschenderweise kein Feiertag. korkeicheWir halten es nach soviel großer Natur und Menschenleere hier nicht gut aus und wollen doch lieber weiterfahren, durch zunehmend flachere Landschaften, Flußläufen folgend, wo halbnackte Eichen stehen und die für das nächste Mal vorgemerkte Bahn zwischen Ronda und Algeciras entlangrattert.

Und dann ist es auch schon wieder so spät (über das Phänomen, wie hier irgendwer irgendwie im Laufe des Tages jeden Tag einen dicken Brocken Zeit wegschluckt, sinnieren wir noch; jeden Tag wieder) und wir müssen doch noch bei Gomez viele Pflanzen und ein paar Bäume kaufen, damit irgendwann mal was aus Karins derzeit noch im Frühstadium begriffener Obstplantage wird und janz janz schnell auch noch bei Aldi shoppen.

Morgen ist schon mein letzter Tag hier und am Samstag geht es heim – wie, wo und wann genau die Zeit geblieben ist bleibt, siehe oben, das große andalusische Mirakel.

 

* Fuente = Brunnen

** Ferretaria = Eisenwarenladen. Gibt es in jedem noch so kleinen Dorf.