Ich weiß, der Verleser liegt an mir, aber ganz ehrlich: “Schadenfreude-Bonus” würde in diesem Kontext doch viel besser passen.
Neu im Kino: London Has Fallen
Es gibt gute Actionfilme und es gibt schlechte Actionfilme und es gibt eine Produktion wie “London Has Fallen”.
Spoiler-Alert!
Der Plot ist eigentlich gut: der britische Premierminister stirbt nach einer Routineoperation und alle Staatslenker der (vorwiegend) westlichen Welt, inklusive Big Oil und exklusive des russischen Präsidenten müssen sehr kurzfristig zur Beerdigungszeremonie nach London anreisen und kaum sind sie eingetroffen, dann… Dann dürfen sich alle CGI-Experten austoben und London explodiert. Westminster Abbey? Knall, Bumm, Feuer, Rauchschwaden, Schutt, Asche. Alle wichtigen Themsebrücken? Knall, Bumm, Feuer, Rauchschwaden, Schutt, Asche. Buckingham Palace? Der Tower? St. Paul? The Eye? Genau: Knall, Bumm, Feuer, Rauchschwaden, Schutt, Asche. Und so weiter, bis kaum mehr ein Stein auf dem anderen steht und fast alle tot sind.
Fast alle? Ja, noch lebt er, der amerikanische Präsident. Und warum das auch so bleiben wird? Weil er ein gutes Händchen bei der Einstellung seines Ober-Man-in-Black (Gerard Butler) bewiesen hat – der schießt, sticht und würgt die Bösen, wo er sie trifft. Jeder Schuß letal, jeder Stoß eine Leber, jedes Genick ein Bruch. Das Schurkenkillen zieht sich über eine gute Dreiviertelstunde, mal aus dem Helikopter, mal aus dem Auto, mal per pedes (rennend, versteht sich) und dann kommt’s zum großen Showdown: der gepanzerte Wagen aus dem Fundus des britischen Geheimdienstes hält einem Rammangriff nicht Stand (typisch Engländer!), überschlägt sich, der Sicherheitsgurt sitzt bombenfest (hihi), dem Helden wird sein Präsident weggenommen und soll zur Primetime vor laufenden Kameras exekutiert werden. Ahaber nicht mit Herrn Butler! 100 Terroristen in der Londoner Terroristenzentrale? Das ist exakt genau der richtige Ein-Mann-Job für ihn!
Knall, Bumm, Feuer, Rauchschwaden, Schutt, Asche, Blut, Schreien, Stöhnen (die anderen). Präsident befreit, Kopfwickelfeinde alle tot, MI-6 Maulwurf exekutiert, Held gerade noch rechtzeitig zur Entbindung der hochschwangeren Blondgattin daheim und weil er so ein dermaßener Held ist, ist auch das Kinderzimmer keine Baustelle mehr, sondern ein pastelliges Paradies. Und dann sitzt er da, der große Killermaschinenmann mit den Bärenpratzen und hält sein winziges Wutzeltöchterchen (mit extra nachgefeuchteten Haaren) und sie schauen miteinander Faux News, wo Vizepräsident Morgan Freeman gerade mit staatstragender Stimme erklärt, der Krieg gegen den Terror, inklusive gezielter Drohnenschläge auf Hochzeitsgesellschaften sei der einzige Garant für die Freiheit der westlichen Welt und unsere Kinder. Was bleibt einem Helden da zu tun? Er tut, was er tun muss: legt das Kind weg, geht zu seinem Mac und löscht seine Kündigung. Film aus.
Amerikanische Propaganda finanzieren traditionell die Heeresgattungen und die Geheimdienste. So ein Film braucht kein Crowd Funding, die Crowd soll einfach nur noch mal eingehämmert kriegen, dass der Westen gut, und die Nachthemdträger aus den staubigeren Ecken der Welt böse Terroristen sind.
Nicht anschauen.
Dernière
Ich mag letzte Vorstellungen auf dem Theater genau so sehr wie erste und habe mich darum sehr gefreut, dass ein kleines Häuflein Aufrechter mit mir am Samstagabend nach Tölz gefahren ist, um die Dernière von Penelope (https://flockblog.de/?p=30502) anzusehen. Es hat sich sehr gelohnt, die Premierenaufregung war verflogen, alle hatten sich freigespielt und waren mit der genau richtigen Mischung aus Spaß und Wehmut dabei. Ganz großes Lob!
Aus is, gar is und sehr schad is, dass wahr is.
Neu im Kino: How to Plan an Orgy in a Small Town
Es scheint sich um ein Thema zu handeln, das wesentlich mehr Menschen unter den Nägeln brennt, als man gemeinhin annehmen würde, denn es gelang Autor und Regisseur Jeremy LaLonde und seinem Team in recht kurzer Zeit via Crowdfunding 135,000 Dollar einzusammeln. Herausgekommen ist eine nette herzerwärmende Kleinstadtkommödie über das Erwachsenwerden, das, was die Nachbarn sagen und denken, und, tatsächlich, Sex. Bei dem die Beteiligten nackt agieren, denn es ist ein kanadischer Film.
Genau das richtige für einen verregneten Pfingstsonntagabend auf dem Sofa. Anschauen!
Kolportiert
Die Freundin eines meiner Freunde ist Frisörin und damit Angehörige eines Berufsstandes, dessen Kunden dem Glauben anhängen, über die Dienstleistung hinaus den Anspruch zu haben, dem/der Schnibbelnden wenigstens ein Ohr abzukauen.
Einer ihrer Stammkunden hatte ihr denn auch über lange Jahre von seinen vielen Versuchen erzählt, seine liebe Gattin zu einer gemeinsamen Reise nach New York zu überreden, allein, Madame sahen sich nie reisefähig in ein Land, in dem es von Schwarzen, also in ihrer Weltsicht Vergewaltigern, Dieben und Mördern nur so wimmele. Nichts da! Erst das Argument, dass es nun dort einen schwarzen Präsidenten gebe, der sich in nunmehr fast zwei Amtszeiten keines dieser Vergehen schuldig gemacht habe, ließ sie gelten und so checkte das Paar in diesem Frühjahr endlich im Waldorf Astoria ein. Der Big Apple zeigte sich von seiner besten Touristenseite, die Frau Gemahlin war auch beinahe mit Amerika versöhnt, doch dann geschah, was geschehen mußte: sie betrat den Waldorf-Lift, ein einzelner schwarzer Mann darinnen, und der sprach: “Down, Lady?”. Sie hatte es ja immer schon gewußt… und warf sich, das Fragezeichen am Ende des Satzes vorurteilsbedingt überhörend, sofort flach auf den Boden. Man fuhr in die Lobby. Der schwarze Mann stieg aus. Sie dann auch. Unbeschadet, denn im Waldorf könnte man vom Boden des Aufzugs je-der-zeit essen. Kein Staubkörnchen.
Das Paar betrat fürderhin auf Madames Wunsch Aufzüge nur noch gemeinsam, verbrachte auf diese Weise doch noch ein paar schöne Tage in New York, und fand bei der Abreise statt einer Zahlungsaufforderung ein Briefchen an der Rezeption: er habe, schrieb der schwarze Mann, angesichts der Situation neulich im Lift so sehr lachen müssen, dass er sich geehrt fühle, die Rechnung des Paares zu begleichen. Win:Win, oder? Will Smith bezahlt seinen Drehbuchautoren sonst sicher viel mehr Geld für die Entwicklung von garantierten Lachern.
Mehr Stoff
‘Wenn schon Mitbringsel aus Oregon (s. a. https://flockblog.de/?p=30658), dann soviel, dass es mindestens für einen zweiten Naschtag reicht – am besten vor einem langen Wochenende, damit die Kollegen am Dienstag wieder fit für seriöse Nachrichten sind, höhö’, muss dem seit seiner Rückkehr dauerbekifften Reisenden durch den Kopf gegangen sein, als er die Tüten verteilte. Bei den anschließend ca. 30 cm über dem Boden schwebenden Spon-Fogheads sind als Nebenwirkungen diesen Samstag wieder gehäuft schwere Fälle von Alliterationstourette (Ferrari verfahri), Dichterwortmißbrauch (So wild nach deinem Erdbeer-Salat), Inrätselnschreiben (Zwangsbekleidet ausgeschieden) sowie ganz ganz schlechtem Wortspiel (Eine Frage der Ähre) zu beobachten.
Hoffentlich ist das Zeug jetzt endlich aufgeraucht.
Fünfsterne-Bewertung
Wer online kauft, liest Bewertungen. Zum Beispiel diese:
Als ich diesen kabel gekauft habe dachte ich es würde nichts tauchen, aber ich hatte eine gute überaschung als ich es bekam.*
Wer online kauft, hat manchmal das Bedürfnis, Bewertern zu antworten. Zum Beispiel so:
Bestimmt, weil es mit Taucherbrille und Schnorchel ankam, oder?
* Nein, ich habs nicht erfunden – hier: http://amzn.to/1se4ki0
Völlig überfordert
Ich wollte Hosen. Neue Hosen. Keine mit Löchern drin, solche hab ich schon, warum sonst würde ich neue brauchen? Auch keine mit Flicken drauf, wenn ich so gut nähen könnte, bräuchte ich keinen Ersatz. Neue Hosen eben. Keine gebrauchten (“used”), schon gar keine zerstörten (“destroyed”) oder von Greisen gewaschene (“old washed”). Ich brauche auch keine Beinkleider, die mir Rechenaufgaben stellen – wieso Dreiviertel-, Fünfachtel-, Viertelvorzwölftelhosen, wenn ich einfach was suche, das das Bein bedeckt? Ich gedenke auch weder einem Bengalin (was ist das eigentlich?) noch einem Harem, Palazzo oder Pump beizutreten und von den derzeit in Verbindung mit diesen Bezeichnungen verkäuflichen hypermodischen Farbenfohmustern kriege ich Migräne. Und was zur Hölle sind Treggings? Jeggings? Biker-Sweats?
Wenn ihr wissen wollt, wie ein Fashion Victim wirklich aussieht – schaut mich an. Ich glaube, mir bleibt nur ein Ausweg: wo ist gleich die nächste Flicknähereischule?

